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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Ich dachte, Sie wollten zu Hause bei sich diese Typen deswegen an den Kanthaken kriegen.«
    »Die Nats? Das ergibt in diesem neuen Licht keinen Sinn mehr. Erstens, die Sache ist zu groß für Syedr und seine Jungs, und zweitens, Yolanda ist in Besźel niemandem auf die Zehen getreten, sie war niemals in Besźel. Wenn ich wieder zu Hause bin, kann ich meine Arbeit tun.«
    Was ich meinte, war, dass ich mehr tun konnte als meine Arbeit - ich konnte Fäden ziehen und Gefälligkeiten einfordern. »Das ist kein Versuch meinerseits, Sie auszuschalten, Dhatt. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn ich etwas Brauchbares von ihr erfahre, ich komme vielleicht sogar zurück, und wir gehen gemeinsam auf Verbrecherjagd. Aber erst will ich das Mädchen in Sicherheit wissen. Sie hat eine Todesangst, Dhatt, und können wir guten Gewissens sagen, sie hat keinen Grund dazu?«
    Dhatt schüttelte immer wieder den Kopf, weder zustimmend noch verneinend, ein reiner Ausdruck der Konsternation. Endlich sagte er in einem Ton, der seine innere Anspannung verriet: »Ich habe meine Leute noch einmal zu den Unifs geschickt. Sieht nicht so aus, als ob die etwas wüssten. Bei einen oder zweien kann man sehen, dass sie den Namen ›Marya‹ schon einmal gehört haben, aber die meisten von ihnen sind ihr nie begegnet.«
    »Die würden eine solche Operation nie auf die Reihe kriegen.«
    »Oh, die kriegen so einiges auf die Reihe, keine Sorge. Unsere Spitzel berichten uns, sie hecken dieses und jenes aus, sie wollen die Grenzen einreißen, planen Revolutionen unter allen möglichen Vorzeichen ...«
    »Das ist eine andere Preisklasse. Und dieser Mist, von wegen, dass sie demnächst die Welt aus den Angeln heben, kursiert doch ständig. Kalter Kaffee.«
    Kommentarlos hörte er sich an, wie ich noch einmal alles aufzählte, was ich von Yolanda erfahren hatte. Wir gingen langsam, wie Spaziergänger, nur im Lichtkreis der Straßenlaternen beschleunigten wir den Schritt. Als ich ihm sagte, dass laut Yolanda Mahalia gesagt hatte, auch David Bowden wäre in Gefahr, blieb Dhatt stehen. Sekundenlang schauten wir schweigend unseren Atemwolken nach.
    »Während Sie sich heute mit Little Miss Paranoid amüsiert haben, haben wir Bowdens Wohnung durchsucht. Kein Hinweis auf gewaltsames Eindringen, keine Spuren eines Kampfes. Nichts. Essen auf dem Tisch, aufgeschlagene Bücher auf dem Stuhl. Auf seinem Schreibtisch fanden wir einen Brief.«
    »Von wem?«
    »Yallya hat mich gewarnt, dass Sie darauf anspringen werden. Es steht kein Absender drauf. Der Brief ist nicht in Illit verfasst. Genau genommen besteht er nur aus einem Wort. Ich dachte, die Schrift wäre ein altertümliches Besź, aber nein. Präkursor.«
    »Verflucht. Und?«
    »Ich bin damit zu Professor Nancy gegangen. Sie sagte, das ist eine frühe Version von Präkursor, die mir noch nie begegnet ist und ich kann's nicht beschwören blablabla, aber sie ist ziemlich sicher, dass es sich um eine Warnung handelt.«
    »Eine Warnung vor was?«
    »Nur eine Warnung. Wie ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen. Ein Wort, das für sich genommen eine Warnung ist.« In der Dunkelheit konnten wir unsere Gesichter nur undeutlich erkennen. Unbewusst hatte ich uns zu einer Kreuzung mit einer total Besźel Straße geführt. Die kastenförmigen Ziegelgebäude im bräunlichen Laternenschein, die Männer und Frauen in langen Mänteln, die unter den im Wind hin- und herschwingenden Firmenschildern hindurchgingen, teilten den neonhellen qomanischen Boulevard der Glasfassaden und Importfirmen wie etwas aus dem Abgrund der Zeit Emporgestiegenes.
    »Und wer, fragen wir uns, würde sich derartiger Schriftzeichen bedienen ...?«
    »Kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendwelchen unsichtbaren Städten, ich warne Sie.« Dhatt sah aus, als spürte er ein unheilvolles Beben in den Grundfesten seiner Überzeugungen und bemühte sich, es nicht wahrzunehmen. Er ging ein paar Schritte, drückte sich in einen Hauseingang und schlug mehrmals wütend mit der Faust in die flache Hand. »Was zum Teufel!«, knurrte er und starrte in die Dunkelheit.
    Ja, was zum Teufel existierte so, wie Orciny existierte, wenn man Yolandas und Mahalias Aussagen Glauben schenken wollte? So klein, so stark, eingenistet in die Furchen und Falten eines anderen Organismus? Willens zu töten. Ein Parasit. Eine Zeckenstadt, nur am eigenen Überleben interessiert.
    »Angenommen, nur mal angenommen, es gäbe den ein oder anderen faulen Apfel in Ihrer Truppe, meiner Truppe, egal«,

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