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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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vielfältigere, exakt gelenkte Versorgungseinrichtungen. Typisch für die Noetik war, dass sie jedem Teilchen im Voraus verschiedene Verhaltensmuster einprogrammierte, so dass diese Teilchen sich zu beispiellosem Nutzen miteinander verbinden konnten. In den letzten Epochen des Trillenniums hatte die der noetischen Persönlichkeit eigene, lückenlose geistige Kontrolle zwar dazu geführt, dass ein Großteil dieser Intelligenzen zahllose Verschrobenheiten entwickelt hatten, doch gleichzeitig hatten die Eidola ihre Vorherrschaft auf diese Weise abgesichert.
    Aus den Legenden über die Materiekriege hatte Ghentun eine einzige große Lehre gezogen: In einer Gesellschaft von Möchtegern-Göttern verhielt man sich als einfacher Mann stets höflich.
     
    Die Photonenscheibe raste durch Regionen von Masse und Licht, die einander ständig abwechselten. Es gab hier durchaus massive Wohnungen und Straßen, auf denen sich Stadtbürger mit Körpern aus fester Substanz bewegten. Doch wenn diese Bewegung sie zu ermüden begann, stiegen sie wie Wirbelstürme empor und begaben sich auf eher ätherische Pfade – tauchten in Paläste des Geistes ab, in denen die Künste und intellektuellen
erausforderungen einer schon zehn Billionen Jahre währenden Geschichte pulsierten.
    Die Photonenscheibe überflog jetzt einen Stadtteil, der wie ein Ribbon-Diagramm geformt und von früheren Devas bewohnt war. Sie hatten sich geweigert, irgendetwas anderes als ein mit ausgefallener Technologie ausgestattetes Schmalband als ihr Zuhause zu akzeptieren, und darauf bestanden, dass ihr Viertel wie eine Endlosspule gestaltet wurde. Jetzt verfügten sie über Schleifen der Erneuerung und Lokalität, die sich langsam entrollten, jede mit einem Durchmesser von mehreren Hundert Metern, plötzlich auftauchenden Behausungen, Erfahrungsgalerien und Erholungsfarmen.
    Vor Ghentun nahmen zahlreiche Bilder Gestalt an – Projektionen der Bewohner des Stadtteils, die vage Neugier zeigten. Doch als sie nur einen einzelnen untergeordneten Instandsetzer ausmachen konnten, verschwanden sie sogleich wieder, und die Projektionen verblassten wie vergilbende Porträtfotos.
    Manchmal hatte Ghentun das Gefühl, dass die technologisch fortgeschrittenen Stadtbezirke der Kalpa nicht weniger seltsam waren als das Chaos da draußen – bis er das Chaos wieder einmal sah. Im Vergleich dazu waren die oberen Stadtbezirke und schleifenartigen Straßenzüge eindeutig gemütliche, vertraut wirkende Orte.
    Selbst hier verliert man nicht so leicht den Verstand – die Seele –, doch da draußen, jenseits der Grenze des Realen …
    Die Photonenscheibe schlängelte sich geschickt durch die Bezirke hindurch, wobei es so aussah, als tanze sie zu ihrem eigenen Vergnügen einen besonders hübschen Weg entlang. Später drosselte sie das Tempo und kommunizierte während
der letzten Kilometer mit dem Überwachungsdienst des Astyanax, der aus einem Schwarm von Maschinen bestand. Bis auf ihre Größe und ihre tödliche Macht unterschieden sie sich kaum von den Wächtern der unteren Ebenen.
    Auf der höchsten Ebene der Kalpa, am Fuß des Zerstörten Turms, lagen ringsum Viertel, die wie riesige Quallen auf Felsfundamenten ruhten, angestrahlt von einem diffusen blauen Licht, das vom künstlichen Himmel ausging. Von diesen Quallen ragten senkrechte, langsam wogende Gebilde wie Keilflossen mehr als zehntausend Meter in die Höhe. Wenn man genauer hinsah, entpuppten sich diese violett, grün und rot schimmernden Flossen als übereinandergeschichtete, waagerecht verlaufende Behausungen, die ihren Standort im Verhältnis zu den darunter und darüber liegenden Etagen ständig veränderten, so dass sich nie dasselbe Muster wiederholte. Jede dieser Etagen beherbergte Millionen von Eidola – selbst hier noch, in der letzten Stadt, die …
    Langeweile, entsetzliche Langweile und einander endlos wiederholende Zerstreuungen, auf die erst trauriges Vergessen und dann erneute Vergnügungen folgten …
    Als die Photonenscheibe sich der Empfangsplattform näherte, tauchte unter dem Schwarm von Wachposten eine winzige helle Projektion auf: eine Kugel, die von einem Gürtel smaragdgrünen Lichts umgeben war – das Zepter, das die Anwesenheit Seiner Hoheit anzeigte, des Astyanax der Kalpa.
    Nachdem die Wachposten Ghentun überprüft hatten, teilte sich der Schwarm und ließ ihn durch.
    Während die Photonenscheibe mit leisem Knall abhob, betrat er die Plattform und löste damit ein bläuliches Leuchten aus, das sich

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