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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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neuerdings Angst ein. Sie ist nicht mehr ganz richtig im Kopf. Und vom Grafen hat sie nichts zu befürchten.«
    »Sehr gut. Sag mir, wann du weiterreiten willst!« Damit ließ er sie allein.
    Daria hatte noch lebhaft in Erinnerung, was ihre alte Zofe am vergangenen Abend in ihrer Kammer von sich gegeben hatte. Sie war lautlos hereingekommen und hatte lange Zeit den Kopf geschüttelt, hin und her, hin und her. Es sah aus, als hätte sie keine Gewalt mehr über ihre Muskeln. Dann hatte sie in ihrem üblichen mürrischen Ton geklagt: »Er ist kein Graf. Er ist ein Spitzbube, dem man nicht über den Weg trauen kann, kleine Herrin.«
    »Das ist doch Unsinn!«
    Die Alte sah sie böse an und verzog sich. Kurz darauf aber kehrte sie zurück und rief laut: »Nicht mal ein Graf! Und so was heiratet Ihr! Ihr solltet Euch schämen, kleine Herrin! Dagegen der Graf von Clare - das ist ein richtiger Mann ... zwar ein bißchen grob, aber das muß ein Mann ja sein.«
    Daria zwang sich, nicht mehr an Ena zu denken. Obwohl sie sich gern noch länger ausgeruht hätte, rief sie: »Roland, ich bin bereit!«
    Doch nicht er kam zu ihr, um sie in den Sattel zu heben, sondern Salin, ein erfahrener Krieger, der schon mehr als dreißig Jahre zählte. Er hatte ein häßliches, aber kluges Gesicht und volle dunkelbraune Haare, die sich um die großen Ohren lockten. Er sah wild und böse aus, doch seine Stimme klang freundlich.
    »Wenn Ihr wieder haltmachen wollt, Herrin, braucht Ihr nur nach mir zu rufen.«
    »Danke, Salin.«
    In gleichmäßig langsamem Schritt ritt sie hinter ihrem Mann her. Gegen ihren Willen mußte sie wieder an Enas Bericht über Tildas Schicksal nach Rolands und ihrer Flucht denken.
    »Er hat ihr einen Faustschlag vor die Brust versetzt. Nach dem Geschrei, das die kleine Schlampe losließ, mußte man annehmen, daß er ihr eine Rippe angeknackst hatte. Konnte einem schon leid tun. O ja, er hat gleich gemerkt, daß Ihr es nicht wart. Und da hat er zugehauen. Der Priester - ein Würmchen ohne Mumm - hat kein Wort dazu gesagt. Dann hat der Graf sie aus dem großen Saal gezerrt und sie in sein Schlafzimmer geschleppt. Oh, er hat sie im Bett gut rangenommen. Sie hat laut geschrien. Aber danach war nichts mehr zu hören. Sie hatte es natürlich verdient, die kleine Hure. Aber Ihr hättet auch nicht heimlich Weggehen dürfen, kleine Herrin.«
    Daria würgte es in der Kehle. Sie hatte unbedacht und selbstsüchtig gehandelt, und jetzt lag das arme Mädchen irgendwo innerhalb der Burgmauern und litt vielleicht Not.
    »Ja, und dann hat der Graf zu ihr gesagt - so hat's mir wenigstens einer seiner Männer erzählt - wenn sie ihn im Bett gut befriedigte, würde er sie behalten, aber dann dürfte sie dabei nicht mehr schreien. Eine der Frauen hat ihr einen Rippenverband angelegt.«
    Inzwischen hatte sich der warme Sommertag merklich abgekühlt. Über ihren Köpfen ballten sich dunkle Wolken zusammen. Bald würde es Regen geben. Wie in Wales. Der unaufhörliche Regen in Wales hatte zu Rolands Krankheit geführt. Daria zog ein bedenkliches Gesicht. Sie machte sich Gedanken um ihn.
    »Was ist los, Daria?«
    »Es wird gleich regnen, und da mußte ich an Wales denken. Der Regen hat dich krank gemacht.«
    »Nein, der Regen war nicht schuld daran. Ich wurde krank, weil ich dir meinen letzten trockenen Waffenrock gab und tagelang nasse Sachen trug. Die Feuchtigkeit ist mir auf die Brust geschlagen.«
    »Dann hättest du mir den Waffenrock nicht geben sollen.«
    »Kann sein. Aber ich hab's nun mal getan. Wie geht es dir?«
    »Gut.«
    Schweigend ritt er neben ihr her. Plötzlich sagte er: »Wie kommt es, daß dir auf einmal übel wurde? Du hast doch gesagt, daß du vorher die ganze Zeit über nichts gemerkt hast, keinerlei Beschwerden, nichts. Ich verstehe nicht, wie es so plötzlich kommen konnte. Und erst, nachdem du erfahren hast, daß du schwanger bist.«
    »Das habe ich mich auch schon gefragt. Die Königin sagte, ich hätte wahrscheinlich vorher nichts gespürt, weil ich dauernd mit anderen Sachen beschäftigt war und von einer Angst in die andere fiel. Erst als ich wußte, daß ich ein Kind kriege und mich mit dieser Tatsache abgefunden hatte, reagierte mein Körper normal.«
    Dazu nickte er nur. Es war zwecklos, über die Äußerung der Königin mit ihr zu streiten. »Ungefähr drei Meilen voraus ist ein Zisterzienserkloster. Dort werden wir um Unterkunft für die Nacht bitten.
    Das Kloster war so alt wie die knorrigen Eichen, die es

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