Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4
hinaus weitergehen sollte . . . Er hatte keine Ahnung. Die Situation war katastrophal.
»Schaut doch«, hörte er Elinn plötzlich flüstern.
Urs riss die Augen auf.
Da war eine riesige Flugmaschine am Himmel. Silbern schimmernd, mit klobigen Flügeln und voller bunt blinkender Lichter schwebte sie heran und zog dröhnend über sie hinweg, ohne sie zu bemerken.
Urs hatte sich aufgerichtet, um der Maschine nachzusehen, wie sie behäbig in der Ferne entschwand. Carl ebenfalls. »Das wäre was für Ronny gewesen«, meinte er.
Urs ließ sich zurück auf den Boden plumpsen. »Auf jeden Fall wissen wir jetzt, dass der Planet bewohnt ist.«
Carl schlug die Augen auf, hob den unglaublich schweren Kopf. Hatte er geschlafen? Anscheinend.
Es war immer noch Tag auf dem fremden Planeten. Die Sonne stand tief am Himmel, bereit, bald unter den Horizont zu sinken, nach wie vor ein greller Feuerball. Ihr Licht warf lange, harte Schatten über das Land. Sie waren allein geblieben. Die Begegnung mit dem Fluggerät hatte sich nicht wiederholt. Der Planet mochte bewohnt sein, aber er war es offensichtlich nicht überall.
Carl stemmte sich hoch. Alle Muskeln schmerzten, doch man gewöhnte sich daran. Es war nicht mehr so mörderisch wie am Anfang.
Dunkelgraue, an den Rändern leicht violett schimmernde Wolken türmten sich am Himmel auf, immer höher und höher. Sie kamen Carl beinahe massiv vor. Wie Mauern am Firmament.
Er beugte sich über Elinn, hielt die Hand vor das Visier ihres Helms, sodass die Verdunkelung nachließ und er ihr Gesicht sehen konnte. Sie schlief fest, atmete aber heftig. Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben und ihre Brust hob und senkte sich ruckartig.
Er sah auf die Anzeige ihres Tornisters. Da war alles okay. Die Energie würde noch lange reichen. Was das anbelangte, brauchten sie die Hoffnung noch nicht aufzugeben.
Bloß die Schwerkraft . . . Die machte ihr zu schaffen. Ihnen allen, aber Elinn am meisten.
Er stieß Urs leicht an. Der zuckte hoch, hatte wohl auch geschlafen. Carl bedeutete ihm, still zu sein und eine exklusive Sprechverbindung zu schalten.
»Ich will Elinn nicht aufwecken«, sagte er, als das entsprechende Signal aufleuchtete.
»Klar«, meinte Urs.
»Ich überlege, was das heißt. Dass der Planet bewohnt ist, meine ich.«
Urs überlegte. »Dass wir früher oder später auf Aliens treffen, nehme ich an.«
»Eben. Aber ist das gut oder schlecht?«
»Keine Ahnung.«
»Ich weiß es auch nicht.« Carl sah hinüber zu den eigenartigen Spitzdächern, denen sie nur unwesentlich näher gekommen waren. »Die Frage ist, ob wir eine Begegnung überhaupt riskieren sollen.«
Urs setzte sich auf. »Ist die Frage nicht eher, ob wir eine andere Wahl haben?«
Carl sah ihn forschend an. »Du meinst, dass sie uns helfen können?«
»Wer denn sonst? Professor Caphurna vielleicht? Was hat der denn über die Türme herausgefunden, seit er daran herumforscht? Nichts. Also – warum soll er jetzt auf einmal herausfinden, wie sie funktionieren?«
Das war nicht das, was Carl zu hören gehofft hatte, aber im Grunde das, was er selber befürchtete. Vom Mars war im Augenblick keine Hilfe zu erwarten.
»Und wenn uns die Bewohner dieses Planeten nicht helfen wollen? Wenn sie uns stattdessen, sagen wir, lecker finden und aufessen?«
Urs hob die Hände und ließ sie wieder fallen. »Ja. Okay. Wäre Pech. Aber vielleicht stecken ja doch diejenigen hinter allem, die Elinn die Artefakte geschickt haben, oder? Und die könnten es gut mit uns meinen.«
Carl musste an die Wesen denken, die er in den gläsernen Höhlen gesehen hatte. Diese großen, dürren, insektenartigen Aliens in ihren Särgen . . . Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Würden sie deren Artgenossen demnächst gegenüberstehen?
»Ich kann mir das nur schwer vorstellen«, bekannte er. »Dass die es gut mit uns meinen.«
»Warum nicht?«
»Du hast die Aliens nicht gesehen, Urs. Und die Fotos …das ist nicht dasselbe.«
Urs schwieg nachdenklich. Schließlich sagte er: »Dann muss uns etwas anderes einfallen. Ich meine, wenn die solche Geräte bauen wie die blauen Türme, dann …was weiß ich? Vielleicht finden wir ja die Steuerung dafür?«
Carl nickte. »Auf jeden Fall haben die die Möglichkeit, uns nach Hause zu bringen. Du hast recht.« Er bewegte den Kopf, rieb eine juckende Stelle am Kinn an der Innenseite des Halsrings. »Ich glaube aber, wir sollten nicht weiter direkt auf diese …Gebäude oder was das ist
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