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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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Wechsel unterlag, diente sie ausschließlich zum Schmuck. Hier war sie in erster Linie Gebrauchsgegenstand; oft bestand sie nur aus einem einzigen togaartigen Tuch, in das der ganze Körper gehüllt war.
    Erst als Alvin den Mittelpunkt der Siedlung erreicht hatte, reagierten die Bewohner von Lys auf seine Gegenwart; ihre Reaktion nahm eine etwas unerwartete Form an. Eine Gruppe von fünf Männern trat aus einem der Häuser und ging auf ihn zu – fast schien es, als hätten sie ihn erwartet. Alvin fühlte eine plötzliche, berauschende Erregung; das Blut floss schneller durch seine Adern. Er dachte an all die schicksalhaften Begegnungen, die der Mensch mit anderen Völkern in fernen Welten gehabt haben musste. Die Leute, die er hier antraf, waren von seinem eigenen Volk – aber wie sehr würden sie sich nach der unvorstellbar langen Zeit der Trennung wohl voneinander unterscheiden?
    Die Abordnung blieb ein paar Schritte vor ihm stehen. Ihr Anführer lächelte und streckte ihm die Hand in der uralten Geste der Freundschaft entgegen.
    »Wir hielten es für das Beste, Sie hier zu empfangen«, sagte er. »Unsere Heimat unterscheidet sich sehr von Diaspar, und der Spaziergang vom Bahnhof hierher gibt Besuchern die Möglichkeit, sich ein wenig einzugewöhnen.«
    Alvin ergriff die ihm dargebotene Hand, konnte aber vor Überraschung kein Wort herausbringen. Jetzt wusste er, warum ihn alle anderen Bewohner der Siedlung ignoriert hatten.
    »Ihr wusstet, dass ich komme?«, fragte er nach einer Weile.
    »Natürlich. Wir wissen immer, wenn sich die Fahrzeuge in Bewegung setzen. Sagen Sie – wie haben Sie es herausgefunden? Der letzte Besuch ist so lange her, dass wir schon befürchteten, das Geheimnis sei verlorengegangen.«
    Der Sprecher wurde von einem seiner Begleiter unterbrochen.
    »Ich glaube, wir zügeln lieber unsere Neugier, Gerane. Seranis wartet.«
    Vor dem Namen »Seranis« hatte der Mann noch ein Wort gebraucht, das Alvin nicht kannte; wahrscheinlich war es irgendein Titel. Die Verständigung mit den anderen bereitete ihm keine Schwierigkeiten, und es kam ihm gar nicht in den Sinn, das erstaunlich zu finden. Diaspar und Lys gehörten zum gleichen Sprachstamm, und durch die alte Tradition von Tonaufzeichnungen hatte die Sprache schon vor langer Zeit ihre unveränderliche Form gefunden.
    Gerane zuckte in gespielter Resignation die Achseln. »Also gut«, sagte er lächelnd, »Seranis hat wenig Privilegien – ich sollte sie nicht ausgerechnet um dieses bringen.«
    Während sie weiter in den Ort hineingingen, beobachtete Alvin die Männer an seiner Seite. Sie schienen freundlich und klug, aber diese Tugenden waren etwas Selbstverständliches für ihn, und er suchte nach Merkmalen, in denen sie sich von einer vergleichbaren Gruppe in Diaspar unterschieden. Es gab Unterschiede, aber man konnte sie nur schwer definieren. Alle Männer waren etwas größer als Alvin, und zwei von ihnen wiesen eindeutige Anzeichen eines Älterwerdens auf. Ihre Haut war sehr braun, und in allen Bewegungen schienen sie eine Energie und Lebenslust auszustrahlen, die Alvin gefiel, ihn aber gleichzeitig ein wenig verwirrte. Er lächelte bei der Erinnerung an Khedrons Prophezeiung, dass Lys das genaue Ebenbild Diaspars sein würde.
    Die Bewohner des Ortes betrachteten Alvin jetzt mit offener Neugier, als er seinen Führern folgte; sie gaben nicht mehr vor, seine Anwesenheit als etwas Alltägliches hinzunehmen. Unter den Bäumen auf der rechten Seite erhob sich plötzlich lautes Geschrei; eine Schar kleiner, aufgeregter Wesen sauste herbei und drängte sich um Alvin. Fassungslos vor Überraschung blieb er stehen; er konnte seinen Augen kaum trauen. Hier war etwas, das seine Welt schon vor so langer Zeit verloren hatte, dass es in das Gebiet der Mythologie gehörte. So hatte das Leben einst begonnen, diese lärmenden, faszinierenden Wesen waren Kinder.
    Alvin beobachtete sie mit staunender Ungläubigkeit – und noch ein anderes Gefühl berührte sein Herz, aber er konnte es nicht benennen. Kein anderer Anblick hätte ihm die Andersartigkeit dieser Welt deutlicher zu Bewusstsein bringen können. Diaspar hatte für seine Unsterblichkeit bezahlt – und mehr als bezahlt.
    Die Gruppe blieb vor dem größten Gebäude stehen, das Alvin bisher gesehen hatte. Es stand im Zentrum der Sied lung, und auf einem kleinen runden Turm wehte eine grüne Fahne im Wind.
    Außer Gerane blieben alle zurück, als Alvin das Haus betrat. Im Innern war es kühl und still;

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