Die Staufer und ihre Zeit
kalten Fluten des Bergflusses Saleph ein Bad. Dabei geschieht das Unfassbare: Der 67-Jährige ertrinkt.
Seine Soldaten können den von Verwesung bedrohten Leichnam des Kaisers nicht konservieren. Sie kochen den Toten, um sein Fleisch vom Körper zu trennen. Seine Eingeweide, sein Fleisch und sein Skelett bestatten sie an verschiedenen Orten im Südosten der heutigen Türkei und des jetzigen Libanon.
Des Kaisers Gebeine bleiben unauffindbar. In den Mythen des Volkes aber lebt die tragische Gestalt Barbarossas, des geschicktesten und wagemutigsten der deutschen Könige, weiter.
GEFÄHRTIN UNSERES REICHES
Die Frauen der Staufer waren nicht nur auf ihre höfische Rolle beschränkt. Wie viel politischen Einfluss sie hatten, zeigt das Beispiel von Kaiserin Beatrix, der Gattin Barbarossas.
Von Katharina Stegelmann
Noch mehr als 800 Jahre nach ihrem Tod inspirierte ihre sagenhafte Schönheit einen Italiener. Der Schriftsteller Umberto Eco, bekannt für seine historische Akribie, stieß bei den Recherchen für seinen Mittelalterroman »Baudolino« auf einen begeisterten Bericht: Die Kaiserin Beatrix, schrieb der Chronist Acerbus Morena, »hatte glänzendes und goldenes Haar, ein sehr schönes Antlitz, weiße und schön gebildete Zähne; sie ging aufrecht, hatte einen kleinen Mund, züchtigen Blick, leuchtende Augen, war zurückhaltend, besaß sehr schöne Hände und einen schlanken Körper«.
Seinen frei erfundenen Titelhelden Baudolino lässt Eco bei diesem Anblick fast den Verstand verlieren. Der Bauernjunge mit dem sagenhaften Sprachtalent, der von Kaiser Friedrich I. Barbarossa gefördert wird, konnte »keinen Muskel mehr rühren und starrte sie mit aufgerissenen Augen an«, als er sie zum ersten Mal sah.
Die um 1142 geborene Erbtochter des Grafen von Burgund, Rainald III., aus der Verbindung mit Agathe von Lothringen, war die zweite Frau Barbarossas. Von seiner ersten, Adela von Vohburg, hatte sich Friedrich 1153 scheiden lassen, die Ehe war kinderlos geblieben.
Durch die Heirat mit der Burgunderin kamen nun die reichen Länder Hoch-Burgund, Savoyen und die Provence in Barbarossas Herrschaftsbereich. Das stärkte die staufische Hausmacht und bot große strategische Vorteile. Zudem stammte Beatrix aus einer alten, hochgestellten Familie, die Verbindung steigerte das Prestige des Kaisers aus dem Schwabenland.
Bei der Hochzeit 1156 in Würzburg war Beatrix ungefähr 13, keinesfalls älter als 16 Jahre – ihr Bräutigam war etwa 20 Jahre älter. Kurz zuvor war die Braut, die 5000 Ritter in voller Rüstung mit in die Ehe gebracht haben soll, zur Königin gekrönt worden.
Die zweite große Zeremonie, die für Beatrix von entscheidender Bedeutung war, fand elf Jahre später statt: Sie wurde am 1. August 1167 in Rom zur Kaiserin gesalbt. Doch was als triumphaler Festakt gedacht war, geriet zum Desaster. Nach einem langen, blutigen Feldzug durch Italien belagerte Barbarossa die Stadt. Papst Alexander III. weigerte sich, den Deutschen zu empfangen; dessen Frau die Kaiserwürde zu verleihen war für ihn undenkbar. Kein Wunder – seit 1159 unterstützte der Rotbart stets den Gegenpapst. Der aktuelle, Paschalis III., hatte praktischerweise den Italienfeldzug im kaiserlichen Gefolge begleitet und krönte nun Beatrix, nachdem die staufischen Truppen endlich die Peterskirche erobert hatten, im schwerbeschädigten Gotteshaus.
Viel Zeit, den Augenblick zu genießen, blieb Beatrix nicht. Die Sommermalaria grassierte; das Kaiserpaar ergriff die Flucht nach Norden. Bei Pontremoli kam es zu Kämpfen. Die Kaiserin selbst soll zu den Waffen gegriffen haben: Mit Schilden gedeckt, entkam sie nur knapp den Pfeilen der Angreifer – erzählt die Legende.
Ähnlich legendär ist auch ihr Auftritt 1176 am Comer See, als Barbarossa seinen ungeliebten Vetter Heinrich den Löwen bewegen wollte, ihm Truppenunterstützung für den nächsten
Italienzug zu gewähren. Beatrix traute ihren Augen nicht: Der Kaiser fiel auf die Knie – ein Skandal! Sie reichte ihrem Mann die Hand und forderte ihn auf, aufzustehen. Sie sagte: »Erhebe dich, mein Herr, und sei eingedenk dieses Falles, und der liebe Gott wird es sein.« Die schöne, kluge Burgunderin, mit roten Flecken auf ihrem »milchweißen Hals«, soll es nicht ertragen haben, dass sich der Kaiser des Römischen Reiches derart erniedrigte.
So schildert es Wilhelm von Giesebrecht, Historiker des 19. Jahrhunderts, aber das meiste ist wohl Phantasie. Die beiden Widersacher trafen sich zwar
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