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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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dass du der Sache gewachsen bist? Ich schaffe das auch allein, wenn es wegen des Gewitters –«
    »Mir fehlt nichts«, sagte er, doch er sah ihr immer noch nicht in die Augen. Und irgendetwas in seiner Stimme ließ Finn, der bisher winselnd darauf gedrängt hatte, aus seiner Box befreit zu werden, plötzlich verstummen. Der Hund starrte seinen Herrn an, die Lefzen zu einem fragenden Ausdruck verzogen, den Tavie komisch gefunden hätte, wäre sie nicht so besorgt gewesen.
    Sie wusste, dass Kieran schlechte Tage hatte und dass er sich bei Gewitter unwohl fühlte. Über seine Vergangenheit hatte er nie viel erzählt, und was die Gegenwart betraf, wusste sie nur, dass er in dem kleinen Schuppen auf der Insel oberhalb der Henley Bridge Boote reparierte und dass er ruderte.
    Aber ungeachtet seiner schweigsamen Art hatten sie sich angefreundet. Nachdem sie sich zufällig im Park begegnet waren, hatte Tavie sich erboten, ihm bei der Erziehung von Finn zu helfen. Und schließlich hatte sie Kieran dazu ermuntert, sich dem Such- und Rettungsteam anzuschließen. Anfangs hatte er sich noch gegen den Gedanken gesträubt, doch als Finn größer geworden war, hatte er allmählich eingesehen, dass der Hund eine Aufgabe brauchte. Tavie hätte nie zugegeben, dass es ihrer Einschätzung nach viel eher Kieran war, der einen Grund brauchte, am Morgen aufzustehen, doch als er begann, sie nach den Einzelheiten ihrer Suchaktionen auszufragen, sah sie das lebhafte Interesse in seinen Augen.
    Vor der ersten Übungseinheit mit dem Team hatte sie jedoch noch einmal innegehalten, weil sie irgendwie das Gefühl hatte, ihn beschützen zu müssen. »Kieran, du weißt schon, dass viele der Vermissten, die wir finden, nicht mehr am Leben sind. Meinst du, dass das ein Problem für dich sein könnte?«
    Er hatte sie angesehen und schief gelächelt. »Nein – solange es Fremde sind.«
    Tavie legte ihm die Hand auf die Schulter. Jetzt musste sie wieder an seine Antwort denken. »Kieran, ich muss dich das fragen. Als du den Namen dieser Frau gehört hast, bist du leichenblass geworden. Sie ist Ruderin, du bist Ruderer, und ich denke, es ist eine sehr kleine Welt hier in Henley. Kennst du sie etwa?«
    Melody betrachtete das Reihenhaus mit der nach außen gewölbten Fassade und zog die Stirn in Falten. »Ich … ähm … ich finde es ein bisschen … spießig.« Doch dann sah sie die enttäuschte Miene ihres Begleiters und bemühte sich hastig um Schadensbegrenzung. »Es ist hübsch, Doug, doch, wirklich. Bloß dass Putney nicht gerade die Junggesellengegend ist, oder?« Sie musterte ihn berechnend. »Oder hast du vielleicht Pläne, von denen wir nichts wissen, Kollege?«
    Doug Cullen errötete bis an die Wurzeln seiner hellblonden Haare. »Nein. Es ist bloß – ich wollte etwas, das möglichst das genaue Gegenteil von der Wohnung in Euston ist. Es hat eine gute Anbindung zu Scotland Yard. Ich wollte in der Nähe des Flusses und der Ruderclubs sein. Und es war ein günstiges Angebot.« Er betrachtete das Haus mit sichtlichem Besitzerstolz. »Muss nur noch ein bisschen hergerichtet werden, das ist alles.«
    Wenn Melody sich die abblätternde Farbe an den Fensterrahmen und der Haustür so ansah, dazu die feuchten Stellen im Putz, dann stieg in ihr der Verdacht auf, dass das eher untertrieben war. »Du hast es also tatsächlich gekauft?«
    »Vor einer Stunde hab ich die letzten Papiere unterschrieben.« Doug fischte einen Schlüsselbund aus der Tasche und hielt ihn hoch wie eine Trophäe.
    Melody war überrascht gewesen, als er sie an diesem Morgen auf dem Revier Notting Hill angerufen und gefragt hatte, ob sie sich mit ihm in Putney zum Lunch treffen wolle. Sie wusste, dass er schon länger auf Wohnungssuche war. Und Gemma hatte ihr erzählt, dass Duncan ein paar Tage Urlaub nehmen wollte, bevor er offiziell in Elternzeit ging, weshalb Melody vermutete, dass Doug als Duncans Sergeant nicht so recht wusste, was er mit sich anfangen sollte. Womit sie nicht gerechnet hatte, war, dass er tatsächlich den Sprung gewagt hatte und unter die Hausbesitzer gegangen war.
    »Du steckst heute voller Überraschungen. Ich hätte dich nie als den Heimwerker-Typ eingeschätzt.« Sie hätte Doug auch nie als den sportlichen Typ eingeschätzt, obwohl er ihr erzählt hatte, dass er sich unter anderem deswegen für Putney entschieden hatte, weil er wieder rudern wollte, was er seit der Schule nicht mehr getan hatte. Als sie über die Putney Bridge gefahren war, hatte sie

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