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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Wunder. Wo man es nur gut meint! Schließlich willst du diesen Mann heiraten, und da dachte ich, es wäre gut, wenn du wüßtest...«
    »Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Sie mehr von Ihrer Tatkraft darauf verwandt hätten, für sich selber einen Mann zu finden«, unterbrach Mary sie scharf, »dann hätten Sie es nicht nötig, sich beständig um die Liebesangelegenheiten anderer Menschen zu kümmern!«
    Die Wirtin zuckte zurück. Mary hatte sie an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen. Die Tatsache, daß sich nie ein Mann für sie interessiert hatte, war die schlimmste Niederlage im Leben der Wirtin. Sie sah so zornig aus, daß Mary erschrak und eilig weiterging. Sie hatte immer gewußt, daß man sich vor der Wirtin in acht nehmen mußte, aber von heute an, das begriff sie, mußte sie besonders aufpassen. Sie hatte nicht nur ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sondern auch ihre Wut. Ein Gefühl sagte ihr, daß das gefährlich werden konnte.
    Am Abend warnte sie Frederic vor ihr. Sie trafen sich in der Dunkelheit vor den Mauern des Friedhofes, wo Mary noch ein paar Fichtenzweige auf Lettices Grab gelegt hatte. Es schneite leicht, als sie über die Felder spazierengingen, unter ihren Füßen knirschte der Schnee. Trotzdem dachte Mary daran, daß bald der Frühling kommen würde und daß sie um diese Zeit vor einem Jahr mit Anne Brisbane Essex verlassen, nach London gereist und von dort nach Shadow’s Eyes gegangen war. Es kam ihr alles in so weiter Ferne vor. Das Leben schleppte sich langsam dahin, ohne daß etwas wirklich Bedeutendes geschah. Sie berichtete Frederic von der Wirtin, und er nickte sorgenvoll.
    »Pater Joshua erzählte mir schon von ihr«, sagte er, »sie beobachtet ihn und mich schon eine Weile. Sie brennt darauf, etwas herauszufinden.«
    »Und sie kann auch etwas herausfinden, Frederic, sag mir genau, wer ist der Mann, den du verborgen hältst?«

    »Er ist ein Priester. Er betet den ganzen Tag über so viel, daß mir noch schwindelig davon wird, aber ich helfe ihm, weil er ein Feind des Königs ist, und des Königs Feinde sind meine Freunde.«
    »Und er ist wirklich in Gefahr?«
    »Wenn sie ihn finden, erwartet ihn das Todesurteil. Er lebte in einem Kloster, drei Tagesritte von hier. Die Bewohner des Klosters hatten sich von Beginn der Streitigkeiten an einmütig auf die Seite des Vatikans gestellt und seither jeden Schritt des Königs und seiner Regierung mit scharfen, eindeutigen Worten heruntergemacht. Da sie in ihrer unmittelbatren Umgebung viel Einfluß haben, konnten sie durchaus für Unruhe in der Bevölkerung sorgen. Dieser Priester nun tat sich besonders hervor, und offenbar betrachtete man ihn in London als unmittelbare Gefahr. Verstehst du, Mary, der Einfluß des Königs ist groß, und einem Bauern irgendwo auf dem Land fällt es gewiß nicht leicht, ihm die übliche Unterwerfung zu verweigern, aber auch gerade auf dem Land ist der Einfluß der Kirche sehr stark. Die Menschen waren jahrhundertelang ihrem Glauben treu, sie sind in ihren Traditionen tief verwurzelt, und der König weiß, daß er sie nur mit erbarmungsloser Gewalt dort herausreißen kann. Wer ihm entgegenarbeitet, muß so schnell wie möglich vernichtet werden. «
    »Dann sollte der Priester verhaftet werden?«
    »Ja, aber er ist gewarnt worden. Zwei Stunden, bevor die Soldaten kamen, konnte er das Kloster verlassen. Seither suchen sie ihn.«
    Mary schwindelte es.
    »Wie lange bleibt er noch?« fragte sie.
    »Noch vierzehn Tage, höchstens. Länger wäre dann wirklich zu gefährlich. Am zwölften März verläßt er Marmalon und zieht auf versteckten Wegen hinauf nach York. Solange...«
    »Ich habe dir doch schon gesagt, ich fürchte mich nicht. Ich glaube, daß mir mein Vater gefährlicher sein könnte, als das schärfste königliche Schwert. «
    Frederic blieb stehen und nahm ihre Hände. »Das sagst du, weil du die Grausamkeit der Soldaten nie erlebt hast«, sagte er, »sie töten nicht einfach nur, sie foltern, sie quälen ihre Opfer langsam zu
Tode, über Stunden hinweg, und sie vergewaltigen, Mary. Würdest du das auch auf dich nehmen wollen?«
    »Nein«, erwiderte Mary schaudernd, »das nicht.« Sie seufzte schwer. Zwischen den dahintreibenden Wolkenfetzen leuchtete kurz die nahezu volle Kugel des Mondes hervor und warf ein sanftes Licht über die schneeverkrusteten Felder und auf die kahlen Bäume. Mary konnte die dunklen, steinernen Mauern von Marmalon erkennen, aus denen ein schwaches Licht in die Nacht

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