Die Strafe - The Memory Collector
antwortete Tang.
Ferd klopfte wieder auf den Ausdruck. »Das mit Sayf ist ein Wortspiel.«
»Tatsächlich?« Tang schaute ihn stirnrunzelnd an, als wollte sie sagen: Seit wann bist du der Experte hier? Mr. Peebles packte sie am Kragen und linste in ihren Pullover. Sie klopfte ihm auf die kleinen Pfoten.
Ferd hielt die Seite hoch. »Damaszener Stahl. Eine uralte Form von Stahl. Tausende von Jahren alt.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe meinen Master in Computerprogrammierung gemacht, aber meinen Bachelor im Hochbau. Das Besondere an der Sache ist, dass Damaszener Stahl heute nicht mehr hergestellt wird. Weil niemand mehr weiß, wie das funktioniert.«
»Was?«, entfuhr es Jo.
»Damaszener Stahl ist ungewöhnlich stark, leicht und geschmeidig. Und er wurde auch nicht in Damaskus erfunden, sondern dort nur produziert. Ursprünglich stammt er aus Indien. Niemand weiß, wie er gefertigt wurde. Wahrscheinlich in handgebauten Brennöfen und dann von Schmieden ausgehämmert. Er hat einen hohen Kohlenstoffanteil.«
»Wie ein Katana«, warf Jo ein.
Ferd nickte. »Aber das wirklich Irre daran ist, dass Damaszener Stahl Kohlenstoffnanoröhren enthält.«
»Ernsthaft?«
Auch Tang schien skeptisch. »Werden diese Nanoröhren
nicht unter irgendwelchen exotischen Laborbedingungen erzeugt?«
»Ja. Aber es gab Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop an Schwertern aus Damaszener Stahl, und da wurden sie nachgewiesen. Die Gründe kennt niemand. Vielleicht hat es was mit der Holzkohle im Brennofen zu tun. Oder mit der Temperatur, bei der der Stahl nach dem Erhitzen ausgehämmert wurde.«
Tang starrte auf sein Namensschild von Compurama. Hi, ich heiße Ferd. »Woher weißt du das alles?«
Er breitete die Hände aus. »Ein Hobby. Internetforen. Diskussionen von World-of-Warcraft-Spielern. Macht mir einfach Spaß.« Er wandte sich an Jo. »Die Sache ist die: Chira bezieht sich auf Nanotechnologie. Und Sayf soll uns zu verstehen geben, dass es eine sichere Sache ist. Safe .«
»Du meinst also, bei der Tätigkeit von Chira-Sayf geht es um Sicherheit.«
Ferd nickte begeistert.
Jo nahm Tang den Affen ab und reichte ihn Ferd. Mr. Peebles beäugte sie unter seinem winzigen Fez wie ein Selbstmordattentäter.
»Danke, Ferd. Du hast mir wirklich weitergeholfen.«
Er strahlte. »Gern geschehen.«
Jo bugsierte ihn zur Tür, dann kehrte sie in die Küche zurück.
Tang empfing sie mit gerunzelter Stirn. »Dir brennt doch noch was auf den Nägeln, oder?«
»Das Geschäft von Chira-Sayf dreht sich nicht einfach um Sicherheit. Sie haben sich für Sayf entschieden, weil es was mit Waffen zu tun hat.«
»Schwerter?«
»Nein. Das Krummschwert und die Dolche wollten sie vielleicht ausstellen, oder sie wollten die genaue Zusammensetzung des Stahls feststellen. Für uns ist wichtig, dass Chira-Sayf erst vor kurzem eine Forschungseinrichtung in Südafrika geschlossen hat. Ein nanotechnisches Projekt im Rüstungssektor, und irgendwas ist dabei schiefgelaufen. Vielleicht ist das der Grund, warum Ian Kanan durch die Straßen zieht und Leute umbringt.«
»Du befürchtest also, dass Kanan mit irgendeinem experimentellen Nanodreck kontaminiert wurde.«
»Das ist meine Vermutung, ja. Und was den Damaszener Stahl angeht, ist das Entscheidende, dass die Wissenschaftler das Verhalten von Kohlenstoffnanoröhren nicht wirklich begreifen.«
»Vielleicht hat Kanan diesen Nanodreck aus dem südafrikanischen Labor gestohlen. Aber es lief nicht wie geplant, und er wurde kontaminiert.« Amy überlegte. »Wovor hast du am meisten Angst?«
»Dass Kanan noch mehr Menschen tötet. Mit einem Messer, einer Pistole oder einer schlichten Berührung. Und ich glaube, uns bleibt nicht mehr viel Zeit, um ihn aufzuhalten.«
Erneut sah sie sich das Foto an, auf dem Kanan mit nackter Brust neben der offenen Tür des Navigator stand. Sein Gesicht wirkte angespannt. Sogar die Schrift auf seinen Armen war zu erkennen.
Es waren mehr Worte, als sie bei der Begegnung im Aufzug bemerkt hatte.
»Warte mal. Ich glaube, er hat sich neue Nachrichten auf die Haut geschrieben.«
Das Foto war klein und hatte eine niedrige Auflösung. Jo holte eine Lupe, um es näher zu betrachten.
Plötzlich bekam ihre quecksilbrig kühle Furcht Klauen und Zähne. »O nein.«
Auch Tang beugte sich über das Bild. »Verdammt.«
Der Satz auf Kanans linkem Arm, den Jo bisher nur teilweise gekannt hatte, war jetzt zur Gänze sichtbar.
Sie sterben am Samstag.
»Er hat eine
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