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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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beeile dich!«
    Der Torsklave nickte und war im nächsten Augenblick verschwunden. Unterdessen setzte Beatrice sich neben Saddin auf das schmale Bett und strich ihm das feuchte Haar aus dem Gesicht.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie leise und legte ihre Hand auf seine Stirn. Sie war heiß, er bekam Fieber – kein gutes Zeichen.
    »Ich habe mich schon besser gefühlt«, antwortete er, und ein schwaches, gequältes Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Ist Suleiman versorgt? Er braucht unbedingt Wasser und etwas zu fressen. Und sage den Leuten hier, dass er einen eigenen Stall bekommt. Und niemand soll ihn anfassen, er wird leicht nervös und…«
    Beatrice schüttelte lächelnd den Kopf. »Mache dir keine Sorgen, deinem Pferd geht es gut«, unterbrach sie ihn und gab ihm einen Kuss. »Ich wünschte, ich könnte das auch von dir sagen«, fügte sie leise hinzu. In diesem Augenblick betrat Ali die Patientenkammer. Sein Gesicht war verquollen, er hatte dunkle Ringe unter den Augen, sein Haar stand zu allen Seiten ab, und seine Kleidung war so zerknittert, als hätte er darin geschlafen.
    »Beatrice!«, rief er, und Beatrice glaubte Erleichterung und Freude aus seiner Stimme herauszuhören.
    »Bei Allah, wo bist du gewesen? Was ist geschehen? Wie kommst du wieder hierher? Warum bist du…«
    »Später, Ali, später«, unterbrach Beatrice ihn. »Ich werde dir alles erzählen, aber jetzt ist es wichtig, dass du mir zuhörst und meine Anweisungen genau befolgst.« Sie deutete auf Saddin. »Wir müssen ihn operieren. Sofort. Dringend. Suche die schärfsten Skalpelle heraus, die du besitzt, sowie kleine Zangen. Außerdem brauche ich mindestens zwei kleine scharfe Scheren und das Nahtmaterial, das du zum Schließen von Wunden verwendest – Nadeln, Seide, dünne Sehnen, egal was du gerade vorrätig hast. Lass alles auf schnellstem Wege in die Küche bringen. Die Sklavin soll Instrumente, Nahtmaterial und ein paar Gabeln und Löffel in Wasser auskochen. Aber schärfe ihr ein, dass sie anschließend nichts davon mit den Händen berühren darf. Unter gar keinen Umständen! Sie soll alles mit einer Zange oder etwas Ähnlichem aus dem Topf holen und dann Instrumente und Nahtmaterial auf eine absolut reine Platte legen, mit einem sauberen, frisch gewaschenen und noch nicht gebrauchten Tuch abdecken und wieder hierher bringen. In der Zwischenzeit holst du das Opium. Und bitte beeile dich, denn wir haben nur noch wenig Zeit. Und lasse auch Spiegel und Öllampen besorgen, wir brauchen hier mehr Licht.«
    Ali nickte und kehrte wenig später mit dem Opium zurück.
    »Was hast du vor?«, fragte er Beatrice und warf einen neugierigen Blick auf Saddin, der mit totenbleichem Gesicht auf dem schmalen Bett lag.
    »Saddin hat eine Entzündung eines Darmabschnitts, der euch, soweit ich weiß, noch nicht bekannt ist. Wir müssen diesen Darmabschnitt entfernen, sonst stirbt er.«
    Ali sah sie an, als zweifelte er ernsthaft an ihrem Verstand. »Verstehe ich dich richtig, du willst ihm den Bauch aufschneiden?«, rief er aus. »Bist du verrückt? Was hat dir der arme Mann getan? Wenn du ihn schon umbringen willst, dann mach es auf eine schnellere Weise.«
    Beatrice seufzte und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß, es ist riskant, aber ich muss es tun. Wenn ich es nicht versuche, wird er auf jeden Fall sterben. So hat er wenigstens eine wenn auch geringe Chance, das Ganze zu überleben.« Sie sah Ali flehend an. »Ich werde Hilfe benötigen, fachkundige Hilfe. Wirst du mich unterstützen?«
    Es dauerte, bis Ali antwortete. Lange sah er Saddin an. Beatrice wurde allmählich nervös. Sie hatte ihm doch erklärt, dass sie sich beeilen mussten. Weshalb ließ Ali sich so viel Zeit? Doch endlich, als sie schon nach Alternativen suchte, nickte er.
    »Ja, ich werde dir helfen.«

    Eifersucht – bohrende, nagende Eifersucht. Jenes Gefühl, dessen Existenz er für sich selbst immer geleugnet und dessen Auswirkungen er bei anderen stets milde belächelt hatte – nun hatte es ihn gepackt. Und weshalb? Nur weil Beatrice sich über Saddin gebeugt und ihn geküsst hatte. Weil sich eine Frau, seine Frau, um genau zu sein, um einen anderen sorgte, einen Nomaden, einen ungebildeten Pferdehändler, dessen Haus aus einem Zelt mit sandigem Boden und irdenem Geschirr bestand. Mit einem Mal sah Ali die Geschichten und Verse der Dichter über die Leiden der Eifersucht mit anderen Augen; es waren in der Tat Höllenqualen.
    Während Ali äußerlich scheinbar

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