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Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Titel: Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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nicht aufgefallen war, und begann zu sprechen. »Meine Damen und Herren, in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften setze ich Sie hiermit davon in Kenntnis, dass diese Videokonferenz aufgezeichnet und von einem zertifizierten Dokumentationssystem fälschungssicher gespeichert wird.«
    Yin Chi bekam mit, wie Pigrato heftig einatmete und wie seine Hand nach der Lehne des vor ihm unter den Schreibtisch geschobenen Stuhls fasste, so, als suche er Halt. Die übrigen Anwesenden tauschten verwunderte Blicke. Offenbar war diese Ankündigung etwas sehr Ungewöhnliches, schloss Yin Chi.
    »Heute mittag Ortszeit hat der Ausschuss für Marsangelegenheiten der Regierung der Förderation der Staaten der Erde getagt, um die Ereignisse und Erkenntnisse der letzten Tage zu besprechen und zu bewerten sowie über zu treffende Maßnahmen zu beraten. Den Vorsitz führte Präsident Nayanar höchstpersönlich.«
    Yin Chi hörte Pigrato etwas flüstern, nein, eigentlich war es eher ein Hauchen. Es klang wie »Merde« – was, soweit der chinesische Wissenschaftler wusste, ein heftiges Schimpfwort im Französischen war, der Muttersprache des Statthalters.
    Auf dem Schirm sah der Senator von seinem Blatt auf. Es war ein äußerst unfreundlicher Blick. »Besonderen Unmut erregte der Umstand, dass wesentliche Sachverhalte, von denen wir in den letzten Tagen erfahren haben, auf dem Mars bereits seit Längerem bekannt waren. Die Verantwortung dafür, dass die zuständigen Stellen nicht informiert wurden, sieht der Ausschuss einhellig bei Statthalter Tom Pigrato.«
    Es kam Yin Chi vor, als hielte in diesem Augenblick jeder im Raum den Atem an.
    »Tom Pigrato«, fuhr der Senator mit scharfer, kalter Stimme fort. »Der Ausschuss für Marsangelegenheiten ist zu der Auffassung gelangt, dass Sie mit Ihrer Entscheidung, der Erde Informationen von möglicherweise existentieller Bedeutung vorzuenthalten, Ihre Kompetenzen überschritten haben. Man hat mich als Ihren disziplinarischen Vorgesetzten beauftragt, Ihnen mitzuteilen, dass Sie mit sofortiger Wirkung Ihres Amtes als Statthalter der Föderationsregierung auf dem Mars enthoben sind. Sie dürfen keine Anweisungen mehr erteilen und Ihre bisherigen Mitarbeiter sind nicht mehr befugt, Anweisungen von Ihnen entgegenzunehmen. Bis ein neuer Statthalter entsandt werden kann, wird Doktor Yin Chi, ehemaliger Leiter der Marsstation der Asiatischen Allianz, zum kommissarischen Statthalter berufen.«
    Yin Chi hatte einen Moment Mühe, Haltung zu bewahren. Er? Das war …überraschend. Gelinde gesagt.
    Mrs Wowolcze übernahm das Wort. Sie sprach mit genau jener Entschiedenheit, mit der sie sonst die sechshundert Abgeordneten des Weltparlaments im Zaum hielt. »Doktor Yin, ich spreche in Vertretung von Senator Deng, der heute nicht abkömmlich war.«
    Yin Chi nickte unwillkürlich. Das wunderte ihn nun allerdings nicht. Deng Tao-Wan hatte innerhalb der Asiatischen Allianz dieselbe Position inne wie Senator Bjornstadt auf der Ebene der Föderationsregierung: Er hatte das Projekt der asiatischen Staaten geleitet, den Mars auf eigene Faust zu erforschen. Seit der Zerstörung der asiatischen Marsstation war von diesem Vorhaben nicht mehr oft die Rede gewesen. Außer ein paar nichtssagenden Mails hatte Yin Chi von Senator Deng seither nichts mehr gehört.
    Diese Ernennung nun zeigte, dass sich seit der Entdeckung der blauen Türme in der Politik mehr verändert haben musste, als Yin Chi erwartet hatte. Der Alleingang der Allianz in Sachen Mars war offenbar zu Ende.
    Aber natürlich blieb es ein Gesichtsverlust. Und deswegen sprach Deng nicht selber mit ihm.
    »Sie werden«, fuhr die Vorsitzende fort, »in Kürze eine entsprechend signierte und beglaubigte Anweisung Ihrer vorgesetzten Dienststelle in Ihrem Maileingang vorfinden. Ich weise darauf hin, dass Ihre Berufung bindend ist und Ihres Einverständnisses nicht bedarf. Sollten Sie wichtige Gründe haben, die Sie daran hindern, Ihre Pflichten als kommissarischer Statthalter der Erdregierung auf dem Mars ordnungsgemäß zu erfüllen, so müssen Sie sie dem Ausschuss zur Kenntnis bringen, der dann darüber zu beraten hat.«
    Der Senator übernahm die weitere Verlesung des Beschlusses. »Tom Pigrato, Sie sind hiermit gehalten, sämtliche Schlüssel und Passwörter an Doktor Yin herauszugeben, desgleichen die dem Statthalter zustehende Dienstwohnung. Darüber hinaus setze ich Sie hiermit davon in Kenntnis, dass der Ausschuss morgen früh beim Obersten

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