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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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längliche Balken aus Stahl hervor, von denen der größte Teil noch im Inneren des Brockens steckte. Gasam fuhr mit der Hand über einen der Balken, der beinahe glühend heiß war. Die Oberfläche fühlte sich rau an, war aber frei von Rost. Noch war er vom Staub vieler Jahrhunderte bedeckt, aber an den Stellen, an denen die Werkzeuge ihn getroffen hatten, zeigte sich silbriger Glanz. Er hob einen bereits abgeschlagenen Steinbrocken auf.
    »Das ist Zement«, erklärte Larissa. »Man sagt, die Menschen hätten es früher als Baumaterial benutzt. Die Nevaner bauen auch mit Zement, der aber viel weicher ist als dieser.«
    »Ich habe es gelegentlich gesehen«, meinte Gasam, »aber nie in solchen Mengen. Im Laufe der Jahre haben es die Leute sicher zertrümmert, um an den Stahl zu kommen. Warum die Menschen der Vorzeit wohl den Stahl darin verborgen haben?«
    Sie zuckte die Achseln. »Das bleibt ein Geheimnis. Stahl ist kostbar, und er rostet, wenn er feuchter Luft ausgesetzt wird. Bestimmt glaubten sie, ihn so besser zu schützen. Vielleicht haben wir hier das letzte große Stahlvorkommen entdeckt.«
    Gasam hob einen Hammer auf. Der schwere Kopf bestand aus reinem Stahl. Verwundert schüttelte er den Kopf.
    »Werkzeuge aus Stahl! Stahl wird doch nur für Waffen benutzt. Wer hat sich denn so etwas ausgedacht?«
    »Hael«, antwortete Larissa. »Gut für uns. Dieser Zement ist so hart wie natürlicher Fels. Er merkte, dass er harte Werkzeuge zum Abbau brauchte, und was ist härter als Stahl? Sicher verwendete er die erste Metallausbeute, um Hämmer, Meißel und Keile herzustellen. Danach ging die Arbeit viel schneller voran.«
    »Auf eine gewisse Art war Hael recht klug«, meinte Gasam, »aber besonders kriegerisch ist er nicht.«
    Larissa lächelte geduldig. Sie liebte ihn trotz seiner manchmal etwas engstirnigen Denkweise. Ihre eigene Klugheit und ihre Begabungen glichen seine Schwächen aus. Er war ein Krieger, ein Eroberer, und besaß die seltene Gabe, Männer so zu fesseln, dass sie freudig für ihn in den Tod gingen. Sie war es, die Pläne schmiedete und organisierte. Gasam führte seine Armee in neue Länder, und sie verwaltete sie und verwandelte die neuen Untertanen in fügsame, arbeitswillige und nützliche Sklaven. Seine Armee sorgte für die Abschreckung, und sie kümmerte sich mit diplomatischem Geschick darum, dass andere Länder sich in Sicherheit wiegten, bis auch sie erobert wurden. Larissa hatte eine Gruppe Spione unter sich, die sie mit genauen Berichten über die Schwächen der Feinde versorgten. Ausländische Diplomaten wurden bestochen und schwächten ihre Herren zusätzlich. Zwei ihrer Spione hatten auch die Stahlmine entdeckt.
    Sie setzten die Besichtigung des Kraters fort. Überall stießen sie auf gewaltige Mengen Zement, der größtenteils noch unberührt war. Stellenweise sah man Rostspuren, wo das Metall an der Oberfläche lag.
    »Was denkst du, wie viel Stahl gibt es hier?«
    »Genug, um … in den nächsten Jahren viele Tonnen ans Tageslicht zu holen.«
    Gasam wusste, dass sie eigentlich »bis ans Ende unseres Lebens« hatte sagen wollen, aber sie hasste es, an den Tod zu denken. Unaufhörlich suchte Larissa nach Möglichkeiten, ewige Jugend und Unsterblichkeit zu erringen. »Auf jeden Fall noch viele, viele Jahre lang«, setzte sie hinzu.
    »Stell es dir vor!«, rief Gasam aufgeregt. »Stahlwaffen für jeden Soldaten meiner Armee! Sogar die unwichtigsten Truppen werden besser ausgerüstet sein als jede Macht der Welt.«
    »Du wirst große Stahlvorräte haben, die dich zum reichsten König der Welt machen«, erklärte sie geduldig. »Alle anderen Herrscher werden auf den Knien darum bitten und dir anbieten, was du haben willst.«
    »Das überlasse ich den Kaufleuten«, sagte Gasam. »Ich werde alle Könige besiegen. Warum sollte ich mich auf Handel einlassen?«
    Sie seufzte. »Weil es dich reicher macht und sie ärmer. Zuerst machst du sie von dir abhängig, mein König, dann eroberst du ihre Länder. So stärkt dich ihr Wohlstand, und zum Schluss bekommst du den Stahl zurück, den sie dir abkauften.«
    Er grinste und legte ihr den Arm um die Schultern. »Was für ein Glück, dass du über diese Dinge nachdenkst! Komm, kleine Königin, verlassen wir dieses Loch. Ich habe genug gesehen.«
    Die Luft außerhalb der Talsenke war erfrischend. »Etwas Gutes hat der Krater«, meinte Gasam grinsend. »Man glaubt, die Wüstenluft wäre kühl.«
    »Es gibt noch viel zu sehen«, verkündete Larissa.

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