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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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ihn festhalten wie die Fänge eines riesigen Ungeheuers – und so schnellte er nach vorn und fing an, sich mit höchst unheldischer Hast durch den Höhlenausgang zu schlängeln. Doch etwas hielt ihn zurück … Im ersten grauenvollen Augenblick glaubte er, seine schlimmsten Befürchtungen seien wahr geworden – dann erkannte er, dass sein Bogen und der Köcher mit den Pfeilen, die von den Schultern zu werfen er vergessen hatte, sich zwischen den Eiszapfen verfangen hatten. Also kroch er zurück, während der vor Angst und Ungeduld fast um den Verstand gebrachte Hoom Feethos irre vor sich hin plapperte, streifte die hinderlichen Waffen ab und stieß sie ebenso wie den Eispickel mit einem Stoß zum Ausgang hin, während er einen zweiten und diesmal erfolgreichen Versuch unternahm, durch die enge Öffnung ins Freie zu gelangen.
    Kaum war Quanga auf die Füße gekommen und stand sicher draußen auf der Gletscherebene, da hörte er einen winselnden Schrei aus dem Mund von Hoom Fethos. Dieser war im Versuch, dem Jäger in die Freiheit zu folgen, aufgrund seines größeren Leibesumfangs hilflos in der Höhlenöffnung stecken geblieben. Seine rechte Faust, die den Beutel mit den Rubinen umkrallte, lag ausgestreckt vor der Höhlenschwelle. Er schrie ohne Atempause und stieß abgehackte Beteuerungen hervor, dass die grausamen Eiszähne ihn zermalmten.
    Den unheimlichen Schrecken zum Trotz, die ihn in Angst hielten, besaß Quanga noch immer genug Schneid, um zurückzugehen und Hoom Feethos beizustehen. Er wollte eben einem der riesigen Eiszapfen mit seiner Spitzhacke zu Leibe rücken, als der Juwelenhändler qualvoll aufschrie. Sofort danach ertönte ein rohes, unbeschreibliches Knirschen.
    Quangas Auge hatte keine Bewegung der Eiszähne wahrgenommen – und doch erkannte er jetzt, dass ihre Spitzen den Höhlenboden berührten! Aus Hoom Feethos’ Körper, den einer der Eiszapfen glatt durchbohrt hatte und den die stumpferen Zähne auf dem Boden flach drückten, spritzte Blut über den Gletscher gleich dem roten Sprühregen aus einer Weinpresse.
    Quanga glaubte, nicht recht zu sehen. Was da unmittelbar vor ihm geschehen war, erschien vollkommen unmöglich – in dem Hügel oberhalb der Höhlenöffnung zeigten sich keinerlei Risse oder Bruchstellen, die das Absacken dieser grauenhaften Fangzähne erklärt hätte. Diese Ungeheuerlichkeit hatte sich direkt vor seinen Augen, jedoch zu schnell für die menschliche Wahrnehmung abgespielt.
    Hoom Fethos war in dieser Welt nicht mehr zu helfen, und Quanga, der nun endgültig einer heillosen Panik anheimfiel, hätte auch nicht länger verweilt, um ihm beizustehen. Als er jedoch sah, dass der Beutel mit den Rubinen aus den Fingern des Juwelenhändlers geglitten war, mischte sich ein Anfall der Gier in sein Grauen, und er hob ihn auf. Dann floh er, ohne noch einen einzigen Blick zurückzuwerfen, über den Gletscher in Richtung der auf tiefer Himmelsbahn kreisenden Sonne.
    Während er davonrannte, entgingen Quanga im ersten Moment die unheimlichen und unheilschwangeren Veränderungen, die sich, mit der Wandlung der Höhle vergleichbar, auf unerklärliche Weise an der eisbedeckten Ebene selbst vollzogen hatten. Es versetzte ihm einen furchtbaren Schock, der sich zu einem wahren Schwindel steigerte, als er erkannte, dass er eine hohe, aberwitzig steile Neigung erklomm, über deren weit entferntem Scheitelpunkt die Sonne seltsam zurückgewichen war und nun klein und kalt am Himmel stand, als sähe man sie von der Oberfläche eines fernen Planeten aus. Sogar der Himmel wirkte verändert: Obwohl noch immer vollkommen wolkenlos, hatte er eine sonderbar leichenhafte Farbe angenommen. Die brütende Empfindung einer feindseligen Willenskraft, eines gewaltigen, eiskalten Bösen, schien die Luft zu durchdringen und auf Quanga zu lasten wie ein Inkubus. Doch als Ausdruck der vorsätzlichen und böswilligen Störung der Naturgesetze war das Schrecklichste von allem jene schwindelerregende, polwärts gerichtete Schräge, die das ebene Gletscherplateau angenommen hatte.
    Quanga hatte das Gefühl, als wäre die Schöpfung selbst irrsinnig geworden und hätte ihn der Gewalt dämonischer Mächte aus den gottlosen äußeren Schlünden des Alls ausgeliefert. Mit jedem Tritt gefährlich um Halt ringend, torkelte und taumelte er mühsam aufwärts. Jeden Augenblick fürchtete er, auszugleiten, zu stürzen und auf ewig in unauslotbare arktische Tiefen hinabzuschlittern. Aber als er schließlich innezuhalten

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