Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
ist generell für diese Dinge berühmt.
Oberstleutnant Winokur: Da steht ein Kradfahrer von der Aufklärung und daneben ein deutscher Fahrer in unserem Armeemantel. Ich frage den Kompaniechef: »Wieso hast du ihm den Mantel gegeben?« – »Ihm war kalt.« – »Und als du auf dem Boden lagst und er auf dich geschossen hat?«
Platz der Gefallenen Kämpfer und Kaufhaus, März 1943. Auf dem Schild stehen die Worte: »Fluch und Tod den deutsch-faschistischen Eroberern und ihrem Staat, ihrer Armee und ihrer neuen ›Ordnung‹« [500] Fotograf: S. Strunnikow
Major Jegorow: Unsere Gefangenen hier im Gebäude des Gebietskomitees wurden befreit. Wir beschlossen sofort, sie einzusetzen. Führten ein kurzes Gespräch, sagten, sie hätten ein Verbrechen begangen, wofür sie nicht nach dem Gesetz bestraft, sondern erschossen werden müssten. Sie hätten nur eine Chance, nämlich ihre Schuld mit dem eigenen Blut zu sühnen. Sie griffen mit großer Freude nach den Waffen, wobei wir sie warnten, dass beim leisesten Anflug von Panik oder Feigheit oder beim Versuch, sich gefangen nehmen zu lassen, alle erschossen würden, unabhängig davon, wie viele tatsächlich Schwäche gezeigt hätten. Hier und da haben die uns [später] nicht schlecht rausgehauen.
Oberst Smoljanow (Chef der Politabteilung der 64. Armee): Der erste und wichtigste Auftrag lautete: sich und die Verbände und die Parteiorganisationen in Ordnung zu bringen. Per Armeebefehl wurden fünf Ruhetage festgesetzt. Der Auftrag lautete, in dieser Zeit neben den elementaren Verrichtungen – wie sich zu rasieren, die Haare zu schneiden, Reparaturen durchzuführen – ein Kulturprogramm anzubieten. Der Linie von Partei und Politarbeit entsprechend diskutierten wir die Fragen sehr ausführlich und empfahlen, in den einzelnen Arbeitskollektiven eine Folge von Besprechungen durchzuführen, bei denen die Frage gestellt werden sollte, was die Erfahrung des Kampfes um Stalingrad uns lehrt. Das Thema war die zentrale Frage bei allen Versammlungen und Besprechungen.
Generalmajor Burmakow (Kommandeur der 38. Schützenbrigade): Am nächsten Tag [am 1. Februar] kam N. S. Chruschtschow. Er kannte unsere Brigade genau. Mich hatte er erst in Stalingrad kennengelernt. Dann traf ich ihn, als wir uns auf den Durchbruch im November vorbereiteten, wir trafen uns auf dem Vormarsch, teilten unsere Eindrücke. Er sagte ständig: »Also, Kinder, versiebt es nicht! Ihr habt’s gut gemacht, sehr gut.«
Nikita Chruschtschow vor dem Stalingrader Kaufhaus, Februar 1943
Am Tag nach Paulus’ Gefangennahme kamen Schumilow und N. S. Chruschtschow. Chruschtschow schloss uns gleich in die Arme, küsste uns.
»Danke, danke, Leutchen! Ein Feldmarschall wird nicht oft gefangen genommen. Generäle schnappen wir vielleicht noch, aber einen Feldmarschall – das ist schwierig.«
Diese Dankbarkeit von Chruschtschow ist eine große Sache für uns.
Dann kamen sie hierher, in diesen Keller, setzten sich. Tschujanow kam. Vertreter der lokalen Staatsorgane kamen, kurz, eine Masse Menschen kam angefahren. Chruschtschow dankte uns immer noch, Schumilow zeigte auf mich und sagte:
»Er war einmal wütend auf mich, weil wir ihn nicht kämpfen ließen. Ich weiß, wann ich jemanden kämpfen lasse!«
Kundgebung aus Anlass des Sieges auf dem Platz der Gefallenen Kämpfer, Stalingrad, 4. Februar 1943
Nach der Kundgebung am 4. Februar wurde ein Festabend veranstaltet.
Chruschtschow kam, lobte uns wieder.
Ich brüste mich nicht gern, aber was soll’s, wir haben ihn geschnappt, haben etwas geleistet, ich bin zufrieden, dass wir die Sache hinbekommen haben, dass die Brigade es gut gemacht hat; für mich ist das das Wichtigste.
Ich hielt eine Ansprache und begrüßte die Gäste im Namen der Brigade. Meiner Meinung nach haben wir nicht schlecht gekämpft. Chruschtschow stand auf und sagte:
»Er tut bescheiden. Danke für Paulus!«
Alle meine Konkurrenten waren hinter Paulus hergewesen.
Aus dem Russischen von Christiane Körner
Schon im Februar 1943 zierte den Eingang zum Verhandlungsraum im Keller des Stalingrader Kaufhauses eine Papptafel mit der Aufschrift: »Hier wurde am 31. 1. 43 um 7 Uhr der Oberbefehlshaber der 6. deutschen Armee, Generalfeldmarschall von Paulus und sein Stab, angeführt von Generalleutnant Schmidt, von der 38. Schützenbrigade (mot) gefangen genommen.« Darunter standen die Namen von Oberst Burmakow und seinem Politstellvertreter, Oberstleutnant Winokur. Geringfügig
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