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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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fand, daß dieser detailliert in aller Öffentlichkeit ausgetragene Streit, vor den Augen und Ohren von ganz England und Europa, vor allen Königshäusern und dem Vatikan, eine unerträgliche Demütigung für eine Frau bedeutete, und oft dachte sie, daß sie an Katharinas Stelle lieber freiwillig den Hof verlassen hätte, als sich diesem Prozeß auszuliefern. Aber dann wieder stand sie abends ihrem betrunkenen Vater gegenüber und ein Gefühl der Solidarität mit Katharina erfaßte sie, weil die Königin tapfer genug war, die willkürlichen Launen eines herrschsüchtigen Mannes nicht kampflos hinzunehmen.
    Immerhin, auch Cathleen schien nicht so fügsam zu sein, wie sie auf den ersten Blick wirkte. Jetzt erhob sie sich, trat vor den Spiegel und versuchte, ihr Gesicht wieder in Ordnung zu bringen.
    »Pater Joshua soll kommen«, verlangte sie, »ich muß mit ihm sprechen. Ich muß ihm sagen, daß ein Unglück geschehen wird und daß er mir helfen soll!«
    Anne versuchte, ihr diesen Einfall wieder auszureden, aber Cathleen beharrte darauf und fing schließlich wieder an zu weinen, so daß Anne nachgab und Mary beauftragte, Pater Joshua zu holen. Mary legte ihre Taschentücher zur Seite und rannte die Hintertreppe hinunter, die in die Küche führte. Dort traf sie Bess, die gerade Geschirr spülte.
    »Wohin denn so eilig?« fragte sie. »Erzähl mir bloß nicht, du gehst schon nach Hause!«

    »Ich muß Pater Joshua für Lady Cathleen holen«, erklärte Mary und kam sich recht wichtig vor, aber noch ehe sie etwas hinzufügen konnte, stürzte Gladys herbei.
    »Christus im Himmel!« rief sie entsetzt. »Pater Joshua? Was ist denn mit Lady Cathleen?«
    »Nichts weiter«, beruhigte Mary, »aber ich glaube, sie soll einen Mann heiraten, den sie nicht heiraten möchte.«
    Alle starrten sie an. Gladys schlug die Hände über den Kopf zusammen.
    »Das arme Kind! Dabei ist Lord Cavendor so ein reicher und vornehmer Mann!«
    »Er ist grauenhaft«, meinte Lil, »ich habe ihn neulich gesehen. Er sieht gar nicht aus wie ein Mensch. «
    »Lil!«
    »Ich muß gehen«, sagte Mary eilig, »Lady Cathleen möchte, daß der Priester ihr hilft.«
    Bess lachte höhnisch. »Der soll ihr helfen? Das ist doch albern. Er wird ihr sagen, daß sie sich zu fügen hat, und dann wird er mit ihr beten, daß Gott ihr ihre aufrührerischen Gedanken vergeben möge. Und zu guter Letzt wird er noch hinterrücks zu ihrem Vater gehen und ihm sagen, er soll die Vermählung so schnell wie möglich stattfinden lassen, weil Lady Cathleen sonst vielleicht etwas Unüberlegtes tut. So kommt es nämlich immer, wenn man sich mit der Kirche einläßt!«
    »Führe nicht immer solche Reden, Bess«, brummte Gladys. Bess aber fuhr ungerührt fort: »Eines ist dir ja hoffentlich klar, Mary. Wenn Lady Cathleen heiratet, geht sie nach London, und ihre treue Anne Brisbane auch. Deine hübsche Zeit mit den Herrschaften ist dann endgültig vorbei. Aber«, sie wandte sich gleichmütig wieder ihrem Geschirr zu, »das tut dir nur gut. Du bist ohnehin ganz schön hochnäsig geworden in den letzten Wochen.«
    Mary sah sie einen Moment lang sprachlos an, dann eilte sie aus der Küche in den Park. Dort legte sie ihre feuchten Hände gegen ihr glühendes Gesicht. Ihr Herz pochte laut und ihr wurde beinahe schwarz vor den Augen. Um alles in der Welt, das durfte nicht geschehen ! Sie hatte keine Sekunde daran gedacht, aber nun, als Bess
davon sprach, traf sie die Erkenntnis wie ein Blitzschlag. Natürlich, Bess hatte recht. Wenn Lady Cathleen heiratete, gingen sie und Anne fort, und Mary wurde wieder zum Küchenmädchen, das seine Zeit mit dem Aufwischen der Fußböden und dem Kleinschneiden von Gemüse verbrachte, anstatt in der Bibliothek zu sitzen und zu lesen oder Annes wohlklingender Stimme zu lauschen. Es schien ihr völlig ausgeschlossen, das Armenhaus, Shadow’s Eyes, den völlig geistesschwachen Ambrose und die kalte Lettice länger ertragen zu können.
    »Ich werde es nicht aushalten«, jammerte sie leise, aber nichts und niemand schien bereit, ihr zu Hilfe kommen zu wollen. Wenn Pater Joshua nicht half, gab es keine Hoffnung mehr.
    Pater Joshua war sehr erstaunt, Mary Askew vor seiner Haustür stehen zu sehen, und von ihr ins Herrenhaus gerufen zu werden. Er versuchte herauszubekommen, weshalb Lady Cathleen ihn sprechen wollte, aber Mary dachte, daß es Cathleen vielleicht nicht recht wäre, wenn sie alles vorher ausplauderte, und schwieg daher. Sie lief neben dem Priester her

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