Die Strafe des Seth
Dienerin des Osiris-Hohepriesters mit. Ich war darüber derart erbost, dass ich mich bei Osiris Ramses beschwerte und mir seinen königlichen Zorn auflud. Ich hatte natürlich bemerkt, dass die Frau eine Tätowierung trug, doch ich zweifelte ihre Echtheit an. Pharao sagte aber, dass sie echt sei. Sie ist ein heiliges Zeichen, das ihr von einem Gott gegeben wurde.«
Ramses-Sethherchepeschef stand vor Überraschung der Mund offen. Nur langsam fand er seine Fassung wieder und schluckte hörbar. »Du sprichst von Meritusir?«
»Ja, Majestät.«
»Und du meinst die kleine Tätowierung, die sie auf ihrem linken Oberarm trägt?«
»In der Tat. Sie zeigt den Großen Gott Osiris, von welchem sie erwählt wurde, den Pharao, einen Hohepriester und eine Dienerin, die vor ihnen kniet.«
»Ich entsinne mich an die Tätowierung, doch habe ich nicht gewusst, dass sie ein heiliges Zeichen ist«, gestand Ramses-Sethherchepeschef.
Ramose lächelte. »Natürlich, Majestät, das ist nur der obersten Priesterschaft und dem Pharao bekannt.«
»Was hat sie zu bedeuten?«
»Meritusir wurde von Osiris erwählt, dem König zu dienen.«
»Tun das nicht alle Untertanen des Herrn der Beiden Länder?« Ramses-Sethherchepeschef war etwas verwirrt.
»Gewiss, Majestät, doch die Zweite Prophetin scheint deinen Neffen davon überzeugt zu haben, dass er nur im heiligen Boden von Abydos seine Reise zu den Göttern antreten kann. Warum, das ist mir nicht bekannt. Ich denke, dass es mit der Schändung der Mumie deines Bruders zu tun haben wird. Meritusir wird sich gedacht haben, dass ein Haus für die Ewigkeit unter dem Boden eines Tempels sicherer ist als im Königstal. Ehrlich gestanden ist das ziemlich klug durchdacht.«
Versonnen starrte Ramses-Sethherchepeschef vor sich hin. »Nun verstehe ich auch, warum du das Amt von Amunhotep haben willst«, stellte er fest und sah dem Ersten Propheten des Re fest in die Augen. »Du glaubst, dass Meritusir dir gehören wird, wenn du der Hohepriester von Abydos bist, doch schlage dir das aus dem Kopf! Meritusir gehört nur mir, denn ich bin der Herr der Beiden Länder, und da Ramses tot ist, wird sie von jetzt an mir dienen müssen.«
»Verstehe mich nicht falsch, Majestät«, verteidigte sich Ramose. »Ich hatte nicht vor, dir diese Frau zu nehmen, doch glaube nicht zu fest daran, dass sie auch dir dienen wird. Meritusir wurde von den Göttern erwählt,
deinem Neffen
zu dienen. Ob sie auch dir zu Diensten sein wird, kann ich nicht sagen.«
»Warum nicht? – Ich bin rechtmäßig im Tempel des Großen Gottes Amun-Re gekrönt worden. Horus und Seth haben mir die Kronen aufs Haupt gesetzt, und Thot hat meine Namen verlesen. Warum sollten mir die Götter verwehren, was sie meinem Neffen zugestanden haben?«
Gedankenversunken zuckte Ramose mit den Schultern. »Weil Meritusir Ramses gesandt wurde und nicht dir, Majestät, obwohl ...«
»Obwohl was?«
»Obwohl schon einmal ein Wesen halb Mensch, halb Gott ausgeschickt wurde, das sogar drei Königen bei ihren Bauwerken half.«
Erneut verschlug es Ramses-Sethherchepeschef die Sprache. »Meritusir ist halb Gott, halb Mensch?«
»Natürlich nicht, Majestät«, erwiderte der Große Sehende lächelnd. »Zumindest ist mir das nicht bekannt. Ich denke, sie ist eine gewöhnliche Sterbliche.«
Mit gekräuselter Stirn starrte der König in seinen Weinkelch, den er noch immer in der Hand hielt. »Wer waren diese drei Herrscher?«
»Osiris Cheops, Osiris Chephren und Osiris Mykerinos«, antwortete Ramose, während Ramses-Sethherchepeschef ehrfurchtsvoll die Luft einsog und wieder ausstieß.
»Die Erbauer der drei großen Pyramiden«, flüsterte er beeindruckt. »Doch sie haben Wunderwerke erbaut, die die Zeiten überdauern werden. Was aber hat mein Neffe geschaffen? – Er ließ sich durch Meritusir ein Haus für die Ewigkeit errichten, das niemand in tausend mal tausend Jahren bewundern wird, weil keiner davon etwas weiß. Es erhebt sich nicht majestätisch und erhaben über die Landschaft, so wie es die Pyramiden tun!«
»Das stimmt, Majestät, doch wie du bereits sagtest, es ist ein Haus für die Ewigkeit. Es soll nicht gefunden werden und zudem ewig bestehen, damit der Ba seines Besitzers auch in tausend mal tausend Jahren dorthin zurückkehren kann, um sich am Leben in Kemi zu erfreuen.«
»Vielleicht hast du recht, Ramose«, gab Ramses-Sethherchepeschef zu. »Ich werde mir deshalb aber kein Grabmal unter dem Fußboden eines Tempels bauen lassen. Ich
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