Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4
ausmachen.«
»Sie ist nicht in ihrem Zimmer und ich weiß nicht, wo sie steckt.« Es hatte auch nicht mehr nach Schlaf gerochen, wurde Carl bewusst. Elinn musste schon eine ganze Weile weg sein. »Ich mache mir Sorgen, dass sie …wie auch immer. Ich wüsste einfach gerne, wo sie steckt.« AI-20, war ihm eben eingefallen, wusste ja nichts von den neuen Artefakten und der Theorie, dass man mit ihrer Hilfe die Türme passieren konnte.
»Die Standortüberwachung ist aus Kapazitätsgründen im Augenblick eingeschränkt«, erklärte AI-20. »Außerdem kann es sein, dass Elinn sich ohne ihren Kommunikator in privaten Räumen aufhält. In diesem Fall kann ich sie ebenfalls nicht lokalisieren.«
Elinns Kommunikator . . . Carl sah sich um, konnte ihn aber nirgends entdecken.
Aber ja, das mit den privaten Räumen . . . Vielleicht war sie bei Ariana. Die beiden Mädchen steckten bisweilen zusammen und manchmal zu den unmöglichsten Gelegenheiten.
»Gut, danke«, sagte Carl. Eine Sache fiel ihm noch ein. »Angenommen, ich würde zum Löwenkopf wollen, wann ginge da heute der erste Flug?«
Diesmal kam die Antwort sofort. »Der erste Passagierflug zum Löwenkopf ist für heute Vormittag elf Uhr vorgesehen. Wegen der besonderen Sicherheitsmaßnahmen würdest du jedoch eine ausdrückliche Erlaubnis von Mister Pigrato benötigen, um mitfliegen zu dürfen.«
Das klang doch irgendwie schon mal beruhigend. »Danke«, sagte Carl und unterbrach die Verbindung, um Arianas Nummer zu wählen.
»Mmmhja?« Sie hatte noch geschlafen. Und klang eher ungnädig.
»Elinn ist verschwunden«, sagte Carl. »Und ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll.«
»Machen? Was? Wieso, was musst du machen?« Sie schien Schwierigkeiten zu haben, richtig wach zu werden. Was nicht so klang, als sei Elinn bei ihr. »Was heißt das überhaupt, Elinn ist verschwunden?«
Er erzählte es ihr. Und auch, welchen Verdacht er hatte. »Allerdings geht der erste Passagierflug erst heute um elf, hat mir AI-20 gesagt. Sie müsste sich also noch irgendwo in der Siedlung versteckt halten.«
»Passagierflug?« Es hörte sich an, als setze sich Ariana auf. Es hörte sich auch an, als sei sie auf einmal geradezu hellwach. »Und was ist mit Versorgungsflügen? Heute früh muss ein Flugboot gestartet sein, das habe ich gehört. So um vier Uhr herum.« Ariana wohnte weiter oben, in der Nähe des Stationsmoduls 5. Das Landegestell der Flugboote hing sozusagen direkt über ihrem Kopf.
Carl furchte die Stirn. »Aber wie will sie das anstellen, mit einem Versorgungsflug mitzufliegen?«
»Indem sie den Raumanzug anzieht und sich in der hinteren Sitzbank versteckt«, erklärte Ariana. »Das hat sie vor ein paar Jahren schon einmal gemacht.«
»Was? Davon weiß ich ja gar nichts.«
»Ja«, sagte Ariana. »Kann gut sein, dass du davon nichts weißt. Mir hat sie es aber mal erzählt.«
Elinn spürte, wie das Zittern in ihr zunahm. Je länger sie wartete, desto größer wurde die Gefahr, dass man sie doch noch entdeckte. Aber was sollte sie tun?
Es war schrecklich, so allein mit alldem zu sein. Es war schrecklich, dass nun auch die anderen gegen sie waren. Das wäre ein Abenteuer gewesen, das sie gemeinsam hätten bestehen können. Nun musste sie es auf sich allein gestellt bewältigen.
Sie seufzte. So alleine war es viel schwieriger, keine Angst zu haben. Wenn sie nicht so deutlich gespürt hätte, dass da jemand war, der nach ihr rief, wäre sie wahrscheinlich umgekehrt. Aber so . . .
Sie kniff die Augen zusammen, verfolgte die Kabel, die die Scheinwerfer mit Strom versorgten. Ein paar davon liefen hierher, zu dem Stromaggregat, hinter dem sie stand. Ob sie die einfach abziehen konnte? Dann würde ein Teil der Umgebung des Turms so dunkel werden, dass man sie kaum bemerken würde, wenn sie sich ihm näherte.
Sie betrachtete die Anschlüsse auf dem Verteiler. Das sah nicht so aus, als konnte man die einfach so abziehen. Die Stecker waren mit breiten Bügeln festgeklemmt und die Bügel waren auch irgendwie gesichert; wie, konnte sie von dem Platz aus, an dem sie stand, nicht erkennen.
Außerdem, fiel ihr ein, würde das sicher Alarm auslösen. Der würde losgehen, sobald sie den ersten Stecker herauszog – wenn sie das überhaupt schaffte! –, und noch ehe sie den letzten draußen hatte, würde das ganze Lager wahrscheinlich vor Leuten wimmeln. Nein, das war keine gute Idee.
Aber andererseits . . . Im Moment war doch alles ruhig. Niemand war zu sehen. Angenommen, sie
Weitere Kostenlose Bücher