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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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Mein Bartwuchs war wild, ich trug einen großen Schnauzbart. Er nannte mich Sergeant Schnauzbart: »Geh, Schnauzbart«, sagte er, »und kundschafte aus, wo sich die Deutschen befinden und welche Feuernester sie haben.« Ich wollte ihm klarmachen, dass man tagsüber nicht auskundschaften darf – es ist hell, alles ist zu sehen –, aber ich hatte den Befehl. So ging ich mit meinen Leuten, mit Dudnikow und Gluschakow, auf Erkundung. Setzte mich mit dem 10. Regiment der 37. Division in Verbindung.
    Man zeigte mir, wo sich die Deutschen befanden. Da kehrte ich um und wollte dem Kompaniechef Kusnezow melden, wie die Dinge standen. Was die Feuernester betraf, so wusste ich schon Bescheid, da ich, als ich im ersten Stock saß, gesehen hatte, wie sie die Maschinengewehre und Granatwerfer auf dem Treppenabsatz einrichteten. Leutnant Kusnezow, der Kompaniechef, trug mir auf, diese Feuernester zu zerstören. Ich berichtete Dudnikow und Gluschakow, welche Aufgabe uns bevorstand. Wir nahmen Granaten und Munition mit und gingen ins 10. Regiment der 37. Division. Dort fanden wir 6 Mann und einen mittleren Kommandeur. Ich berichtete ihm, dass ich auf dem Weg sei, die mir gestellte Aufgabe zu erfüllen, und bat ihn um Feuerschutz. Es war etwa 12 Uhr mittags. Wir saßen eine Weile zusammen und rauchten, sie gaben mir einen guten Rat. Da besprach ich mit meinen beiden Kameraden, wie wir vorgehen wollten, zog meinen Mantel aus und robbte vorwärts. Ich erklomm einen kleinen Damm, wo die Eisenbahn verlief, und wo ein großer Splittergraben in einen Bombentrichter unter der Erde gegraben war. Neben diesem Trichter standen zwei Maschinengewehre. Ich war bis auf 3 m an die Eisenbahngleise herangerobbt und wollte schon in den Trichter, da schaute ich in den Splittergraben und bemerkte dort Deutsche. Ich warf zuerst eine Handgranate, dann die zweite und robbte zum Graben. Beide Deutschen waren tot. Ich winkte Dudnikow und Gluschakow zu mir her. Wir nahmen den Deutschen die Tasche mit Fotos und Dokumenten ab und versteckten alles unter den Gleisen.
    Dann überlegte ich, wie ich den Granatwerfer vernichten könnte, der … (unleserlich) m vom Trichter entfernt stand. Ich beschloss, erneut vorwärtszurobben. Dudnikow und Gluschakow befahl ich, in den Trichter zu klettern und mir Feuerschutz zu geben. Ich robbte los. Da waren aber deutsche Scharfschützen im Einsatz, ich war noch keine 10 m gerobbt, da traf ein Scharfschütze meinen Helm. Ich kehrte um. Dann robbte ich wieder los, robbte zwei Stunden umher. Dann warf ich die Granaten, Gluschakow hatte unterdessen den Scharfschützen mit dem Gewehr erschossen. Ich zerstörte den Werfer mit Granaten und robbte zurück. Anschließend kehrten wir zurück, nahmen die Leichen der Deutschen mit; ich befahl, sie dem Regimentsstab zu übergeben, und ging selbst zum Kompaniechef, um zu melden, dass sein Auftrag erfüllt sei. Ich bekam die Erlaubnis, im Unterstand auszuruhen, da ich vier volle Tage nicht geschlafen hatte. […] Ich war noch nicht eingeschlafen, als wir von einem Regimentsingenieur in die Verteidigung geholt wurden, um den Regimentsstab zu schützen, da man nicht genügend Leute hatte. Wir gingen zum Stab und verteidigten ihn. […] In drei Tagen, vom 26. bis 29. Oktober, hatte mein Zug 87 Hitlersoldaten sowie 4 Maschinengewehre und Granatwerfer vernichtet, einen Scharfschützen und einen Offizier getötet. Ich selbst hatte 25 Fritzen getötet. Von der Regierung wurde ich mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet.
    Aus dem Sanitätsbataillon wurde ich ins Feldlazarett verlegt, wo ich nur zwei Tage lag, dann kehrte ich zu meiner Einheit zurück, wo mich mein Feldscher behandelte. Die Verwundung war leicht. Jetzt, wo eine neue Auffüllung gekommen ist, kommandiere ich den Zug. Kein schlechter Haufen. Ich bilde ihn nach der Erfahrung aus dem Vaterländischen Krieg aus.
    Nach dem Gefecht am 29. Oktober wurde ich als Anwärter auf die Parteimitgliedschaft aufgenommen, jetzt bin ich Parteimitglied.
    Oberleutnant Kalinin: In nur zwei Tagen habe ich sieben Panzer und ihre Bedienung vernichtet.
    Hauptmann Rywkin: Unsere Leute, die am Leben geblieben sind – 30 Mann –, wurden alle ausgezeichnet. 8 Männer bekamen den Rotbannerorden, 3 den Rotsternorden und die übrigen Medaillen.
    Hauptmann Maxin: Unsere sibirische Komsomolzin Soja Rokowanowa vollbrachte bei uns noch eine Heldentat. Soja Rokowanowa arbeitete im Zivilberuf in der Redaktion einer Kreiszeitung als Setzerin. [422]  

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