Die Strafe - The Memory Collector
verschlossen.
»Quintana?«
Am Ende der Eingangstreppe zu seiner Villa erschien Ferd Bismuth. Sein Blick ruhte auf den goldenen und weißen Orchideen in Gabes Hand. Er machte einen aufgeregten Eindruck.
Gabes inneres Echolot schlug an. »Hallo, Ferd. Was ist los?«
»Irgendwas stimmt nicht. Jos Schwester Tina hat mich in der Arbeit angerufen und gesagt, dass es ein Problem in meinem Haus gibt. Als ich ankam, war das Garagentor offen. Das Motorrad der Hauseigentümer fehlt, und ihre Sammlerstücke oben im ersten Stock sind ruiniert.« Er hielt einen türkisfarbenen Bauchtanzschal hoch. »Und ich möchte gar nicht wissen, warum das hier auf meinem Küchenboden lag.«
Gabe klopfte so heftig an die Tür, dass es dröhnte. »Jo, bist du da?«
Keine Antwort. Er zückte sein Handy.
Officer Frank Liu schritt auf dem Gehsteig dahin, eine Hand auf dem Schlagstock, die andere in der Nähe seines Halfters. Der Verkehr zog im Schneckentempo vorbei. Der Nebel ließ die Scheinwerfer verschwimmen. Er schlenderte an dem gestohlenen roten Navigator vorüber.
In dieser Straße gab es überwiegend kleine Geschäfte - einen Laden für Autoersatzteile, einen Schlosser, ein Leihhaus. Die meisten waren schon zu. Er spähte über die Straße. Im Park war es dunkel. Er kam an einem Sportartikelladen vorbei. Vorn war es dunkel, doch hinten war schwacher Neonschein zu erkennen. Drinnen bewegten sich Schatten. In einem Friseursalon zwei Türen weiter brannte ebenfalls noch Licht. Er ging bis zur Ecke und bog in die Querstraße ein. Ein Stück weiter vorn lockten helle Schilder zu Burger King und Wendy’s.
Neben ihm bremste ein Zivilfahrzeug, und auf der Beifahrerseite ging das Fenster nach unten. »Officer Liu? Ich bin Lieutenant Amy Tang.«
Liu stieg ein und zog die Tür zu. »Der Navigator parkt um die Ecke, ein Stück weiter oben. Auf der Straße ist alles ruhig, fast nur kleine Läden. Die meisten haben schon geschlossen, nur in einem Friseursalon ist Licht, und hinten in einem Sportartikelgeschäft rührt sich auch noch was.«
Lieutenant Tang blickte hinaus auf den Verkehr. »Kanan hat eine Kopfverletzung, die sich auf sein Gedächtnis auswirkt. Ich weiß nicht, woran er sich noch erinnern kann,
aber er war früher bei einem Spezialkommando der Army. Wir müssen damit rechnen, dass er noch weiß, wie man Leute tötet.«
»Wie gehen wir vor?«, fragte Liu.
»In zwei Läden brennt noch Licht, sagen Sie?« Sie nickte Richtung Straße. »Einen halben Block weiter ist eine Nebenstraße. Die müsste hinten an den Läden vorbeiführen. Sehen wir uns die Sache doch mal aus der Nähe an.«
Jo spürte, wie ihr der Dunst durch die Kleider bis in die Haut drang, als Murdock sie zum See schleifte. Am Ufer wartete Vance und hielt den Reservereifen fest.
Jo grub die Absätze ins Gras. »Kanan wird mich anrufen. Dann muss ich zu Hause sein. Er hat sein Handy so eingestellt, dass es meine Nummer wählt, und wenn ich mich nicht melde, ruft er nicht mehr an.«
Murdock drückte ihr die Lippen ans Ohr und stupste ihr die Nase ins Haar. »Klappe.«
Die Panik schwappte über ihr zusammen. Offenbar weidete er sich an ihrer Todesangst.
Er reichte Vance das Bügeleisen, der anfing, das Kabel durch die Felge zu schlingen.
»Können wir sie nicht zum Haus bringen?«, fragte Vance. »Und es dann in der Bucht machen, sobald wir die anderen …«
Murdock erstarrte. »Halt die Klappe.«
»Ich wollte doch nur …«
»Halt dein blödes Maul.«
Vance zurrte das Gewicht zurecht. »Ich meine …« Er hielt inne. »Was ist das denn?«
Murdock senkte den Blick auf sein Hemd. Aus seiner Tasche drang eine muntere Melodie. Coming out of my cage …
»Mr. Brightside« von The Killers. Ein Ohrwurm mit bissigem Text, wie er einer Psychiaterin gefallen musste, jedenfalls nach Tinas Ansicht. And it’s all in my head but …
»Das ist mein Telefon«, sagte Jo.
Murdock starrte auf seine Tasche.
»Sie haben es vorhin mitgenommen, nach dem Einbruch in mein Haus.« Jo ächzte.
Vance richtete sich auf. »Das könnten die Cops sein. Schmeiß es lieber in den See.«
»Das ist Kanan«, entgegnete sie. »Lasst mich mit ihm reden.«
Der fröhliche Klingelton näherte sich dem Ende der Strophe. Wenn das Handy auf die Mailbox schaltete, war sie erledigt. Die Mailboxaufzeichnung als Abschiedsrede, als Abgesang.
Murdock zog es heraus und schaute auf das Display. »Gabe.«
Jo spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. »Das ist ein Army-Kumpel von
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