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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Moment für unsere Vereinigung ist nahe.«
    Nikolai sah sich auf dem Kirchhof um. Die Grabsteine waren von hohen Grasbüscheln umgeben, und eine Ecke des Friedhofs lag im Schatten einer mächtigen Kastanie. Da die Kirche auf einem Hügel stand, konnten sie von ihrer hohen Warte aus Straßen und Gebäude in der Ferne sehen. »Wo sind wir jetzt? In London?«
    Jean ließ ihren Blick über den Horizont gleiten. »Ich denke, ja. Ich wüsste nur gern, in welcher Zeit wir uns befinden.«
    Nikolai schloss die Augen. »Nicht viel weiter in der Zukunft, glaube ich, obwohl ich selbst nicht weiß, warum. Möglicherweise entwickle ich neben meinem Gespür für Orte nun auch die Fähigkeit, die Zeit einschätzen zu können.« Er reichte ihr seinen Arm. »Wir werden allmählich zu Experten im Eintreffen in neuen Zeitabschnitten. Lass uns ein Gasthaus suchen.«
    Jean nahm seinen Arm, und sie verließen den Friedhof durch ein Tor, das auf eine belebte Straße hinausführte. Es dauerte nicht lange, bis sie zu einem respektabel aussehenden Gasthaus kamen. Die wenigen Leute, die sie auf der Straße sahen, trugen Kleidung, die sehr ähnlich war wie die, die sie schon beim letzten Mal gesehen hatten.
    In dem Gasthaus war nur ein einziges Zimmer frei; zwei durch eine Tür verbundene, die sie normalerweise nahmen, waren diesmal nicht zu haben. Jean warf Nikolai einen skeptischen Blick zu, aber dann nickte sie. Was auch immer zwischen ihnen geschehen mochte, würde bei getrennten Zimmern auch geschehen.
    Der Gastwirt hatte eine Zeitung, die im Schankraum liegen geblieben war, und überließ sie Jean auf ihre Bitte. Sowie sie in ihrem Zimmer waren, sah sie sich die Titelseite an. »Es ist April 1788, also nur sechs Monate später als beim letzten Mal. Und wir sind jetzt über Adias Zeit hinaus.«
    Jean ließ sich in einem Sessel nieder und überflog die Seiten rasch, wobei sie hin und wieder zu Nikolai aufblickte, der im Zimmer umherspazierte, um sich mit der neuen Örtlichkeit vertraut zu machen. Er bewegte sich mit der Anmut eines wilden Tieres, und sie wurde es nie müde, ihm dabei zuzusehen.
    Einmal bemerkte er ihren Blick, und daher sagte sie: »Es gibt mehrere Artikel in Zusammenhang mit Sklaverei und Abolition. In dem, den ich gerade lese, steht, dass eine Frau in einer Diskussionsrunde einen Vortrag über die Amoralität von Sklaverei hielt und überaus geschickt in ihrer Wortwahl war. Natürlich ist kein Name angegeben, doch in dem Artikel heißt es, dies sei vielleicht das erste Mal, dass eine Frau vor einer Diskussionsrunde gesprochen hat. Weißt du, was Debattierclubs sind?«
    Nikolai hängte seine Tasche über einen der Pfosten am Fußende des Bettes und stülpte seinen Hut darüber. »Eigentlich nicht, obwohl du sie das eine oder andere Mal erwähnt hast, glaube ich.«
    »In diesen Foren werden Vorträge gehalten und öffentliche Diskussionen über Themen geführt, die aller Voraussicht nach genügend Leute interessieren, um den Veranstaltern Gewinne einzubringen. Da der Eintritt nur etwa einen Sixpence kostet, nehmen Leute aus allen gesellschaftlichen Schichten teil«, erklärte sie. »Vor zwanzig Jahren habe ich noch keine Anzeigen für Debatten über Sklaverei gesehen. Jetzt geht es bei der Hälfte aller angebotenen Veranstaltungen um Sklaverei und Abolition. Die Diskussionsrunde, bei der die Frau sprach, stimmte zum Schluss über das Thema ab und gelangte zu einem fast einstimmigen Beschluss gegen die Sklaverei. Die öffentliche Meinung ist also geweckt und auf unserer Seite.«
    »Das ist in der Tat sehr interessant«, stimmte Nikolai ihr zu. »In unserer Zeit dachten nur wenige Leute an die Abschaffung der Sklaverei, weil sie sie für ausgeschlossen hielten. Heute scheinen sie das jedoch nicht mehr anzunehmen.«
    Bevor er fortfahren konnte, ertönte ein Klopfen an der Tür, und als Nikolai öffnete, stand eine der Dienstmägde des Gasthauses vor ihm. »Diese Nachricht wurde uns für Sie und Ihre Gattin übergeben, Sir.« Sie überreichte ihm das Schreiben, knickste schnell und ging wieder.
    Nikolai erbrach das Siegel und zog die Brauen hoch, als er die Nachricht las. »Wir sind zu einem Empfang bei William Wilberforce, einem Abgeordneten des Unterhauses, eingeladen. Diese Veranstaltung findet zu Ehren der Förderer der Abolition statt.«
    Jean fiel fast die Kinnlade herunter. »Wie machen die Vorfahren das? Wie konnten sie uns nicht nur eine Einladung beschaffen, sondern auch wissen, wohin sie diese schicken mussten? Bis

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