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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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fluchte stumm.
     
    Martha hatte zunächst versucht, Lara zu erreichen – ohne Erfolg. Das Handy war einfach tot. Außerdem versuchte sie nun schon seit über einer Stunde, ihren Mann anzurufen, doch bei ihm meldete sich jedes Mal nur die Mailbox. Sie hatte ihm bereits jede Menge Nachrichten hinterlassen, aber noch immer keinen Rückruf erhalten.
    Wütend knallte sie das Telefon auf die Station. Wahrscheinlich saß er wieder mit einem seiner früheren Kollegen in einem Café und diskutierte über die Geheimnisse historischer Persönlichkeiten. Doch sie und ihr Mann hatten auch Geheimnisse. Und das größte von allen war gerade dabei, von ihrer eigenen Enkeltochter aufgedeckt zu werden. Sollte das geschehen, sollte Lara jemals die Wahrheit herausfinden, konnte alles passieren.
    Lara hatte in den letzten Tagen auf Martha ziemlich ungestüm gewirkt – das eindeutige Erbe ihres Vaters, das dabei war, ihr ganzes Wesen zu verändern. Lara wusste nicht im Geringsten, was mit ihr vorging. Aber Martha wusste es. Als sie ihre Enkelin vor ein paar Jahren getroffen hatte, war sie eher schüchtern und zurückhaltend gewesen. Doch je näher sie ihrem achtzehnten Geburtstag kam, desto mehr veränderte sie sich. Und seit Lara in Berlin war, schritt ihr Wandel zu einer ausgeprägten Persönlichkeit rasend schnell voran. Einer Persönlichkeit, die dunkle Seiten und Abgründe aufwies, das konnte sie spüren. Und wie sollte es auch anders sein? Martha hatte all die Jahre gewusst, dass es so kommen würde. Dennoch hatte sie wider jeder Logik gehofft, es würde nicht geschehen.
    Vor vielen Jahren hatten sie und ihr Mann eine schreckliche Tat begangen. Den Preis dafür zahlten sie noch immer und er stieg von Tag zu Tag. Inzwischen lag er jenseits der Grenze, die sie noch ertragen konnten.
    Erst Rachel. Und jetzt Lara.
    In ihrer schwächsten Stunde hatten sie und Max einen fatalen Fehler begangen. Er hatte ihnen geschmeichelt, sie verführt und seinen Zwecken dienlich gemacht, als ihr Leben nur noch aus Tränen und Verzweiflung bestanden hatte.
    Dann war er gegangen und sie hatten gehofft.
    Als sie schon glaubten, alles überstanden zu haben, mussten sie feststellen, dass es kein Entkommen gab.
    Nicht vor ihm.
    Es hatte keine Wahl gegeben. Entweder sie taten, was er verlangte, oder sie wären alle gestorben. Und so hatten sie sich gefügt. Geglaubt, es gäbe vielleicht eine andere Lösung, sie würden einen Weg finden, könnten ihn betrügen. Aber er war nicht zu betrügen, denn er war der Betrug selbst.
    Der letzte Keim der Hoffnung war geschwunden.
    Und es kam noch schlimmer.
    Lara war dabei, die Wahrheit herauszufinden.

53.
    Paul Westermann zog einen Drehstuhl heran und bedeutete Lara, sich zu setzen. Er selbst nahm auf einem lederbezogenen Bürosessel vor einem Computer Platz und öffnete den Deckel eines Scanners, der neben dem Computer stand. »Dann wollen wir das Foto mal einscannen, damit ich es bearbeiten kann.«
    Während er verschiedene Voreinstellungen am Gerät vornahm, erklärte er: »Am besten, wir setzen die Auflösung so hoch wie möglich an. Das dauert dann zwar etwas länger, aber dafür haben wir mehr Bildpunkte, mit denen wir arbeiten können – und mehr Bildpunkte bedeuten mehr Bildschärfe.«
    Als das Gerät zu surren begann, spürte Lara, wie aufgeregt sie war. Verbarg das Bild tatsächlich den Schlüssel zu ihrer Vergangenheit? Mit klopfendem Herzen starrte sie auf den Monitor, auf dem das Schwarz-Weiß-Foto erschien.
    Westermann machte einen Doppelklick und die Fotografie wurde bildschirmfüllend angezeigt. Die Qualität schien eher schlechter geworden zu sein, aber das mochte an der Vergrößerung oder an der Darstellung auf dem Bildschirm liegen.
    Westermann schien ihre Zweifel zu bemerken, denn er sagte: »Keine Panik, das ist nur das Ausgangsmaterial. Du musst dich noch ein paar Minuten gedulden.«
    Lara nickte und sah ihm fasziniert dabei zu, wie er mithilfe verschiedener Programme das Bild bearbeitete und es schließlich in sechs gleich große Abschnitte einteilte.
    »So, jetzt kann’s losgehen«, meinte er schließlich murmelnd, als sich der erste Abschnitt zu schärfen begann – unendlich langsam, wie es Lara erschien. Deutlich traten nun Details hervor, die Lara zuvor wegen der schlechten Qualität der Aufnahme nicht bemerkt hatte.
    Leider war dieser Teil des Fotos uninteressant für sie, da bis auf einen abgeschnittenen Kopf keine Person zu sehen war. Wenigstens erkannte sie jetzt, dass die Aufnahme

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