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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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fragte Mark vorsichtig. »Ich kenne ihre Siegel nicht, und Laud hat sie nicht angekündigt.«
    »Vermutlich sind das Mitglieder des Waage-Bunds, Sir«, vermutete Snutworth. »Sie sind bekannt dafür, überall unaufgefordert zu erscheinen.«
    »Schon wieder?«, fragte Mark. »Das ist das zweite Mal diesen Monat, dass sie aufgetaucht sind. Das gefällt mir nicht.«
    »Sie scheinen harmlos zu sein, Sir. Ein wenig verschlossen vielleicht …«
    »Verschlossen!«, murmelte Mark. »Niemand scheint irgendetwas über sie zu wissen! Selbst die Sterndeutergilde verstummt, wenn ich nachfrage. Erinnerst du dich nicht mehr daran, wie Graf Stelli über sie geredet hat? Hat er Prendergast nicht erzählt, sie seien für grausame Verbrechen verantwortlich …«
    »Bei allem Respekt, Sir«, fiel ihm Snutworth mit ungewöhnlicher Schärfe ins Wort, »ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Sie den Worten des verschwundenen Grafen Glauben schenken würden.«
    Mark lief ein Schauer über den Rücken. Der Gedanke an den Grafen bereitete ihm immer noch Unbehagen. Nicht dass er eine Bedrohung dargestellt hätte. Er war nie gefasst und bereits vor Monaten offiziell für tot erklärt worden. Er hätte kein Recht mehr, seinen Besitz einzufordern. Es war nur so, dass Mark trotz allem ein unbestimmtes Schuldgefühl nicht abschütteln konnte. Wie gerechtfertigt es auch gewesen sein mochte, letztendlich hatte er einen alten Mann aus seinem einzigen Zuhause vertrieben.
    »Trotzdem«, fuhr er fort. »Diese Waage-Leute schaffen es immer noch, dass ich mich irgendwie unwohl fühle …«
    »Meine Partner vermuten sehr stark«, sagte Snutworth, »dass sie mit Geheimnissen handeln. Das würde zumindest ihr Geschick beim Verbergen ihrer eigenen Geheimnisse erklären. Andererseits ist eine beachtliche Anzahl ihrer bekannten Mitglieder im Getreidehandel tätig, und es dürfte nicht allzu viele Getreideverschwörungen geben …«
    »Weißt du, Snutworth«, sagte Mark und senkte die Stimme, »vielleicht solltest du eine Maske aufsetzen, damit du dich ein bisschen näher an ihn heranschleichen kannst. Vielleicht kannst du ja etwas Nützliches aufschnappen.«
    »Mr Mark«, erwiderte Snutworth und hob eine Augenbraue, »es liegt mir fern, Sie zu korrigieren, aber hier haben Masken nichts damit zu tun, die eigene Identität zu verschleiern. Vertrauen Sie mir, ich bin weitaus unsichtbarer ohne.« Er lächelte. »Inzwischen warten Ihre Gäste auf Sie. Ich nehme an, sie setzen darauf, dass Sie den Tanz eröffnen.«
    In der Ferne stimmte das Orchester eine Gavotte an.
    Mark zuckte zusammen.
    Der Tanz begann.
     
    Es war wie immer. Mark schlurfte bei den Tanzschritten mit und versuchte selbstsicher zu wirken. Der Tanz selbst war nicht sonderlich kompliziert. Es schien sich immer nur darum zu drehen, rechtzeitig loszugehen und dabei niemanden anzurempeln, und mittlerweile achtete er kaum noch auf seine Füße. Seine Aufmerksamkeit war auf die Gesichter gerichtet. Auf die Parade der feixenden, anzüglich grinsenden Masken, die sich um ihn drehten, und die gedämpften Worte und Gedanken, die hinter ihnen lauerten. Mit einstudierter Ungezwungenheit nickte er einer Maske zu, lachte höflich über einen Witz, forderte eine der älteren Damen mit einer höflichen Verbeugung zum Tanz auf. Trotzdem kam er sich oft wie ihr Schoßtier vor. Er war nun fast so groß wie die stattlicheren unter den Geschäftsleuten, wurde aber das Gefühl nicht los, dass er die Rolle des Narren zu geben hatte, des Maskottchens, des kleinen Jungen, der den Geschäftsmann nur spielte.
    Egal, lass sie denken, was sie wollen, sinnierte er, während er die Hände einer dicklichen älteren Dame ergriff, die ihr Vermögen mit Blumen machte und ihre Waren freimütig auf ihrer Perücke zur Schau trug. Er ließ den Blick durch den Garten schweifen. Drüben beim Zelt sah er eine Gruppe alter Sterndeuter, die sich an seinem Essen gütlich taten. Noch immer erhielt er doppelt so viele Anfragen für persönliche Deutungen wie irgendeiner von ihnen, und im Gegensatz zu Graf Stelli war es ihm eine große Freude, sie anzunehmen. Es war die Quelle seines Erfolgs, all seiner Macht.
    Wenn er jetzt darüber nachdachte, erschien es ihm so offensichtlich, so einfach; trotzdem hatte Snutworth es ihm erst ausführlich erklären müssen. Er hatte Mark dargelegt, dass die erfolgreichen Geschäftsleute in ständiger Angst vor Unsicherheit lebten, vor Verschiebungen im stets unruhigen Markt. Darin lag die Gefahr von

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