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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prevost Andre
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nicht gibt?«
    »Es gibt sie nicht mehr! Mein Vater hat sie kurz vor seinem Tod fast alle vernichtet. Anscheinend rechnete er damit, dass diese Gerüchte Begehrlichkeiten wecken könnten. Er wollte nicht, dass sein Haus oder sein Grab geschändet würde, um ihrer habhaft zu werden. Und er hatte damit nicht unrecht, wie man sieht.« »Aber wie werdet Ihr mir dann helfen können?«, fragte Samuel beunruhigt.
    »Setni hat mir dieses hier für dich anvertraut.«
    Langsam zog Ahmousis einen der großen Ringe, die er an der rechten Hand trug, ab. Es war ein Goldring, mit einem runden Skarabäus besetzt, der durchsichtig bernsteinfarben schimmerte und eine rote Perle auf dem Rücken trug.
    »Weißt du, wofür bei uns der Skarabäus steht? Er symbolisiert zugleich das Sein und das Werden. Du hast sicher schon gesehen, wie er auf dem Boden krabbelt und dabei eine kleine Kugel aus Mist vor sich herrollt? Der Skarabäus ist der, der wandert und transportiert. . . Ich musste meinem Vater schwören, diesen Ring bis zu seinem Begräbnis bei mir aufzubewahren. Wenn du der Junge wärst, an den er gedacht habe, so versicherte er mir, wüsstest du, was du damit tun musst.«
    Es klopfte zweimal an der Tür.
    »Ahmousis!«, rief eine gedämpfte Stimme. »Soeben ist der Gesandte des Wesirs eingetroffen.«
    Der Priester runzelte die Stirn.
    »Entschuldige mich, ich muss dich noch einmal allein lassen. Es wird nicht lange dauern.«
    Er verließ den Raum, und Sam blieb mit dem Ring zurück. Er drehte und wendete den gläsernen Skarabäus auf der Handfläche. »Der, der wandert und transportiert. . .« Setni mochte vielleicht Sam in einem seiner Träume begegnet sein, doch selbst wenn dem so war, eine Gebrauchsanweisung für den Skarabäus hatte er ihm nicht hinterlassen . . . Ein bedauernswertes Versehen!
    Mit einem tiefen Schluck leerte Samuel seinen Becher Bier. Das Getränk gab ihm ein angenehmes Gefühl von Wärme und hatte zudem eine beruhigende Wirkung. In Zukunft musste er aufpassen, dass er nicht zum Alkoholiker würde, dachte er. Also, dieser Ring . . . Der Skarabäus hatte etwa zwei Zentimeter Durchmesser. Er war ganz flach; sein Panzer und seine Beine waren mit großer Sorgfalt in das Glas graviert. Die rote Perle bildete eine perfekte, glatte Rundung. Was brauchte Sam, um in seine Welt zurückzukehren? Eine Art Geldstück oder Münze mit einem Loch in der Mitte. Konnte man das Schmuckstück irgendwie auf dem Sonnenstein anbringen – der irgendwo im Grabmal des Setni zu finden sein musste? Nein ... Was folgte daraus? Man musste den Skarabäus von der Perle und vom Ring trennen. Leicht gesagt! Und wenn er dabei den schönen Ring zerstörte, den Ahmousis von seinem verstorbenen Vater geerbt hatte? Das Risiko musste er eingehen. Außerdem war er reich genug und hatte bestimmt eine gute Versicherung! Samuel kicherte albern. Er vertrug keinen Alkohol . . .
    Er versuchte, den Ring abzuschrauben, und nach einigen Ansätzen hörte er auf einmal ein leises »klick«. Tatsächlich war der Ring durch den Körper des Insekts hindurch mit der Perle verbunden; die drei Teile ließen sich ohne großen Aufwand voneinander lösen. Danach hatte der gläserne Skarabäus ein wunderschönes Loch in der Mitte und konnte sehr gut als magische Münze eingesetzt werden. Seine Rückfahrkarte! Denn er musste zurückkehren, so schnell wie möglich!
    Allerdings mussten vorher die Wände und die Decke des Raumes aufhören zu schwanken . . .
    »Tut mir leid«, stöhnte Sam.
    Er hatte einen furchtbaren Brummschädel, ein Gefühl, als hätte sein Kopf zwölf Stunden in einer Zange gesteckt. Das grelle Sonnenlicht stach ihm in die Augen, und seine Beine gehorchten ihm nur mit Mühe.
    »Das ist meine Schuld«, versicherte Ahmousis. »Ich hätte dir niemals auf leeren Magen dieses Bier anbieten dürfen.«
    Sie standen vor Setnis Grabmal. Von hier oben hatte man eine atemberaubende Aussicht auf das Niltal. Die Sonne befand sich im Zenit und erdrückte das kleine Dorf Set-Maat unter ihrer Hitze. Sam dachte an Peneb, Nout, Didou und Biatou. Sie waren fast so etwas wie eine Familie für ihn geworden ... Er hätte sie gern noch einmal wiedergesehen, aber Ahmousis hatte nur sehr wenig Zeit: Der Wesir hatte ihn am frühen Nachmittag zu sich bestellt. Die Nachforschungen kamen mit großen Schritten voran, Mekhnat und der Schreiber waren so gut wie überführt. Trotzdem hatte Ahmousis darauf bestanden, Sam bis hierher zu begleiten.
    »Machst du dir Sorgen um die Arbeiter,

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