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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Gott.» Enno wandte sich zur Tür.
    Marysa versuchte, ihn zurückzuhalten. «Tut bitte nichts Unüberlegtes. Scheiffart ist mächtig. Ihr seht doch, was er schon angerichtet hat.» Sie schlug die Hände vors Gesicht. Warum glaubte Meister Enno ihr nicht? «Wahrscheinlich hat Theophilus auch Klas umgebracht. Vielleicht ist der Junge irgendwie auf den Handel mit den falschen Reliquien aufmerksam geworden, wer weiß?»
    Enno knurrte etwas Unverständliches vor sich hin. «Kümmere dich um Reinold!» Damit schob er sie zur Seite und stürmte hinaus. Marysa sah ihm unglücklich nach.
    Natürlich würde sie sich um Reinold kümmern. Was denn sonst? Von unten hörte sie Türen klappen, dann Grimolds Stimme.
    Eilig lief sie zum Treppenabsatz. «Was ist?», wollte sie wissen. «Wo ist Vater Ignatius?»
    Grimold sah unglücklich zu ihr hoch. «Er ist nicht da, Herrin. Er ist nicht da.»
    Marysa ging langsam die Stufen hinab. «Was soll das heißen, Grimold?»
    Die Tür zur Stube öffnete sich, und Christophorus trat heraus. Neugierig blickte er zwischen dem Knecht und Marysa hin und her. «Was ist los?», fragte er leise.
    Grimold hob die Schultern. «Vater Ignatius ist nicht da. Niemand hat ihn seit dem Mittag gesehen.»
    Christophorus runzelte die Stirn. «Wirklich niemand?»
    «Nein.» Grimold schüttelte betreten den Kopf. «Ich hab überall nach ihm gefragt. Auch beim Marienstift, aber die lassen jemanden wie mich nicht ein.»
    «Und was jetzt?», fragte Marysa. «Der Bader hat gesagt, wir sollen vorsorglich den Pfarrer holen. Reinold geht es sehr schlecht.» Sie trat auf Christophorus zu. «Ihr seid doch Geistlicher; ein Priester, nicht wahr? Ihr müsst ihm die Sterbesakramente …»
    «Nein!» Christophorus wich zurück. «Das werde ich nicht tun. Ich muss fort.»
    Entsetzt starrte sie ihn an. «Aber … Es muss doch jemand … nur vorsorglich. Wir hoffen doch alle, dass er wieder gesund wird. Aber Meister Langhäuser sagte …»
    «Nein», wiederholte Christophorus. «Ich gehe jetzt. Aber ich schicke Euch einen Pfarrer.» Ohne auf ihren Protest zu hören, ging er zur Werkstatt, riss die Haustür auf und rannte nach draußen.
    Marysa stand wie erstarrt am Fuß der Treppe. Was war nur in Bruder Christophorus gefahren? Wo wollte er denn auf einmal hin? In ihr stieg ein unbändiger Zorn auf den Dominikaner auf. Hatte er nicht versprochen, ihr beizustehen?

32. Kapitel
    C hristophorus rannte, so schnell er konnte, zur Domimmunität. Nicht nur die Unmöglichkeit, Reinold Markwardt die Letzte Ölung zu erteilen, führte ihn dorthin, sondern vor allem ein schlimmer Verdacht. Über Bruder Bartholomäus verschaffte er sich Einlass ins Marienstift und fragte dort nach dem Verbleib von Vater Ignatius.
    Die Antwort, die er bekam, missfiel ihm sehr.
***
    «Da ist ein Augustinerpater an der Tür», meldete Jaromir. «Und ein Bote von der Apotheke.» Marysa, die wieder bei Reinold gesessen hatte, stand rasch auf. Also hatte Bruder Christophorus tatsächlich Wort gehalten und einen Priester geschickt. Auch wenn sie nicht verstand, warum er Reinold nicht selbst die Letzte Ölung erteilt hatte, war sie doch erleichtert. Es ging Reinold nach wie vor sehr schlecht. Nicht auszudenken, wenn er ohne die Tröstungen der Heiligen Kirche starb! «Lass beide hereinkommen», rief sie ihrem Knecht zu.
    Augenblicke später kam der Priester, ein ältlicher Mönch mit Glatze, in die Schlafkammer. Das Weihrauchgefäß, das er mit sich führte, verströmte einen intensiven Geruch. In der anderen Hand hielt er einen Korb mit den Utensilien, die er für die Letzte Ölung benötigte. «Tretet zur Seite, gute Frau», sagte er mit sanfter Stimme und stellte den Korb ab. Dann drückte er ihr ein Säckchen in die Hand. «Dies soll ich Euch geben.»
    Marysa warf einen Blick in den Beutel. Es handelte sich offenbar um die Arznei, denn der Inhalt roch sehr scharf. Während der Mönch die Gebete sprach, rief sie nach Balbina und trug ihr auf, aus der Kräutermischung, oder was es auch immer sein mochte, einen Sud zu kochen.
***
    Ruhelos streifte Christophorus durch die Straßen und Gassen Aachens. Vater Ignatius war laut Aussage der Kanoniker nur zur Frühmesse in St. Follian erschienen. Seither hatte man ihn nicht mehr gesehen. Auch die Augustiner konnten ihm keine befriedigende Aussage über Ignatius’ Verbleib machen.
    Der Gemeindepfarrer war also verschwunden … und Theophilus ebenfalls. Wenn auch die Existenz des Letzteren von den Augustinern bestritten

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