Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
aufgewachsen.«
    Das brachte Kassia auf einen Gedanken. Sie fragte: »Wart Ihr auch auf Croyland, als Graelam de Moreton sie erobern wollte?«
    »Ja, ich war da.«
    »Hat Lady Chandra wirklich einen Dolch auf Graelam geworfen?«
    Die Frau nickte. Hinter ihnen ertönte helles Kinderlachen. Sie drehte sich um. »Ah, meine Tochter Glenda.« Sie nahm das Kind auf die Arme. »Glenda, hier ist eine sehr nette Dame.« Sie sah Kassia fragend an.
    »Ich heiße Kassia. Glenda ist ein hübsches Kind. Ihr müßt sehr glücklich sein.« Kassia starrte auf die dichten, dunklen Haare des kleinen Mädchens und dann in ihre großen, grauen Augen. Plötzlich beugte sich Glenda zu Kassia hinüber und griff mit der kleinen Hand nach dem Hermelinbesatz ihres Mantels. Das Kind strich über das Fell und lachte. Kassia erstarrte. Sie hatte genau den Ausdruck Graelams.
    Kassia schluckte. »Ich weiß nicht, wie Ihr heißt«, brachte sie schließlich heraus.
    »Mary. Da drüben ist Sir Mark, mein Gatte. Er steht mit Jerval und ... Graelam de Moreton zusammen. Ich habe gehört, daß Lord Graelam geheiratet hat. Eine Erbin aus der Bretagne.«
    »Ja, sie kommt aus der Bretagne.«
    »Dann tut sie mir leid«, sagte Mary leise. »Ich kann mir vorstellen, daß es nicht leicht ist, mit Lord Graelam auszukommen.«
    »Ja, das stimmt«, sagte Kassia. »Sieht Eure Tochter ihrem Vater ähnlich?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mary nach einem leichten Zögern. »Warum fragt Ihr?«
    Kassia schloß einen Moment die Augen und flüsterte dann: »Ich bin Kassia de Moreton.«
    »Ich... ich verstehe«, sagte Mary so leise, daß Kassia sie kaum hörte. »Erkennt Ihr vielleicht eine Ähnlichkeit? Ich wollte Glenda nicht mit nach London nehmen, aber mein Mann sagte, niemand würde bemerken, wem sie ähnlich sieht.«
    »Es sind nicht die Gesichtszüge, sondern der Ausdruck beim Lachen. Verzeiht, ich sage zu keinem etwas, darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
    Mary brachte eine gequältes Lächeln zustande. »Danke. Seht, Chandra legt den Bogen an!«
    Zu Kassias Verwunderung gewann Chandra die erste Runde. Die strohgepolsterten Schießscheiben standen zehn Meter entfernt. Für die zweite Runde wurde die Entfernung verdoppelt. Diesmal gewann der König durch einen Glücksschuß, bei dem er Chandras Pfeil zersplitterte.
    »Sire«, rief Chandra, »Ihr habt Euch sehr verbessert! Nun, so habe ich wenigstens einen echten Gegner!«
    »Ho, Mylady«, sagte der König und richtete sich zu seiner vollen, riesigen Größe auf. »Jetzt werden wir gleich sehen, wer der Bessere ist.«
    Er lächelte. Aber als er zum Schuß antrat, war sein Gesicht ernst und konzentriert. Die Augen wurden schmal, die Arme waren ruhig. Dann flog sein Pfeil durch die Luft und landete auf der Zielscheibe, nahe dem Rand des schwarzen Zentrums.
    »Schade, daß die Entfernung so groß ist«, sagte Sir Jerval zu Graelam. »Chandra hat Adleraugen, aber nicht die Kraft für diese Weite.«
    Chandra schoß ihren Pfeil ab. Schön anzusehen, schwirrte er durch die Luft und bohrte sich dicht neben Edwards Pfeil in die Scheibe.
    »Gut gemacht!« rief Jerval.
    Ringsum wurden laut neue Wetten ausgehandelt. Edward mußte erst um Ruhe bitten, bevor er zum nächsten Schuß antrat. Diesmal landete sein Pfeil mitten im schwarzen Zentrum, und es gab donnernden Beifall.
    Chandras nächster Pfeil wurde durch den plötzlich wechselnden Wind an den Rand der Scheibe verweht.
    Edward erging es beim nächsten Versuch noch schlechter. Der Wind trug seinen Pfeil an der Scheibe vorbei.
    »Bei allen Heiligen«, sagte Graelam, »das hätte ich nie für möglich gehalten!«
    Als Chandra ihren letzten Pfeil abschoß, herrschte völlige Stille unter den Zuschauern. Mit einem dumpfen Aufschlag landete er dicht neben ihrem ersten am Rand des Zentrums. Lauter Beifall und anerkennende Rufe folgten.
    »Verzeihung, Mylady«, sagte Edward und schoß seinen letzten Pfeil ab. Er bohrte sich mitten ins Schwarze. Durch die Gewalt des Aufpralls vibrierte der gefiederte Schaft noch eine Zeitlang.
    »Ihr seid der Sieger, Sire«, sagte Chandra.
    Kassia sah den bewundernden Blick, mit dem Graelam die knapp Unterlegene ansah. In diesem Augenblick faßte sie einen Entschluß.
    Sie schwor sich, daß er sie eines Tages auch so ansehen sollte. Dann drehte sie sich um. Aber Mary war mit ihrer kleinen Tochter schon gegangen.
    Da hörte sie hinter sich Joanna spöttisch sagen: »Man sieht, daß Eure Beschützerin, diese Hexe, einen heißen Verehrer hat.«
    Es

Weitere Kostenlose Bücher