Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
gleiche im Sinne hatten.«
    »Er hat mich nicht vergewaltigt, Kassia. Er hat mich nur... einen Augenblick zärtlich gestreichelt, und da habe ich laut geschrien.«
    »Kassia«, sagte Graelam mit äußerster Beherrschung, »hör jetzt auf, Theater zu spielen!«
    Theater? Warum sollte ich Theater spielen?
    Mit Mühe erhob sie sich und schaute in die Gesichter ringsum. Guy wollte ihr die Hand reichen, aber ihr Mann schob Guys Hand weg.
    Beschwörend sagte Guy zu Graelam: »Hört Euch doch erst an, was sie zu sagen hat!«
    »Ich höre«, sagte Graelam. »Setz dich, Mylady. Und sprich!«
    Kassia setzte sich. Es ist ein Alptraum, dachte sie unbestimmt, gleich werde ich aufwachen, und alles wird gut sein.
    »Sprich!« hörte sie Graelam sagen.
    Sie richtete den Blick auf das kalte, harte Gesicht ihres Mannes und sagte mit leiser Stimme: »Gestern morgen sind Blanche und ich ausgeritten. Wir waren ohne Begleitschutz, aber noch auf Wolffeton-Gebiet. Plötzlich kamen drei Männer auf uns zu. Wir versuchten zu fliehen, aber sie holten uns ein. Ihr Anführer Edmund hat mir gesagt, er habe Blanche vergewaltigt und sie dann gehen lassen. Er nahm mich auf seinem Pferd mit. Ich dachte, er würde mich auch vergewaltigen oder töten oder mich wegen eines Lösegelds entführen. Doch all das tat er nicht. Er war ... freundlich zu mir. Und er hat mich nach Haus gebracht.«
    Schweigend betrachtete Graelam sie. »Was für eine klägliche kleine Geschichte!« sagte er. »Dabei hattest du doch reichlich Zeit, dir eine glaubwürdigere Geschichte auszudenken.« Und zu Guy: »Nun, edler Ritter, habe ich mir genug angehört?«
    Guy hatte Blanche nicht einen Moment aus den Augen gelassen. Er sah ihre Angst - und noch etwas anderes. Kassias Geschichte aber war so unglaublich, daß sie wahr sein mußte. Leise sagte er zu Graelam: »Wenn Kassia diese Männer gekauft hätte, um sie zu ihrem Vater zurückzubringen, womit soll sie sie dann bezahlt haben?«
    Blanche lächelte verstohlen. Sie sah einen Ausweg für sich.
    »Und warum sollte sie die Männer dazu veranlaßt haben, sie Euch wiederzubringen, Mylord?«
    Blanche wußte, jetzt mußte sie eingreifen. Doch sie schämte sich ihrer Worte. »Vielleicht«, sagte sie, »hat sie die Männer mit ihrem Körper bezahlt.«
    »Nein!«
    Den Sieg vor Augen, sagte sich Blanche: Jetzt nur kein Mitgefühl, nur keine Reue! »Und vielleicht waren sie von dem Geschäft enttäuscht und haben sie deshalb gehen lassen.«
    Mühevoll rang sich Kassia die Beteuerung ab: »Mylord, es war kein Fluchtversuch.«
    »Für jetzt habe ich genug gehört, Mylady«, sagte Graelam beherrscht. »Geh in unser Schlafzimmer! Ich komme bald nach.«
    Guy, der seinen Herrn viel besser als Kassia kannte, überlief ein Schauder, als er Graelams leidenschaftslose Stimme hörte. Er sagte schnell: »Ich glaube ihr.«
    »Ach, wirklich, Sir Guy? Und du fragst dich nicht, warum jemand eine Frau entführt, um sie alsbald wieder zurückzubringen? Das ist Narretei!«
    »Ich glaube ihr!« wiederholte Guy eindringlich.
    Blanche zischelte ihm zu: »Ihr seid ein verliebter Schwachkopf.«
    Indessen eilte Kassia die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Ich hätte Edmund bitten sollen, mich in die Bretagne zu schicken, dachte sie. Ach was! Sie würde Graelam schon davon überzeugen, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Schließlich war sie seine Frau. Und das hatte doch einiges zu besagen!

19
    Schweigend lauschte Graelam dem erregten Stimmengewirr seiner Männer. Was sollte er auch dazu sagen, daß Blount, dieser sture alte Bock, die Lady wortreich verteidigte. Oder zu Guy? Ha, sie war also zurückgekehrt, weil sie die Trennung von dem jungen Ritter nicht ertragen hatte!
    In gefühllosem Ton, der Rolfe eisig in die Knochen fuhr, sagte er: »Habt ihr denn alle nichts zu tun? Geht eurer Arbeit nach!« Wohl sah er den Kummer in vielen Gesichtern. Doch das tat er mit den Worten ab: »Ich habe euch alle angehört. Geht jetzt!«
    Er wartete nicht ab, um zu sehen, ob sie ihm gehorchten. Nur Kassia hatte bisher gewagt, ihm den Gehorsam zu verweigern. Vor seiner Tür hörte er drinnen Etta, Kassias alte Zofe, laut schluchzen.
    »Warum nur, mein Kindchen? Warum hast du das getan?«
    Kassia seufzte und erwiderte: »Ich habe nichts getan. Wenn überhaupt jemand, dann müßtest du mir das glauben.«
    Graelam stieß die Tür auf und wies die Alte hinaus. Kassia war blaß, aber sie reckte ihr kleines Kinn in hartnäckigem Trotz. Er fragte: »Haben die Männer dich

Weitere Kostenlose Bücher