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Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Titel: Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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im Netz zu sein. Irgendein Gerät zu haben, das einen mit anderen verband, im Permalink am besten, und sei es nur ein simpler Earplug, der einem den Kopf mit leise raunenden Stimmen füllte und der jede Frage beantwortete, jede Verbindung herstellte.
    »Also, wie auch immer«, meinte er, »die Frage ist ja wohl, was wir jetzt tun.«
    Carl nickte unbehaglich. »Ja. Es stimmt schon, ein Telefon wäre jetzt nicht schlecht.«
    Ostafrika. Ausgerechnet. Nicht gerade eine Gegend, in der sich Urs rasend gut auskannte. Er musterte das Straßenschild wieder. Nairobi, der Sitz der Weltregierung und des Parlaments, das kannte man aus dem Fernsehen. Wenn er es allerdings genau bedachte, waren das immer dieselben Bilder: Die Reihe der Fahnenstangen, vor denen Reporter ihre Berichte sprachen, Blicke in den lichtdurchfluteten Parlamentssaal, der selten voll besetzt war, die Präsidentenvilla und schließlich die goldene, in den Boden eingelassene Linie, die den Tradis umschloss, den »transnationalen Distrikt«.
    Nairobi, klar, dort war Hilfe zu finden. Bloß waren es, wenn das Schild nicht log, vierhundertfünfzig Kilometer bis dorthin – eine Strecke, die zu Fuß nicht zu schaffen war. Nicht im Traum dran zu denken.
    Wenn da wenigstens gestanden hätte, wie weit es noch bis zur Autobahn war. Bei der musste es sich um die berühmte Ostafricana handeln, die bis runter nach Kapstadt führte und von der alle Leute schwärmten, die sie jemals gefahren waren. Die atemberaubenden Landschaften, die unglaublichen Ausblicke und so weiter. Es wimmelte entlang dieser Autobahn von Wildreservaten und Naturschutzgebieten und wahrscheinlich befanden sie sich gerade mitten in einem davon. Im Niemandsland, mit anderen Worten.
    »Leakey Memorial«, las Carl halblaut vor. »Was das wohl ist? Klingt nicht wie der Name einer Stadt.«
    Urs nickte düster. »Klingt eher wie der Name eines Denkmals. Wenn wir Pech haben, steht da nach fünf Kilometern bloß ein Mahnmal und weit und breit ist kein Mensch.«
    »Ja. Verstehe. Das wäre schlecht«, meinte Carl. Man sah ihm an, dass er allmählich begriff, wie vertrackt ihre Lage trotz allem war. Sie waren auf der Erde, okay, nicht auf einem Planeten hundert Lichtjahre weit weg von jeglicher Zivilisation. Aber wenn sie Pech hatten, nützte ihnen das trotzdem nichts.
    Daran, dass in vielen afrikanischen Reservaten wilde Raubtiere in Freiheit lebten, wollte Urs lieber erst gar nicht denken.
    Er sah, wie Carl sich mit den Rückseiten seiner Finger den Hals entlangstrich, seine typische Geste, wenn er nach einiger Überlegung zu einem Schluss gekommen war.
    »Ich glaube«, erklärte er, »es ist am besten, wir gehen trotzdem zu diesem Leakey Memorial. Fünf Kilometer, das ist überschaubar. Und vielleicht ist da ja doch irgendjemand, der uns weiterhelfen kann. Oder irgendetwas. Und sei es nur eine Alarmanlage, die wir auslösen können.«
    »Eine Alarmanlage?« Urs runzelte die Stirn.
    Carl lächelte flüchtig. »Das hab ich mal in einem Film gesehen. Jemand auf der Flucht vor Gangstern, der auf diese Weise die Polizei auf sich aufmerksam macht. Warte mal, der Film hieß . . .«
    Urs hob den Kopf, lauschte. »Psst«, machte er.
    Carl verstummte augenblicklich, sah ihn nur aus großen Augen an. Was?, formten seine Lippen lautlos.
    Urs setzte sich in Bewegung, trat mitten auf die Straße und streckte die Arme aus. Kein Zweifel. Das Geräusch war unverkennbar.
    »Da kommt ein Auto«, sagte er.
    Es war das erste Mal in Carls Leben, dass er ein leibhaftiges Automobil zu sehen bekam. Da er die gigantischen Rover gewohnt war, mit denen man sich auf dem Mars fortbewegte, kam es ihm klein vor – eine zierliche Karosserie in einem hellen, metallisch glänzenden Rotbraun, staubig und schmutzbespritzt, mit dunklen Scheiben und schmalen Reifen. Ein Spielzeug beinahe.
    Der Wagen hielt in einigem Abstand vor Urs, der daraufhin die Arme sinken ließ. Ein Mann stieg aus. Er trug eine Brille, deren Goldrand im Sonnenlicht aufblitzte, hatte krauses, grau werdendes Haar, dunkle Haut und einen Bauchansatz, der ihn gemütlich wirken ließ. Er trug eine olivgrüne Arbeitshose und ein bunt bedrucktes Hemd, an dem er sich die Handflächen abwischte, während er näher kam und »Was ist los?« rief. »Wer seid ihr? Was macht ihr hier?«
    Die Kinder tauschten rasche Blicke und verständigten sich wie immer darauf, dass Carl die Sache übernehmen sollte. Er räusperte sich und sagte: »Guten Tag. Wir haben uns gewissermaßen verirrt und

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