Die Stadt der Heiligen (German Edition)
Wäscherin zu arbeiten.»
«Gut möglich.» Marysas Aufmerksamkeit wurde von einer Gruppe Dominikanermönche abgelenkt, die sich durch das Getümmel zwischen den Marktständen schob. Offenbar waren sie auf dem Weg zur Domimmunität, und wenn sie sich nicht sehr täuschte, war auch Bruder Christophorus unter ihnen. Doch es drängten sich immer wieder Menschen in ihr Blickfeld, sodass sie sich schließlich wieder ihrer Schwägerin zuwandte. «Komm, lass uns dort hinübergehen.» Sie deutete auf den Rand des Marktplatzes, wo es etwas ruhiger zuging.
Veronika winkte ihrer Magd, ihr zu folgen, während Grimold mit grimmiger Miene voranschritt, um den Frauen das unbehelligte Überqueren des Marktplatzes zu ermöglichen. Mehrfach musste er die fordernd ausgestreckten Hände von Bettlern abwehren. An der Einmündung zum Büchel blieben sie stehen.
«Veronika, ich muss dir noch etwas Trauriges mitteilen.» Marysa legte ihrer Schwägerin und guten Freundin eine Hand auf den Arm. «Gestern kam ein Mann zu uns, ein Dominikaner, der sagt, er sei ein Weggefährte Aldos auf dem Weg nach Santiago de Compostela gewesen.»
«Ach? Hat er Nachrichten von deinem Bruder gebracht?» Veronika sah sie neugierig an.
Marysa nickte düster. «Keine guten jedoch. Er sagt, Aldo sei auf dem Weg nach Hause ums Leben gekommen.»
«Oh.» Erschrocken starrte Veronika sie an. «Oh, das ist ja furchtbar!» Sie zog Marysa an sich. «Dein armer Bruder, wie entsetzlich. Was ist denn geschehen?»
«Ein … ein Mann hat ihn … überfallen und mit dem Messer schwer verletzt. Aldo ist wohl am Wundbrand gestorben», entschied sich Marysa für eine etwas verfälschte Version der Ereignisse.
«Das tut mir ja so leid für dich.» Mitfühlend strich Veronika ihr über die Wange. «Wie hat es deine Mutter aufgenommen?»
«Nicht sehr gut.» Traurig ließ Marysa den Kopf hängen. «Ich glaube, mit Vaters Tod ist sie besser zurechtgekommen. Aber Aldo war fast wie ihr eigener Sohn, obwohl er schon sechs Jahre alt war, als sie Vater geheiratet hat. Aber sie hat sich von Anfang an wie eine Mutter um ihn gekümmert.»
«Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.» Betrübt blickte Veronika die Straße auf und ab. «Ob ich sie besuchen soll, um ein bisschen Trost zu spenden?»
«Das wäre sehr nett von dir», stimmte Marysa zu. «Wir haben ja jetzt leider … Was ist denn da los?» Ihr Blick war an einer Gruppe Männer hängengeblieben, die sich vor ihrem Haus eingefunden hatten und bereits von mehreren neugierigen Nachbarn umringt wurden. «Ist das der Büttel?»
Nun blickte auch Veronika alarmiert zum Haus der Markwardts. «Da stimmt etwas nicht!»
Die beiden Frauen eilten, gefolgt von Grimold und Veronikas Magd, auf die Männer zu. Und tatsächlich, einer von ihnen war der Büttel des Vogtmeiers. Er hatte zwei Gehilfen dabei, von denen einer gerade heftig an die Haustür pochte. Johann Scheiffart, der Kanoniker, stand ebenso dabei wie zwei weitere Domherren und ein hagerer Mann im schwarzen Wams, von dem sich Marysa zu erinnern meinte, dass er Schöffe war.
Mit einem unguten Gefühl im Bauch schob sie sich bis zur Haustür vor. «Was geht hier vor?»
«Das ist das Weib des Schreinbauers», hörte sie hinter sich jemanden zu Scheiffart sagen.
Sie fuhr zu dem Kanoniker herum. «Was wünscht Ihr?»
Scheiffart musterte sie aus kleinen Schweinsäuglein wie ein lästiges Insekt. «Wir wünschen nicht, wir verlangen sofort Euren Gemahl, den Schreinbauer Reinold Markwardt, zu sprechen. Ist er zu Hause? Er öffnet nicht.»
Marysa drehte sich zu Grimold um. «Geh und sieh nach, ob Meister Reinold hinter dem Haus ist.»
Der alte Knecht nickte, stellte den Korb mit den Einkäufen ab und ging zum Tor, das in den Hinterhof führte. Marysa nahm ihren Schlüsselbund vom Gürtel und schob einen der Schlüssel in das große Schloss an der Haustür.
«Wartet einen Moment», sagte sie so ruhig wie möglich zu den Männern. «Ich sehe nach, ob mein Gemahl da ist.» Sie warf Veronika einen kurzen Blick zu, die ihr daraufhin rasch folgte, und schlug die Haustür wieder zu.
«Was wollen die von Reinold?», flüsterte Veronika erschrocken, während sie Marysa durch die Werkstatt in die Wohnräume folgte.
«Ich habe keine Ahnung. Aber es kann nichts Gutes sein», antwortete Marysa. «Meister Reinold?», rief sie, erhielt jedoch keine Antwort. Sie stieg in das obere Stockwerk und warf einen flüchtigen Blick in Klas’ Kammer. Die Kerze war längst heruntergebrannt und der
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