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Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Titel: Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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von sich behaupten, stets zu verstehen, was Yin Chi dachte, tat oder entschied.
    Gut, man musste berücksichtigen, dass Yin Chinese war. Japaner und Chinesen verstanden einander von alters her nicht besonders gut – zu unterschiedlich, ja, in vieler Hinsicht geradezu gegensätzlich waren die beiden Kulturen. Das galt es stets zu bedenken, wenn es darum ging, miteinander auszukommen oder an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Andererseits war Yin Chi ein überaus kluger Mann und von vortrefflichen Umgangsformen. Das erleichterte vieles.
    Und trotzdem . . .
    Warum, zum Beispiel, schien es Yin Chi überhaupt nicht zu interessieren, was den Jungen so weit von der geplanten Flugroute abgebracht hatte? Er ging anscheinend davon aus, dass Ronald ein Navigationsfehler unterlaufen war. Das mochte einem Dreizehnjährigen durchaus passieren und die Höflichkeit gebot, nicht weiter darüber zu reden und den Jungen sein Gesicht wahren zu lassen. Zumal die wilden Geschichten, die Ronald nach seiner Ankunft erzählt hatte, dazu passten: ein Versuch, den Fehler zu vertuschen. Entschuldbar.
    Doch wenn es stimmte, was Okuda hatte reden hören – dass nämlich das Marsflugzeug in der fraglichen Zeit gänzlich aus dem Radar verschwunden gewesen war –, wie vertrug sich das damit? Yin Chi hatte sich darum nicht gekümmert. Alles, was ihn interessiert hatte, war, das Flugzeug auf die Reise zu schicken.
    Vielleicht, überlegte Okuda, weil Yin Chi dem Statthalter monatelang damit in den Ohren gelegen hatte, das Marsflugzeug zum Katapult zurückfliegen zu lassen und von dort aus wieder auf automatische Erkundung zu schicken. Pigrato hatte stets abgelehnt – bis ihm nun keine Wahl mehr geblieben war.
    Es war verständlich, dass Yin Chi vor lauter Sorge, es könnte doch noch etwas dazwischenkommen, alles andere einfach ausgeblendet hatte.
    Und trotzdem . . .
    Endlich waren das Werkzeug und die Sachen, die sie aus dem Cockpit des Flugzeugs ausgebaut hatten, auf dem Handwagen verstaut. Zeit, reinzugehen.
    »Wann schließt eigentlich die Kantine?«, fragte einer der Männer, als sie im Aufzug standen und die Kabine knarrend und rasselnd abwärts sank.
    »In einer Stunde, oder?«, erwiderte ein anderer und blickte auf seine Uhr. »Hoffe ich. Ich bin so hungrig, ihr müsstet meinen Magen eigentlich knurren hören.«
    »Mein eigener ist so laut, der übertönt alles«, grinste ein dritter.
    Okuda räusperte sich. »Ich bringe den Wagen ins Lager. Ihr könnt ruhig schon vorgehen.«
    Jemand schlug ihm auf die Schulter, was er hasste, obwohl er wusste, dass es anerkennend gemeint war. »Das ist echt nobel von dir, Teiji. Wir reservieren dir auch einen Platz.«
    Teiji . Der Mann stammte aus Europa und würde wahrscheinlich nie begreifen, dass das sein Familienname war!
    Sie trennten sich unten an der Plaza. Okuda hatte ebenfalls den ganzen Tag nichts gegessen – dazu war einfach keine Zeit gewesen –, aber es widerstrebte ihm, sich von etwas wie ordinärem Hunger dazu verleiten zu lassen, seine Pflicht nicht zu erfüllen. So schob er den Wagen vor sich her in den Gang, der zu den Werkstätten und Lagerräumen führte.
    Hier war es ruhig. Niemand arbeitete mehr. Auf der Rampe ins Untergeschoss hinab hatte jemand ein Bündel Reisig verloren. Okuda hob es auf. Dann endlich der Quergang zu den Räumen, in denen alles lagerte, was nach der Zerstörung der Asiatischen Station gerettet worden war.
    Das Werkzeug würde er in die Hauptwerkstatt zurückbringen, das Reisigbündel in den Sammelbehälter für Kompostgut werfen. Alles andere lud er aus. Der Pilotensitz kam ganz nach oben ins Regal. Das Navigationsgerät in ein Schrankfach neben der Tür – möglich, dass man es bald wieder brauchte. Das Aufzeichnungsgerät . . .
    Okuda sah bestürzt auf den kleinen grauen Kasten in seiner Hand hinab. Dass ihm das erst jetzt einfiel! Der gesamte Flug des Jungen war doch aufgezeichnet worden!
    Er ließ alles stehen und eilte mit dem Gerät davon, suchte den Verbindungsgang, der in den Labortrakt führte, öffnete dort rechts und links Türen auf der Suche nach einem Monitor.
    Da, ein Terminal. Er zog den Datenstecker aus der Wandbuchse, stöpselte ihn in das Aufzeichnungsgerät und drückte die Wiedergabetaste. Der Schirm wurde hell.
    Man sah die Startvorbereitungen. Sah den Jungen einsteigen, sah ihn mit sicherer Hand die Systeme checken. Dann das Warten darauf, dass es los ging.
    Okuda drückte auf schnellen Vorlauf. Der Start wurde zum Sprung in den Himmel,

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