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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Der Stolz ist dem eingebildeten kleinen Dummchen gehörig ausgetrieben worden!«
    Als Guy Kassia zu Gesicht bekommen hatte, wirkte sie wie betäubt. Ihr Gesicht war wachsbleich. Alle auf der Burg wußten, daß Graelam seine Frau mißbraucht hatte. Die meisten bewahrten ein unbehagliches Schweigen. Sogar der sonst unbeteiligte Verwalter Blount ging mit zornig verkniffenem Mund umher. Klar, daß Blanche entzückt war. Guy hätte sie am liebsten geschüttelt, daß ihr die Zähne im Mund klapperten, und sie dann geküßt, bis sie keine Luft mehr bekam.
    »Wie kann man Graelam nur so schnell gegen sich aufbringen!« sagte sie kopfschüttelnd in gespieltem Kummer. Ihr Gewissen beschwichtigte sie damit, daß sie sich immer wieder sagte, sie müsse eben für sich und ihre Kinder sorgen, da es kein anderer tat. Doch begriff sie sich selber nicht. Warum benahm sie sich vor Guy wie eine böse Hexe? Schade, daß er nur ein Ritter ohne Land war! »Ich habe gehört, daß sie ihm kostbaren Stoff aus der Truhe gestohlen hat. Vielleicht schickt er sie jetzt wieder nach Haus, wo sie hingehört. Wirklich, Guy, Ihr wollt sie doch nicht etwa in Schutz nehmen?«
    Sie nahm an, sie hätte bei ihm erreicht, was sie wollte. Seine ruhigen Worte überrumpelten sie. »Wißt Ihr, Blanche, ich wäre versucht, Euch zu heiraten. Wenn Ihr meine Frau wärt, würde ich Euch bis zur Bewußtlosigkeit prügeln.«
    »Wenn das Mädchen nicht so dumm wäre«, entgegnete sie, »hätte Graelam sie gar nicht geschlagen. Sie hält sich für etwas Besseres als wir alle. Klar, daß sich der Lord so ein Verhalten nicht lange gefallen läßt.«
    Guy mußte gegen die Versuchung ankämpfen, Blanche mit Gewalt aus dem Saal zu tragen. Deshalb konzentrierte er sich wieder auf Graelam. Er konnte den Herrn von Wolffeton nicht mehr verstehen. Bis heute hatte sich Graelam stets rücksichtsvoll gegenüber seiner Gattin verhalten. Guy zweifelte nicht daran, daß ihm Kassia während des viertägigen Fortseins gefehlt hatte. Was war nur in den Lord gefahren?
    Graelam spießte ein Stück des zarten Fisches aufs Messer und führte es zum Mund. Er spürte genau, unter welch inneren Spannung Kassia stand. Dieses verdammte Weib! Er wollte nicht, daß sie Angst vor ihm hatte. Er wollte sie lieber lachen hören.
    Ich habe keine Wahl, dachte indessen Kassia. Ich kann ihn nicht begreifen, muß aber geduldig ertragen, was er mir zufügt. Die Ereignisse dieses Tages hatten alle Hoffnungen zunichte gemacht, die seit ihrer Ankunft in Wolffeton als seine Frau in ihr aufgeblüht waren. Warum hatte er sie zuerst so freundlich behandelt, wenn er die Absicht verfolgt hatte, hinterher zum wilden Tier zu werden? Bald würde sie wieder sein Lager teilen müssen. Würde er sie erneut vergewaltigen?
    Gleich darauf fragte sie sich: Wo ist dein Stolz geblieben, du Mädchen ohne Rückgrat? Willst du den Rest deines Lebens in angstvoller Unterwürfigkeit verbringen?
    Sie setzte sich aufrecht und hob das Kinn. Dann wandte sie sich an ihren Mann. »Mylord«, sagte sie leise.
    Er sah sie so durchdringend an, daß sie all ihren Mut zusammennehmen mußte, um sich nicht feige zu ducken.
    »Ja?« sagte er mit unbewegter Miene.
    »Ich möchte gern wissen, welche ... Rolle ich auf Wolffeton spielen soll.«
    Er sah, wie fest sie seinem Blick begegnete, und freute sich über ihren Trotz. Doch dann sagte er sich wieder: Sie ist ja nur eine Frau, und eine Frau hat neben ihrem Gatten nichts zu sagen. »Deine Rolle«, sagte er ruhig, »besteht darin, mir Vergnügen zu bereiten.«
    »Du hast mir gestattet, die Rolle der Burgherrin auf Wolffeton zu spielen. Das sind deine eigenen Worte. Ich weiß, daß ich noch jung bin, Mylord, aber ich habe seit dem Tod meiner Mutter den Haushalt auf Belleterre geführt, und die Burg ist genauso groß wie diese hier. Bereitet es dir Vergnügen, wenn ich Herrin auf Wolffeton bin?«
    Er warf einen kurzen Blick auf Blanche, und Wut stieg in ihr auf. Ohne Überlegung sagte sie: »Warum hast du sie nicht geheiratet, Mylord? Warum hast du unsere Ehe nicht annullieren lassen?«
    »Du bist die Herrin auf Wolffeton«, sagte er kalt. »Aber du darfst keinen schlecht behandeln, der in einer weniger glücklichen Lage ist als du. Hast du mich verstanden?«
    »Ich bin in einer glücklichen Lage?« sagte sie voller Ironie.
    »Das reicht, Kassia!« Er packte ihren Arm, und der Mut verließ sie. Dabei wußte sie, daß er sie nicht vor allen Leuten von sich stoßen konnte, nicht vor fünfzig

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