Die Stahlkönige
Tretmühlen.
Nachdem er den Fluss überquert hatte, fand er sich in der schäbigen kleinen Stadt wieder, die am Fuße des Felsens lag. Fast augenblicklich fühlte er sich besser. Wie auch immer die herrschende Schicht oben auf dem Berg beschaffen war, die Bewohner des kleinen Ortes gehörten zu den lärmenden, unabhängigen Flussschiffern, die er inzwischen recht gut kannte. Auf dem Ritt über die Hauptstraße sah er Betrunkene, die aus Tavernen geworfen wurden, Huren, die sich zur Schau stellten, und zwei ernsthafte Prügeleien. Es ging rau zu, gefiel ihm aber viel besser als die Förmlichkeit, welche die meisten Mezpaner bevorzugten.
Sein Unbehagen kehrte zurück, als er die Siedlung verließ. Es verstärkte sich noch, als er die Soldaten bei ihren Übungen beobachtete. Ihr ganzes Benehmen kam ihm völlig unkriegerisch vor, aber die mechanisch wirkenden Bewegungen waren ihm unheimlich, und er kannte die Auswirkungen der Feuerrohre. Die Mezpaner hatten einen Weg gefunden, die lauten Waffen zu wichtigen Kriegsgeräten zu entwickeln, die trotz der langsamen Schussfolge und der Ungenauigkeit eine entscheidende Rolle im Kampf spielten.
Der lange Anstieg über die Rampe zu dem beeindruckenden breiten Tor hinauf war äußerst einschüchternd. Absurderweise fühlte sich Kairn von der Stadt beobachtet und er kam sich auf der Rampe völlig schutzlos vor. Bestimmt fiel ein berittener und bewaffneter Steppenkrieger auf. Hoffentlich würde er im Gewühl der Straßen und Gassen nicht weiter beachtet werden.
Der Beamte am Tor ließ ihn ohne Schwierigkeiten passieren und versicherte ihm, dass niemand, auf den die Beschreibung seines Vaters zutraf, in letzter Zeit nach Felsenstein gekommen war. Die gleiche Frage verneinte auch die Stadtwache, zu der man ihn schickte. Kairn wunderte sich und war empört, dass er innerhalb der Festungsmauern keine Waffen tragen durfte. Natürlich stellte er den Befehl nicht in Frage, denn er wollte kein Aufsehen erregen.
Während er nach einer Unterkunft und einem Stall suchte, fragte er sich, was aus Hael geworden war. Wenn er sich nicht in Felsenstein aufhielt, wo war er dann? Wie war es möglich, dass Kairn trotz der vielen Verzögerungen früher hier eintraf als sein Vater? Er beschloss, eine Weile zu warten, falls Hael noch auftauchte. War er vielleicht schon tot? Kairn verbot sich, noch weiter darüber nachzudenken.
Sobald er einen Stall und eine Unterkunft gefunden hatte, machte er sich mit der Stadt vertraut. Überall herrschte reges, aber grimmiges Treiben, was ihm nicht sehr behagte. Kairn war an die Ruhe der Wildnis gewöhnt und kannte lärmende Städte. Eine dicht bevölkerte Stadt, die dennoch still war, erschien ihm völlig unnatürlich.
Hin und wieder erblickte er Menschen, die sich deutlich von den übrigen Leuten unterschieden. Sie waren in kostbare und reich verzierte Gewänder gehüllt, als gelte die graue Eintönigkeit nur für das einfache Volk. Mehr als einer dieser bunt gekleideten Menschen sah ihn länger als notwendig an. Sicher bekommen sie selten Ausländer zu Gesicht, dachte Kairn.
Beinahe jeder Einwohner war entsprechend seines Berufes und seines Standes gekleidet: Arbeiter trugen Westen und enge Hosen, Sklaven schäbige Tuniken. Bedienstete großer Häuser trugen Livreen, Soldaten und Stadtwachen Uniformen.
Es gab die üblichen Geschäfte und Werkstätten, aber keine Tempel oder Schreine. Überall herrschte peinlichste Sauberkeit, was den Ort nicht gemütlicher machte. Nichts außer dieser wirklich wichtigen Mission würde ihn dazu bringen, mehr als einen Tag hier zu verweilen.
Während seiner Wanderung durch die Straßen gelangte er an eine Stelle, an der Treppen zu einem Weg hinabführten, der seitlich entlang des Berges verlief, dicht unterhalb der Spitze. Der Pfad war grob aus dem Felsen gehauen und gestattete eine traumhafte Aussicht über den Fluss und die umliegenden Ländereien. Er blickte über die bewaldeten Hügel hinweg und wünschte, dort zu sein. Dann wanderte er den schmalen Pfad entlang, der sich dicht unterhalb der inneren Zitadelle um den Berg herumwand. Vielleicht hatte man ihn einst aus dem Felsen gehauen, um Gerüste aufzustellen, die beim Bau der Festung benötigt wurden. Während er weiterging, betrachtete er die graue Stadt, die hoch über ihm aufragte.
Ihm fiel auf, dass sich keine abweisende hohe Mauer über ihm erhob. Stattdessen schmückten zahlreiche Fenster und Balkone die Festung. Offensichtlich befürchteten die Bewohner
Weitere Kostenlose Bücher