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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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vergangenen Stunde gemäht worden sein!«, rief Manville mir zu, als wir hinter den anderen wieder in den Gleiter stiegen.
    »Wenn wir ihr folgen«, erwiderte ich, »werden wir bald herausbekommen, wer oder was die Ursache ist. – Habt ihr Jungs den Schneid zu einem kleinen Abstecher?« Ich hatte die Einstiegsluke schon wieder verschlossen und richtete diese Frage nun an alle vier meiner Mitflieger.
    Nicht einer erhob Einwände, obwohl mein Plan, der Schneise zu folgen, eine beträchtliche Abweichung von unserem festgesetzten Kurs bedeutete. Jeder von uns war bis zum Äußersten gespannt vor Erregung und Neugier. Keiner besaß auch nur die leiseste, glaubhafte Vermutung, welche Macht eine solche Schneise der Zerstörung von eineinhalb Kilometern Breite durch den Urwald getrieben haben könnte. Zudem waren wir unschlüssig, in welche Richtung die Vernichtungsspur verlief.
    Ich zündete die Triebwerke und mit dem vertrauten Dröhnen zerstiebender Kohlenstoffatome in den Zylindern unter unseren Sitzen stiegen wir zur Höhe der Farnwipfel auf, und ich beschleunigte den Gleiter einfach in die Richtung, wohin seine Schnauze zufällig wies. Allerdings erkannten wir schnell, dass wir den falschen Kurs genommen hatten – denn die nachwachsende Vegetation unter uns wurde immer dichter und höher, je länger der gewaltige Dschungel die Bresche, die durch seine Mitte geschlagen worden war, bereits zu schließen versuchte. Daher wendete ich den Gleiter und wir flogen zurück in die entgegengesetzte Richtung.
    Ich bezweifle, dass auch nur ein halbes Dutzend Worte zwischen uns gewechselt wurde, während wir den gerodeten Streifen abflogen und den frischen Pflanzenbewuchs unter uns immer weiter ausdünnen und schrumpfen sahen, bis wieder jener kahle, rötlich-blaue Boden zum Vorschein kam. Wir hatten nicht die geringste Vorstellung davon, was wir vorfinden mochten – und waren mittlerweile viel zu aufgeregt, um auch nur Mutmaßungen darüber anzustellen.
    Ich gestehe offen, dass ich selbst ziemlich unruhig war; die Dinge, die wir im Urwald bereits zu Gesicht bekommen hatten, und jene erschreckende Dschungelrodung, die keine von Menschen gemachte Maschine zuwege gebracht hätte, reichten zusammen völlig aus, um das innere Gleichgewicht eines jeden Menschen zu erschüttern. Wie ich schon sagte, bin ich kein Feigling – und ich habe einer Menge außerirdischer Gefahren ins Auge gesehen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Doch begann ich bereits zu argwöhnen, dass wir es mit Dingen zu tun hatten, die besser kein Erdengeschöpf jemals zu Gesicht bekommen oder sich auch nur im Geiste ausmalen sollte. Die scheußliche Fruchtbarkeit dieses Urwalds hatte mir geradezu Übelkeit verursacht. Was aber mochte das für eine Macht sein, die viele Kilometer eines solchen Urwalds gründlicher beseitigt hatte als ein Mähdrescher die Ähren eines Kornfelds?
    Angespannt betrachtete ich die vor uns liegende, dunstgeschwängerte Szenerie durch den Reflektor neben meinem Pilotensitz und der Rest der Crew presste die Gesichter gegen die Kristall-Luken. Bis jetzt war nichts Beängstigendes zu sehen – doch nun bemerkte ich einen leichten und unerklärlichen Anstieg unserer Fluggeschwindigkeit. Ich hatte die Schubkraft nicht erhöht; wir waren langsam geflogen, kaum 250 Kilometer pro Stunde. Doch jetzt wurden wir zunehmend schneller, als wären wir dem Sog eines gewaltigen Luftstroms ausgesetzt oder einem starken magnetischen Kraftfeld.
    Die Dämpfe vor uns hatten sich sichtraubend zusammengezogen; dann aber wirbelten sie beidseits auseinander und die Landschaft wurde viele Kilometer weit überschaubar. Ich glaube, wir alle erblickten das Ding im selben Moment. Dennoch brachte keiner von uns in der nächsten halben Minute einen Ton hervor. Erst dann flüsterte Manville kaum vernehmbar: »Mein Gott!«
    Vor uns, kaum einen halben Kilometer entfernt, füllte eine kriechende, gallertartige Masse die Bresche in voller Breite aus. Sie besaß die blassrosa Farbe von Angelgewürm und überragte selbst die höchsten Farnwipfel. Es war, als wüchse eine steile Felswand vor uns empor, während wir darauf zuflogen. Wir erkannten, dass sie sich von uns fortbewegte, dass sie sich kriechend durch den Dschungel vorwärts fraß. Das gewaltige Gebilde schien eine quallenartige Beschaffenheit zu besitzen – es hob und senkte sich, dehnte sich aus und zog sich zusammen, träge und rhythmisch, wobei seine Farbe sich unter jeder Kontraktion merklich

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