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Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Titel: Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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als vergrößertes Holo auf und lies es die beiden lesen. Die erste beglaubigte Mail, die er im Leben erhalten hatte – und dann von seinen Eltern! Damit kein Zweifel blieb, dass sie wirklich von ihnen kam und alles die Wahrheit war, was darin stand.
    Er las die Buchstaben, die Worte auch noch einmal und fühlte sich innerlich wie versteinert. Er würde Ariana nicht wiedersehen, hieß das. Es machte ihn ganz stumpf im Kopf, diesen Gedanken zu denken. Ariana. Ihre Augen, die so feurig blicken konnten. Ihre Haut, die so dunkel getönt war, sonderbar unpassend für einen Planeten, auf dem die Sonne kaum mehr als ein Halbdunkel zustande brachte. Ihre Haare und wie sie flogen, wenn sie Jiu-Jitsu übte . . . Etwas in seinem Hirn schmiedete wilde Pläne, hundert pro Minute. Wie er das Geld für einen Marsflug zusammenkriegen konnte, der eigentlich unbezahlbar teuer war. Ein Spendenaufruf im Virtu vielleicht; vor ein paar Jahren hatte mal jemand so was Ähnliches durchgezogen . . . Oder er schaffte es, dass ihn jemand zum Mars schickte. So wie ein paar Nachrichtennetze zusammengelegt hatten, um Wim Van Leer zu entsenden. Wenn das Siedlungsprogramm wieder aufgenommen wurde, konnte er . . .
    Gar nichts. Im Moment konnte er gar nichts machen.
    »Nach Genf also«, sagte Carl.
    »Ja«, sagte Urs. Zurück an seine alte Schule. Zurück zu Leuten, die er für Freunde gehalten hatte, von denen sich aber die meisten kein einziges Mal mehr gemeldet hatten, als er abgereist war.
    Genf. Seine Eltern beabsichtigten, in ihre alte Wohnung zurückzuziehen. Das Jahr, bis sie ankamen – es würde ein bisschen mehr als ein Jahr sein –, sollte er in dem angeschlossenen Schulinternat überbrücken.
    »Schon seltsam«, meinte Carl gedankenverloren. »Als du damals auf den Mars gekommen bist, habe ich alles versucht, damit du umgehend wieder verschwindest. Wie lange ist das her? Zwei Monate? Und jetzt finde ich die Vorstellung, dass du nicht mehr bei uns sein könntest, richtiggehend entsetzlich.«
    Urs sah ihn überrascht an. »Ehrlich?«
    »Ja.«
    Er wusste nicht, was er sagen sollte. In dieser Weise hatte man an den Schulen, die er besucht hatte, nicht miteinander geredet. Man hatte immer nur versucht, stark zu wirken und so, als habe man alles im Griff.
    Die ersten Tage auf dem Mars . . . Das würde er nie vergessen, im Leben nie. Wie ihn die berühmten Marskinder geschnitten hatten. Wie er zwischen ihnen gesessen und sie geschwiegen hatten, eisern geschwiegen . . . Entsetzlich war es gewesen. Und Carl war der Initiator gewesen.
    Derselbe Carl, den er, wie ihm jäh klar wurde, inzwischen genauso vermissen würde, wenn sich ihre Wege trennen sollten.
    Er wandte den Kopf, sah aus dem Fenster, rieb sich die Schläfen. Nicht dass ihm jetzt am Ende die Tränen kamen.
    »Wenn in zwei Monaten so viel passieren konnte«, sagte Elinn, »dann kann in einem Jahr doch noch viel mehr passieren. Oder?«
    Urs sah sie verblüfft an, sah, dass es Carl genauso ging.
    »Guter Gedanke«, stimmte Carl ihr zu.
    »Ja«, sagte Urs. »Sehr guter Gedanke.«
    Im Grunde war es völlig unvernünftig. Trotzdem schöpfte er auf einmal wieder Hoffnung; heiße, starke Hoffnung. Es war ein gutes Gefühl. Und die Vernunft konnte ihn mal.
    Wer weiß, wie es weitergegangen wäre – ob sie sich wenig später alle drei heulend in die Arme gesunken wären oder so etwas in der Art –, wenn nicht in diesem Moment Mrs Onyango hereingeplatzt wäre, in die Hände geklatscht und grufen hätte: »Kinder! Sechzehn Uhr. Ihr müsst euch fertigmachen für die Klinik. Der Konvoi ist schon unterwegs.«
    Damit war alle Rührseligkeit so gründlich verschwunden, als hätte ein Stoß mit dem Hochdruckreiniger sie zur Tür hinausgeblasen.
    »Eins weiß ich«, raunte ihm Carl im Hinausgehen zu. »Wenn ich erst erwachsen bin, lass ich mich nie wieder von irgendjemandem herumkommandieren.«
    Doch es war nicht der Konvoi von heute Morgen, der vorfuhr, sondern ein ganz gewöhnlicher Bus, wie man ihn für den Stadtverkehr einsetzte. Er war dunkelblau lackiert und sah völlig unauffällig aus, was Urs eine gute Idee zu sein schien.
    Mrs Onyango allerdings war ganz und gar unzufrieden. »Ihr wartet hier«, verfügte sie. Dann sagte sie etwas auf Kisuaheli zu den vier Wachsoldaten in der Halle, das scharf klang und bewirkte, dass diese sich ruckartig streckten und ihre Gewehre fester packten, ging hinaus und fing an, zu gestikulieren und zu streiten.
    Der Busfahrer stieg aus. Er trug die schneidige

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