Die Strafe - The Memory Collector
egozentrische Leute. Wahrscheinlich wollen die sich dieses Zeug als Trophäen an die Wand hängen.«
Auf ihren Wangen erschienen weiße Flecken, die Jo als Zeichen von Stress deutete. Das fahle Feuer der Demütigung.
»Bei diesen Typen von Chira-Sayf geht’s doch nur darum, wer den Größten hat. Aber haben sie sich diese Schwerter selbst besorgt? Nein, das haben sie lieber Ian überlassen.« Sie machte ein saures Gesicht. »Das sind doch alles nur Schlappschwänze.«
»Wir müssen mit seinem Chef reden«, sagte Jo. »Welcher Schlappschwanz wäre das?«
Misty erhob sich. »Riva Calder. Ich geb Ihnen die Telefonnummer.«
Sie trat an die Küchentheke und kritzelte etwas auf einen Schmierzettel, den sie Jo reichte.
Tang rutschte auf dem Sofa nach vorn. »Wer ist Alec?«
Misty erstarrte. »Alec?«
Tang blickte zu ihr auf. »Ja.«
Misty zögerte. »Vielleicht Alec Shepard. Er ist der Vorstandsvorsitzende von Chira-Sayf.«
Amy machte sich Notizen. »Ist Ian schlecht auf ihn zu sprechen?«
»Nein, natürlich nicht. Worauf wollen Sie raus?«
»Als Ihr Mann Dr. Beckett attackiert hat, hat sie auf seinem Arm eine Liste von Namen bemerkt, darunter auch ›Alec‹.« Tang unterstrich ein Wort in ihrem Notizbuch. »Und auf dem Arm stand noch was anderes: Sie sterben. «
Misty verharrte reglos wie ein Stein. Ihr Gesicht wurde bleich. »Moment mal. Sie glauben, er hat sich eine Abschussliste auf den Arm geschrieben? Nie im Leben.«
Tang klickte mit ihrem Kugelschreiber. »Haben Sie eine andere Erklärung?«
Misty hob die Hand wie ein Verkehrspolizist. »Warum greifen Sie Ian an? Was wollen Sie beweisen?«
»Wir wollen nur rauskriegen, was er vorhat«, erwiderte Amy.
»Sie wollen Ian gar nicht helfen, sondern ihm was anhängen.« Ihre Stimme wurde lauter. »Glauben Sie wirklich, er ist auf einem Rachefeldzug? Das ist paranoid. Absolut lächerlich.«
Jo schaltete sich ein. »Wenn Sie wissen, was dahintersteckt, sagen Sie es uns bitte.«
»Ich habe keine Ahnung. Vielleicht macht sich Ian Sorgen um diese Leute. Oder er muss unbedingt mit ihnen in Kontakt treten.«
»Aber nicht mit Ihnen?«
Misty fuhr zusammen, als hätte ihr Jo eine Ohrfeige versetzt. »Wollen Sie jetzt auf mich losgehen? Mein Gott, Ian hat ein Gedächtnisproblem. Ist doch klar, dass er sich Sachen aufschreibt.«
»Auch Sie sterben ?«
»Verdammt, ich fass es nicht. Er steckt in Schwierigkeiten und ist krank. Je länger er herumirrt, umso gefährlicher wird es für ihn. Und Sie erzählen mir hier, dass er das Problem ist!«
Tang klickte mit dem Stift. »Wen will er umbringen?«
»Niemand.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«
Misty ballte die Fäuste. »Wie können Sie es wagen? Glauben Sie, Sie können tiefer in Ian reinschauen als ich?« Sie wandte sich an Jo. »Meinen Sie, Sie kennen ihn besser als ich? Wie kommen Sie darauf - weil er Sie fünf Sekunden lang an die Wand gedrückt hat?«
Tang blieb ungerührt. »Ist Ian mit seiner Arbeit zufrieden?«
»Sehr.«
»Haben Sie was über Diebstähle in der Firma gehört?«
»Wollen Sie jetzt auch noch andeuten, dass er ein Dieb ist?« Mistys Blick beschlug wie eine vereiste Glasscheibe. »Ian ist ein ehrlicher Mensch. Er würde nie jemanden bestehlen. Niemals. Und damit ist unser Gespräch beendet.«
Tang blieb sitzen, als wollte sie auf ihrer Autorität beharren. Dann klappte sie das Notizbuch zu und erhob sich. »Wir wollen nur die Wahrheit rausfinden, Mrs. Kanan. Wir reden später weiter.«
Jo folgte Tang, und Misty hielt ihnen die Tür auf. Die
Polizistin würdigte sie keines Wortes, doch als Jo vorbeikam, legte sie ihr die Hand auf den Arm.
»Ich will nur Ian.« Heiße Tränen glitzerten in ihren Augen. »Finden Sie ihn.«
Draußen, im feuchten Wind des Sonnenuntergangs zog Amy ihre Zigaretten heraus. »Macht echt Spaß, mit dir guter Seelendoc, böser Cop zu spielen. Wirklich äußerst aufschlussreich.«
»Peinlich, wolltest du wohl sagen.«
»Sie weiß mehr, als sie zugibt. Gut möglich, dass ihr Mann kriminell ist und sie ihn deckt.« Sie zündete sich eine Zigarette an und blinzelte. »Wir müssen rauskriegen, was er gestohlen hat und von wem. Setz das auf deine To-do-Liste.«
KAPITEL 10
Ron Gingrich trug die letzten zwei Beutel mit zerstoßenem Eis zur Terrasse am Pool. Er riss sie auf und schüttete den Inhalt in den Aluminiumeimer.
Aus dem Haus rief Jared: »Vergiss nicht, die Fackeln anzuzünden.«
Gingrich winkte ihm zu. Seit der Landung des Fliegers aus London hatte
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