Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Königs künden, wie es die Prophezeiung will. Nicht eher.“
Almira´da nickte. „Dann komme ich mit euch“, sagte sie und sah Leron´das beschwörend in die Augen. „Unsere ganze Hoffnung ruht auf diesem einen Menschen.“
Frendan´no sah von einem zum andern. Er versuchte gleichmütig auszusehen, doch versteckt in seinem Mundwinkel zuckte ein Lächeln.
„Doch soll nicht er unsere Hoffnung sein, sondern wir seine. Die Elben gehen wieder durch Ardea´lia. So etwas hat es seit tausend Jahren nicht mehr gegeben.“
12. Kampf vor Pal´dor
Alrand´do saß auf einem weißen Holzsteg und lies seine bloßen Füße in das eiskalte Wasser des Sees baumeln. Weiter draußen trieben die Eisschollen, aber in der Nähe der Insel Lac´ter war der Engelsee fast den ganzen Winter über eisfrei. Dichter Dunst lag auf dem Wasser und vermittelte ihm den Eindruck, nicht mehr in dieser Welt zu leben, sondern irgendwo mit den Wolken zu treiben. Alrand´do hatte schon seit Wochen das Gefühl, nicht mehr in dieser Welt zu leben. Er fühlte sich tatsächlich so, als würde er mit den Wolken treiben.
Er war schon oft in Lac´ter gewesen. Auch im Winter. Und bisher hatte er dieses verträumte Dasein immer genossen. Die Sicht war selten klar und in der feuchten Luft schien sich die flirrende Oberfläche des Sees tausendfach zu brechen. Die vorwiegend weißen Holzhäuser verstärkten den Eindruck des Diffusen, denn schon aus wenigen Schritten Entfernung, war kaum auszumachen, wo sie aufhörten und die milchigen Nebelschleier begannen.
Doch heute saß Alrand´do auf dem Holzsteg und tauchte seine Füße ins eisige Wasser, um sich daran zu erinnern, dass es eine Welt außerhalb dieser Insel gab. Um sich daran zu erinnern, dass er in diesem Wolkenmeer noch nicht zu einem Geist verkommen war. Zu einem Geist wie Ala´na einer war.
Gestern hatte er mit Leron´das gesprochen. Seither irrte er durch die Straßen von Lac´ter, ohne zu wissen, was er tun sollte. Er wollte die Worte des jungen Elben, als Missdeutung abtun und doch konnte er es nicht.
„Ala´na“, flüsterte er.
Das Wasser zu seinen Füßen veränderte sich nicht, dennoch erschien ihr Gesicht darin.
„Was hast du getan, Mutter?“
Sie lächelte ihn an. „Du hast mit Leron´das gesprochen“, antwortete sie gurgelnd.
„Er will, dass wir die Boten des Königs werden“, murmelte Alrand´do und ärgerte sich, weil er mit ihr nicht über das sprach, was ihn am meisten bewegte.
„Es ist gefährlich. Trotzdem trägt dieser Gedanke auch Hoffnung.“
„Mutter, was ist mir dir? Wo bist du?“
Wieder lächelte sie. „Ich versuche, mich zu sammeln. Aber es fällt mir schwer, an einem Ort zu verweilen. Ihr seid hier und mein Herz hängt an euch.“
„Aber du musst in Pal´dor sein. Meine Geschwister Ekla´ra und Nortan´ro sind noch dort. Deine Enkel und Urenkel …“ Er brach ab, denn Ala´nas Gesicht war verschwunden. „Oh Mutter“, seufzte er. „Wieso hast du das getan?“
Die Antwort auf diese Frage kannte er längst und er überlegte, ob er das Gleiche getan hätte, um der Liebe seines Lebens beizustehen. Aber er wusste es nicht. Er würde es niemals erfahren, denn das Wasser wollte seinen Geist nicht, sowenig wie den seines Vaters. Er konnte froh sein, wenn es eine Nachricht für ihn weiterleitete. Eigenwilliges Geschöpf! Er klatschte mit dem Fuß auf die Oberfläche des Sees und zog dann seine Beine hinauf auf den Steg. Es gab noch Dinge zu erledigen und jemand musste endlich damit anfangen.
Die Wächterinnen mussten seine Mutter in den Weiten des Wassers suchen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie sie nach all den Monaten unsteten Treibens wieder finden konnten, war gering. Trotzdem, Ala´na war stark. Das ganze Ausmaß ihrer Kräfte wurde Alrand´do erst jetzt nach und nach bewusst und es speiste den kleinen Hoffnungsschimmer, der in ihm glimmte. Selbst nach all den Monaten erschien ihr Bild noch prompt, wenn man sie anrief. So etwas hatte es noch nie gegeben. Von den paar Elben, die ihren Geist mit dem Wasser geschickt hatten, war nach wenigen Tagen, vielleicht Wochen nicht mehr viel übrig. Obwohl alle mit Hilfe der Wächterinnen in die Fluten gestiegen waren, kehrte nur eine jemals zurück.
Der kleine Aufstand, den Leron´das in Munt´tar organisierte, zwang ihm ein Lächeln ab.
Sowas hätte er ihm nicht zugetraut. Er war früher nie richtig mit ihm ins Gespräch gekommen und hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie beide nichts gemeinsam hatten.
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