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Die Stasi Lebt

Titel: Die Stasi Lebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schreiber
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Oberstleutnant Kahnt, Hauptmann Fauth«. Kids Freund schildert, wie gern sie herumreisten: »Bis in die SU. In Polen klaute man uns den Lada-Kühlergrill.« Erleichtert wird die Liaison mit A. verzeichnet. »Der Einfluss … auf die Quelle wird als positiv eingeschätzt.«
    Erich Mielke persönlich sorgte sich um Kids »arbeitsmäßige Anbindung in der DDR«. Im »Objekt Brücke«, Köpenicker Straße 114, bestückt man eine konspirative Wohnung mit Robotron-Schreibmaschine und Tonbandgerät. Karney wertet fortan von 7.30 bis 17 Uhr Bänder der »Operation Luft« aus, Lauschangriffe gegen den Westen, auf 2- und 4-Meter-Band. Der Horchposten entsprach in etwa der früheren Aufgabe bei der Air Force, nur gilt jetzt die »Streng Geheime Richtlinie« zur »Bearbeitung ausgewählter Nachrichtenverbindungen der US-Besatzer in Westberlin«. Bis zur Sozialversicherung tarnte man ihn als Angehörigen des »Zentralamtes für Funkkontrolle« (ZfK). So weit ging das Komplott, dass man Kid sogar die Stasi-Kollegen nur mit Decknamen vorstellt: Aus Offizier Kahnt wurde »Kramer«. Sein direkter Betreuer, Oberleutnant B., heißt einfach »Christian«. Er wird nach der Wende zu Karneys Enttarnung beitragen, getreu dem Spionage-Lehrsatz: Die Gefahr trägt meistens ein bekanntes Gesicht.
    Bei der Operation »Luft« hört Kid pikanterweise seine alte Truppe, die »6912th ESG«, mit ab. Ebenso das »US-Kommandeursautotelefonnetz Alpha«. Der Job unterfordert das Talent des Sprachgenies, die »erarbeiteten Informationen« über die US-Botschaft Ostberlins gelten gleichwohl als »bedeutsam«, monatlichmit 1400 Ostmark belohnt, 1500 D-Mark-Devisen pro Jahr extra. Die Medaille für Waffenbrüderschaft gab’s dazu. Am Tag des Mauerfalls schiebt er Dienst. Die HVA verabschiedet ihn mit 15 000 Ostmark in die ungewisse Zukunft – er war einer ihrer billigsten Top-Leute.
    Warum flüchtet der Mann mit den zwei Leben nicht? Er hatte genug Zeit, abzuhauen. Angst war sein Begleiter, die VW-Busse des OSI-Kommandos vor dem Haus fielen ihm sofort auf. Die Vermutung liegt nahe, dass er unbewusst die Enttarnung heraufbeschwor, die Gefahr leugnete wie jemand, der weiß, er ist am Ende einer langen Flucht angelangt, und sich dem Schicksal ergibt.
    Die Schlinge zieht sich langsam zu. Karney schult zum U-Bahn-Fahrer um. Da bekommen die Journalisten Paul Limbach und Heiner Emde Stasi-Dokumente in die Hand. Die Dossiers mit Hinweisen zu Kid gehen an den Chef des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz, BfV. Gerhard Boeden gibt die Papiere laut dem Buchautor John O. Koehler an die CIA weiter. Boeden habe dafür später in Fort Meade einen Orden verliehen bekommen. Zudem war dem BfV inzwischen Stasi-Hauptmann Hans-Joachim Lehmann zugeflogen. In der »Geheimen« Überläufer-Liste des Amtes vom Februar 1991 erhält er das Pseudonym »Häuserkampf«. Der Offizier kannte Kid bestens: »Genosse Hauptmann Lehmann, HA III« steht prominent auf dem Verteiler einschlägiger Protokolle.
    38 Jahre Knast in Fort Leavenworth heißt lebendig begraben sein. Im Gefängnis verflucht Häftling Carney insbesondere zwei Berliner. Kid quält, dass ihn Bekannte ins Nichts gestoßen haben sollen, die er für Freunde hielt. Über einen »Wolfgang« schreibt er: »Er ging ca. 1990 zum US-Konsulat und hat mich dort verpfiffen.« Der Mann war Gaststättenleiter, sei Stasi-IMgewesen. Zu seinem Betreuer »Christian« notiert der heute 36-jährige Kid: »Er war der Kronzeuge für CIA!« Carney wünscht sich: »Ihm auch das Leben schwermachen.«
    Der erwähnte Oberleutnant Christian B. gehörte zu den wenigen Stasi-Mitarbeitern, die Kids Anschrift kannten, dort Geburtstag mit ihm feierten. Den Offizier baggerte nach eigener Angabe 1990 ein Ami namens »Mark« an, für ihn »einer von der CIA«. Treffs im Hotel Kempinski folgten. Unter »Einwahlnummer 819 und einer Viererziffernfolge« erreicht er ihn auf der Air-Base Tempelhof. B., ein bulliger Athlet, hat harte, lauernde Augen, als er beteuert, Kid sei beim US-Geheimdienst bereits »von anderen geopfert worden«: »Die wussten alles!« Will er damit sagen, die waren auch nicht besser als er? Er wehrt der eigenen Verstrickung mit nicht geheurem Bekennermut: »Richten Sie Jeff aus: Ich war’s nicht!« Schlussendlich erstattet »Mark« ihm 20 000 Mark »Unkosten«. Christian arbeitet jetzt als Vertreter für einen Türhersteller. Sein Lieblingswort ist nun »Service«. Bei der Frage nach seiner Namensnennung im Artikel verlässt ihn kurz

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