Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
stieß sie einen spitzen Schrei aus.
    »Ich verplaudere hier die Zeit«, rief sie, »dabei erwartet mich ja Mylady! Sie müssen wissen, daß ich an manchen Tagen als Gesellschafterin bei einer reichen Lady arbeite, und heute ist solch ein Tag. Oh, sie wird furchtbar böse sein! Sie ist so schrecklich streng!«
    Ihr Jammer schnitt ihm ins Herz.
    »Bald müssen Sie nicht mehr für sie arbeiten, Miss Frances. Ich würde sehr gern für Sie sorgen!«
    Ja, für eine entsprechende Gegenleistung, dachte Mary und schüttelte sich. Laut sagte sie:
    »Besuchen Sie mich heute abend, Monsieur. Bis dahin... leben Sie wohl!«
    »Darf ich Sie begleiten?«
    »N... nein, Mylady soll Sie nicht sehen, Sie verstehen?« Natürlich verstand er. Er fand das Verbotene in diesem Spiel besonders aufregend. Er sah ihr nach, wie sie davoneilte, mit raschelnden Kleidern und fliegenden Locken, und ahnte nicht, daß hinter der nächsten Wegbiegung Nicolas wartete und sie eilig mit sich fortzog.
    Erst als sie wieder im Gewirr der Gassen untergetaucht waren, blieben sie stehen.
    »Mary, du warst wunderbar«, sagte Nicolas, »aber ich hatte
schon Angst, du schaffst es gar nicht mehr, ihn abzuschütteln. Er war ja ganz vernarrt in dich. Ich glaube, ich hätte ihn ausziehen können, er hätte es nicht bemerkt!«
    Mary strahlte. Sie atmete noch heftig vom Laufen und strich sich die Haare aus der Stirn.
    »Daß es so leicht sein würde, hätte ich nicht gedacht. Hast du was erbeutet, Nicolas?«
    »Soviel wie sonst nicht in einer Woche. Komm, wir gehen nach Hause, da zeige ich es dir.«
    Zu Hause breitete Nicolas seine Schätze auf dem Küchentisch aus. Mary war begeistert. Wirklich, sie hatten ganze Arbeit geleistet. Zwei schwere Siegelringe lagen dort, eine goldene Brustkette mit Rubinen, ein Kamm aus Silber besetzt mit Saphiren, ein Gürtel aus buntgefärbtem Leder mit einer Schnalle in Form von zwei sich gegeneinander aufbäumenden goldenen Pferden, deren Augen aus Smaragden bestanden, ein Geldbeutel, der mit Perlen bestickt war und ein winziger Bilderrahmen aus Edelsteinen mit dem Miniaturbildnis einer jungen Frau.
    »Dein Verehrer ist entweder verheiratet oder verlobt«, sagte Nicolas, »aber mit der Treue scheint er es nicht so genau zu nehmen. Immerhin, die Frau seines Herzens behandelt er großzügig. Schau, was ich gefunden habe!« Er stellte ein Parfümfläschchen mit einer schimmernden, goldfarbenen Flüssigkeit darin auf den Tisch und legte daneben einen goldenen Ring mit einem Smaragd.
    »Das sollst du haben«, sagte er, »du hast es dir verdient.«
    »O Nicolas, dieser Ring...« Mary streifte ihn über den Finger. Er paßte genau, aber er sah etwas merkwürdig aus auf der rauhen Hand mit den kurzen Fingernägeln. Doch es war der erste Ring ihres Lebens und sie war entschlossen, ihn zu tragen. Sie betrachtete all die anderen funkelnden Gegenstände auf dem Tisch, und sie begriff nun erst ganz, daß sie an einem Raubzug teilgenommen hatte. Die gleiche Befriedigung, die Nicolas nachher schon immer erfüllt hatte, empfand sie nun auch. Sie hatten das Schicksal mit höchstem Einsatz herausgefordert – auf Diebstahl stand die Todesstrafe – und sie hatten gewonnen. Sie hob lächelnd den Kopf und suchte Nicolas’ Augen; sein Blick gab ihren Triumph funkelnd vor Freude zurück.

    In den nächsten Tagen bemerkte Mary, daß das Leben in der Gesetzlosigkeit seine Schattenseiten brachte. Bisher war sie hocherhobenen Hauptes durch London gegangen und hatte sich vor niemandem gefürchtet, nun hatte sie ständig Angst, Archibald Claybourgh zu begegnen, der sie erkennen, festhalten und vor den Richter schleifen würde. Sie sagte sich, das sei Unsinn, denn warum sollte sie in der großen Stadt gerade Archibald über den Weg laufen, aber es gelang ihr nicht, sich einzureden, daß sie sich nicht fürchten mußte. Einmal glaubte sie sogar, ihn vor einem Marktstand nahe der London Bridge gesehen zu haben. Sie lief so schnell sie konnte davon und langte atemlos, mit wild pochendem Herzen zu Hause an, so heftig zitternd, daß der alte Will schon glaubte, die Miliz sei ihr direkt auf den Fersen und eilig sein Geld raffte, um seinerseits die Flucht zu ergreifen. Nachdem sie sich beruhigt hatte, gelangte Mary zu dem Schluß, daß sie wohl zu schlechte Nerven für diesen Beruf hatte. Sie sagte es Nicolas, der verständnisvoll nickte.
    »Dann kommst du eben nicht mehr mit. Es ist etwas, woran man sich sehr langsam gewöhnen muß.«
    Doch zwei Wochen später sollte

Weitere Kostenlose Bücher