Die Staufer und ihre Zeit
tatsächlich am Comer See und verhandelten – doch kam es zum Kniefall? War die Kaiserin überhaupt dabei?
Verbürgt ist, dass die machtbewusste Beatrix nicht nur mutig war, sondern auch politisch aktiv. Sie fungierte als Fürsprecherin von Verwandten, etwa ihres Onkels Graf Philipp von Flandern, sie gründete ein Asyl für kranke Frauen in Francheville und stiftete zahlreiche wertvolle Geschenke an Klöster und Kirchen. Eine beachtliche Zahl von Urkunden hat sie gemeinsam mit Barbarossa unterzeichnet. Ab 1178, während Barbarossa durch die Lande zog, war sie de facto alleinige Regentin in ihrem Vaterland Burgund. Dort signierte sie selbständig Urkunden – als »Beatrix von Gottes Gnaden Römische Kaiserin«.
Bis dahin war sie die meiste Zeit an Barbarossas Seite, und das bedeutete: reisen, reisen, reisen. Sie begleitete ihn nicht nur zu den diversen Hoftagen in Deutschland; sie hielt mit ihm Hof in Pavia, harrte vor den Mauern Mailands während der Belagerung aus und geriet in Susa fast in Gefangenschaft, als der Kaiser in einer Nacht-und-Nebel-Aktion flüchtete. Mehrmals überquerte sie die Alpen, ein Unterfangen, das im 12. Jahrhundert extrem beschwerlich und auch gefährlich war.
In 28 Ehejahren bekam Beatrix elf Kinder. Der Erhalt des Geschlechts der Staufer war gesichert, sie hatte ihre Hauptaufgabe beeindruckend erfüllt. Doch obwohl ihr als Kaiserin gewiss eine für damalige Verhältnisse hervorragende medizinische Betreuung zukam, forderten die vielen Schwangerschaften ihren Tribut. Am 15. November 1184 starb Beatrix in Burgund. Sie war höchstens 42 Jahre alt. Einen Monat zuvor war ihre jüngste Tochter, Agnes, im Alter von fünf Jahren verstorben.
Mit keinem ihrer Kinder hat Beatrix viel Zeit verbringen können. Es war nicht üblich, dass sich eine Kaiserin persönlich um den Nachwuchs kümmerte. Schon ihren ersten Sohn, Friedrich, der in Pavia geboren wurde, ließ sie in Italien in der Obhut eines Markgrafen zurück. Fünf der Kinder starben vor ihr.
Doch Beatrix scheint großen Einfluss auf die Erziehung ihrer Söhne und Töchter genommen zu haben. Sie selbst wusste, wie wertvoll eine umfassende Bildung war. Ohne ihr Wissen und ihre Sprachkenntnisse hätte Beatrix sich nie ihren herausragenden Platz im Hofstaat Barbarossas erarbeiten können. So dürfte die vielgerühmte Belesenheit von Heinrich VI., ihrem zweiten Sohn und Thronfolger Barbarossas, auch auf sie zurückgehen.
Die hochgebildete Grafentochter, die – im Gegensatz zu ihrem Mann – Latein sprechen, schreiben und lesen konnte, pflegte regen Umgang mit den großen Dichtern ihrer Zeit. Sie trat als Gönnerin auf, empfing gern Barden und andere Künstler zu ihren Festen und entlohnte sie großzügig. Die dankten es ihr, indem sie die hohe Herrin auch mal als »Madonna« beschrieben. Der berühmte Gautier d’Arras widmete ihr gleich ein ganzes Heldenepos, »Ille et Galeron«.
Mit ihrer Neigung zu den schönen Künsten, der Etablierung der (französischen) höfischen Kultur im Staufer-Haus
stellte Beatrix die kulturellen Weichen – und setzte sich selbst ins rechte Licht. Dafür zu sorgen, dass die Zeitgenossen den Herrscher als edel, ruhmreich und mächtig wahrnahmen, sah sie offenbar als eine ihrer vornehmsten Pflichten an. Und dass sie selbst als strahlender Stern gepriesen wurde, passte in ihr kluges PR-Konzept.
Ihre Beziehung mit Barbarossa wird in zeitgenössischen Quellen als glücklich und liebevoll dargestellt; sie beschreiben den Umgang der Eheleute miteinander jedenfalls nicht nur als höflich und respektvoll, wie es ihrem Stand entsprach, sondern zitieren Anreden wie »Geliebte«, »liebe Freundin«, »unsere Geliebteste«. Historiker glauben gar, diese Verbindung sei die »glücklichste innerhalb der staufischen Familie« gewesen.
Beatrix’ großer Einfluss auf den Staufer war ein offenes Geheimnis, und Bittsteller wussten sich das zunutze zu machen. Es war keineswegs unüblich, dem Kaiser Geldgeschenke zu machen, um ihn für eine Sache zu gewinnen. Bemerkenswert ist aber, dass auch Beatrix als Empfängerin solcher Zuwendungen genannt wird. 1167, so wird berichtet, habe sie bei der Beratung um die Nachfolge des Bischofs Nikolaus von Cambrai ihren Gemahl vor zahlreichen Gesandten aufgefordert, er möge einem Verwandten von ihr den Vorzug geben. Es kam zu einer Doppelwahl, und Petrus von Flandern, über die mütterliche Linie mit Beatrix verwandt, ging als Sieger hervor.
Wie andere Königinnen und Kaiserinnen agierte
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