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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Zeit?«
    »Na, woher wohl? Von Marmalon, und man sagt, daß dort auch nicht alles mit rechten Dingen zugeht!«
    »Eine schamlose Person!«
    »Psst! Lästert doch nicht immer so über das arme Mädchen.« Atemlos blieb Mary vor der Haustür stehen. Hinter den Fenstern brannten Kerzen und beleuchteten zuckend das rostige Schild »Armenhaus«, das in die Gasse ragte und leise quietschend im Wind schaukelte. Es schneite heftiger, und Mary wollte schnell die Tür öffnen, die immer unverschlossen blieb, weil es hier ohnehin nichts zu stehlen gab, aber in dieser Nacht mußte jemand von innen den Riegel vorgeschoben haben, denn das morsche Holz gab nicht nach.
    »Vater, mach auf! Mach bitte auf! Vater, Edward, ich bin es, Mary!«
    Sie rüttelte an der Tür, schlug mit der Faust dagegen, starrte an der Hauswand hoch, als könne sie von dort eine Antwort bekommen. Alles Gemurmel in der Gasse erstarb, die Leute sahen fast mitleidig zu dem bleichen jungen Mädchen unter dem schaukelnden Schild hin.

    »Vater, Edward! Ich bin es. Laßt mich doch ein!« Marys erhobene Hände glitten erschöpft am Holz der Tür hinunter. Sie spürte, wie jemand hinter sie trat und sah sich um. Es war Bess im eilig übergestreiften Kleid mit wehenden Haaren.
    »Was ist denn passiert?« fragte sie, »es waren Leute bei uns, die gesagt haben, daß daheim etwas geschehen ist.« Ihre grünen Augen funkelten. Sie war weniger erschrocken als erregt.
    Mary sah sie verzweifelt an. »Ich weiß es nicht, Bess. Niemand öffnet, aber es ist Licht. Vater und Edward müssen da sein.«
    Bess trat mit solcher Kraft gegen die Tür, daß das Holz Splitter bekam.
    »Öffnet, ihr verfluchten Dreckskerle«, brüllte sie, »öffnet, oder ich stecke das ganze verdammte Haus in Brand!«
    Sie hielt inne. Niemand sprach, und in der Stille konnten sie schlurfende Schritte vernehmen, die sich langsam der Tür näherten. Jemand hantierte am Riegel, dann wurde sie einen Spaltbreit geöffnet, und Ambroses verquollenes, aufgedunsenes Gesicht wurde sichtbar. Eine Woge von Alkoholgeruch strömte den beiden Mädchen entgegen.
    »He, was macht ihr für’n Krach«, murmelte Ambrose, »hatte genug Krach heute nacht!«
    Er war wie immer betrunken und schwankte leicht, aber er ließ seine Töchter widerstandslos eintreten. Bess schlug laut krachend die Tür hinter ihnen zu.
    »Verdammte Gaffer da draußen«, brummte sie, »haben die nichts besseres zu tun, als die halbe Nacht vor unserem Haus herumzustehen und ihre spitzen Nasen in unsere Angelegenheiten zu stecken?«
    »Was ist denn nun passiert?« fragte Mary. »Die Leute sagen, es seien Soldaten hier gewesen.«
    »Ja, allerdings. Dreckige Kerle. Ich hab’ denen gesagt, sie sollen sich zum Teufel scheren, aber dann wollten sie eigentlich gar nichts von mir, und da habe ich gesagt, sie sollen eben reinkommen – in Teufels Namen!«
    Mit Sicherheit hatte Ambrose nicht so gesprochen, aber nun, da der erste Schreck vorüber war, verfiel er wieder in sein altes Prahlen.
Dabei hatte er sich immer noch nicht ganz beruhigt, seine Lippen waren weiß, und seine Hände zitterten.
    »Was wollten sie denn?« erkundigte sich Bess und spazierte seelenruhig in die Küche, wo Edward saß. »Deinen Vorrat an Alkohol konfiszieren? Oder mal herausfinden, was aus den vielen einstigen Gästen dieses Hauses geworden ist?«
    Edward hob den Kopf. Er blinzelte in das Licht der Kerze, die die Küche schwach beleuchtete.
    »Nan Mortimer haben sie abgeholt«, sagte er.
    Marys Augen weiteten sich. »Bitte?« fragte sie ungläubig.
    »Hast du nicht gehört, was dein Bruder sagt?« warf Ambrose ein. »Die Mortimer, die alte Hexe, haben sie geholt. Und zum Teufel mit ihrer Seele! War mir immer unheimlich, das häßliche Weib mit der Zauberkugel!«
    Mary stürzte an ihm vorbei aus der Küche über den Gang und riß die Tür zu dem Raum auf, in dem die Gäste des Hauses schliefen.
    »Nan!« schrie sie. »Nan Mortimer, wo bist du?«
    Niemand antwortete. Marys Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Sie vermochte die Gesichter der beiden alten Bettler vor sich zu erkennen, die seit kurzem hier waren, und die atemlose Angst in ihren Zügen. Nan war nicht unter ihnen.
    »Aber das kann doch nicht sein!« Mary wandte sich zu ihrem Vater. »Das kann nicht sein!«
    »Warum denn nicht?« fragte Bess giftig. »Und was kümmert dich das Schicksal von der alten Mortimer? Was ist, Vater, wurde sie als Hexe verhaftet?«
    Ambrose nickte gewichtig. Nun, da er endlich sicher war,

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