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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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die deutsche, protestantische Fürstin, war seit Januar Königin von England und vierte Frau des Königs. Jane Seymour hatte nicht länger als ein Jahr auf dem Thron gesessen. Im Oktober des Jahres 1537 war sie bei der Geburt ihres ersten Kindes gestorben. Sie hinterließ ein kostbares Vermächtnis: Prinz Edward, den langersehnten legitimen Sohn des Königs, den künftigen Thronerben Englands. Der König blieb zwei Jahre Witwer und überall hieß es, er sei in wirklicher Trauer: Jane Seymour sei die erste wahre Liebe seines Lebens gewesen, niemals wieder werde er heiraten. Er stürzte sich in die Politik, von der niemand je wußte, ob er sie bestimmte oder die zählebigen Herren Cromwell und Norfolk, die unverändert um ihren Einfluß bei Hofe rangen. Nach der Hochzeit mit Jane Seymour hatten ereignisreiche Jahre begonnen. Europa entrüstete sich über den Mord an Anna Boleyn und England ging auf harten Kurs. Das Luthertum wurde endgültig verbannt, zugleich deutlich gemacht, daß es ein Zurück nach Rom nicht geben würde. Henry blieb das Oberhaupt der Kirche, die Klöster wurden weiterhin enteignet, die zehn Artikel der anglikanischen Kirche traten in Kraft, und jeder Priester mußte den Eid darauf leisten. Cromwell trieb im ganzen Land mit äußerster Härte Steuern ein, und als es in Lincolnshire und Yorkshire zu heftigen Aufständen kam, wurden sie unbarmherzig niedergeschlagen.
1537 wurde Thomas Beckett, der ehemalige Erzbischof von Canterbury, Heiliger und Märtyrer der katholischen Kirche, von Cromwell zum Hochverräter erklärt, woraufhin der Papst Henry mit dem Bannfluch belegte. Um das Ansehen Englands im Ausland danach wieder aufzubessern, erließ Norfolk das »Gesetz zur Vereinheitlichung des Glaubens«, das die Ideen der Reformation nicht aufgriff, sondern sich an der katholischen Kirche orientierte. Die Beichte wurde wieder eingeführt, die Priester mußten im Zölibat leben, die Mönche lebenslang Keuschheit schwören. Jeder Verstoß wurde mit dem Tode bestraft. Aber da der König das Oberhaupt blieb, der »Defensor fidei et in terris caput supremum et immediatum post Christum Ecclesiae Anglicanae«, wie er sich provozierend nannte, flammte die Kriegsgefahr von Habsburg wieder auf. Die patriotische Stimmung, die England daraufhin erfüllte, beschloß der lutherische Cromwell zu nutzen, endgültig die Reformation durchzusetzen und sich zu ihrem Führer zu machen. Mit Hilfe sorgfältig gesponnener Intrigen gelang es ihm, im Januar 1540 die Ehe zwischen Henry und Anna von Kleve zu stiften, womit nun eine lutherische Königin an des Königs Seite saß. Die Lutheraner Englands jubelten. Aber wohl zu früh.
    Mary blickte wieder auf das Flugblatt. Das gewünschte Bündnis mit dem Herzog von Kleve schien den König zu überfordern. Die Frage war, was er nun tun würde, um den Kaiser gnädig zu stimmen. Barnes, da hatte das Blatt recht, konnte nur der Anfang gewesen sein.
    »Ich bin gespannt, was er sich ausdenkt, um auch seine vierte Frau loszuwerden«, murmelte Mary. Dann raffte sie sich auf und ging weiter. Jane wartete und sie mußte noch etwas zu essen für sie kaufen. Sie lief zum Themseufer hinunter, wo die Gemüsestände aufgebaut waren. Es gab keine große Auswahl und alles war entsetzlich teuer. Mary wußte, das hing mit der Auflösung der Klöster zusammen. Die Mönche und Nonnen waren fleißige Bauern gewesen, und das kirchliche Land hatte reichen Ertrag gebracht. Nach der Enteignung hatten es geschickte Kaufleute an sich gerissen, die die Felder veröden und zwischen all dem Unkraut gewaltige Schafherden weiden ließen, deren Wolle sie nach Flandern hinüber verkauften
und eine Menge Geld damit verdienten. Die Menschen in den Städten aber merkten deutlich, wie drastisch das Angebot an Obst und Gemüse zurückgegangen war und wieviel Geld sie jetzt dafür zahlen mußten.
    Mary dachte plötzlich: Wenn ich jetzt Land hätte – es würde mir gelingen, reich zu werden! Bettelnde Mönche ziehen genug im Land herum, nichts ist leichter zu bekommen als billige Arbeitskräfte. Und ich würde mich tot schuften und Getreide verkaufen, Obst, Gemüse und Wolle vielleicht auch noch. Ich würde die anderen Händler unterbieten und jeder würde bei mir kaufen. Ach, es müßte gehen, es müßte gehen!
    Aber sie hatte ja kein Land und in der Tasche nur eine einzige Kupfermünze. Ernüchtert zog sie sie hervor und kaufte ein Körbchen mit Algen und etwas Essig. Sie dachte daran, wie Nicolas und sie das einmal als

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