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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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drückte auf den Knopf, um das Fenster herunterzulassen. Nichts rührte sich.
    Die Bohnenstange drehte sich nach hinten. »Kindersicherung. Auch die Türen gehen von innen nicht auf. Ihr könnt euch also die Mühe sparen.«
    Er ließ sein selbstzufriedenes Grinsen noch ein wenig wirken, dann griff er hinter seinen Rücken. Als er sich vorbeugte,
bemerkte Jo auf seinem Nacken ein Tattoo in gotischen Lettern. VANCE. Er brachte eine Pistole zum Vorschein.
    Jos Magen krampfte sich zusammen.
    Er legte die Waffe auf den Schoß und schmollte sie mit verschränkten Armen an wie ein Statist in einem Video von Tupac Shakur. Der Kerl war ein krimineller Knallkopf, der sich seinen Namen in Schriftgröße 156 auf den Körper hatte stanzen lassen, aber das machte ihn nicht weniger bedrohlich.
    Aus den verschwommenen Scheinwerfern wurde ein Toyota Camry, der vorbeirauschte und kurz darauf im Dunst verschwand. Shepard blickte dem Auto nach. Jo spürte, dass er kochte. Draußen schälten sich der Krakauertyp und Calder wieder aus dem Nebel.
    Mit jeder Sekunde nahm ihre Angst zu. Riva trug Mistys Kleider, ihre Halskette, ihren Ehering. Sicher hätte man das auch als besonders gründliche Anstrengung werten können, in die Rolle einer anderen zu schlüpfen, aber Calder strich ständig über den Ring und umklammerte den Anhänger, als wollte sie damit Ian Kanan herbeizaubern. Calder hatte Ians telefonische Nachrichten an Misty gelöscht, weil sie es einfach nicht ausgehalten hatte. Wir sind absolut seelenverwandt , hatte sie gesagt und war errötet bei dem Gedanken an Sex mit ihm. Und sie hatte Ians T-Shirt aus dem Wäschekorb an sich gedrückt wie Mr. Peebles seine Plüschtiere. Sehnsucht, Verlangen, Gier.
    Calder wollte nicht einfach nur die Rolle von Kanans Frau spielen. Sie wollte ihren Platz einnehmen.

    Jo sah Shepard an und flüsterte. »Es steht schlecht. Sie ist besessen. Ich will nur Ian . Das hat sie wörtlich zu mir gesagt.«
    Shepard runzelte die Stirn.
    »Überlegen Sie sich, was das bedeutet«, setzte sie hinzu.
    Vance wandte sich wieder nach hinten. »Keinen Mucks mehr.«
    Jo fixierte Shepard in der Hoffnung, dass er begriff, was sie meinte.
    Riva wollte Slick. Nicht als Auftakt für ein eigenes Labor und auch nicht, um es an die Konkurrenz von Chira-Sayf zu verkaufen. Entführung und Kriminalität gehörten nicht zum Geschäftsgebaren der Branche. Zumindest nicht in Silicon Valley.
    Nein, Riva wollte Slick auf dem Schwarzmarkt verscherbeln. Murdock, Vance und der verstorbene Ken Meiring waren wahrscheinlich ihre Partner und warteten auf die Ankunft der Ware. Bisher war Riva davon überzeugt gewesen, dass sie den Deal sicher im Griff hatte. Aber jetzt schien es, als könnte sie ihr Versprechen nicht halten. Das Geschäft drohte zu platzen, und aus Jos Sicht war es eher unwahrscheinlich, dass diese Typen sich damit begnügen würden, Riva von der Weihnachtsgrußliste zu streichen.
    Und Jo dämmerte nun auch, wie die Worte Sie sterben am Samstag auf Kanans Arm gekommen waren. Calder hatte das geschrieben, während sie allein mit ihm im Krankenhauszimmer war.
    Aber davon wusste Kanan natürlich nichts mehr. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass ihn Calder in der
Notaufnahme besucht und ihm sogar etwas auf den Arm geschrieben hatte. Selbst falls sie damit geprahlt hatte, dass sie hinter der Entführung seiner Familie steckte, hatte er es sogleich wieder vergessen.
    Das war die einzige Erklärung dafür, dass Ian Kanan diese brutale Hetzjagd auf seinen Bruder begonnen hatte. Shepard würde Slick nie freiwillig an irgendwelche Kriminellen weitergeben. Er musste dazu gezwungen werden. Von seinem Bruder. Und um Kanan auf Alec anzusetzen, gab es nur eine Möglichkeit: die Drohung, seine Familie auszulöschen.
    Sie schluckte, um etwas Speichel in den Mund zu bekommen, damit sie nicht so furchtbar verängstigt klang, wie sie sich fühlte. Dann lehnte sie sich vor zu Vance. »Hat sie Kanan gesagt, dass der Austausch heute Abend stattfindet? Slick gegen Seth und Misty?«
    »Geht dich nichts an.«
    »Sie sollte sich lieber an die Abmachung halten. Wenn sie ihr Wort bricht, kann es nämlich sein, dass Kanan ausrastet.«
    Er beäugte sie wie eine Hexe, die Rivas Pläne mit magischen Mitteln erraten hatte. »Ruhe jetzt.«
    Jo lehnte sich wieder zurück. In ihrer Brust ballte sich die Sorge zusammen wie eine Gewitterfront.
    Hatte Riva überhaupt die Absicht, Misty Kanan zu Ian heimkehren zu lassen? Würde Seth mit dem Leben

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