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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit dem Leben einfach Pech.«
    »Und Sie haben nie daran gedacht, etwas anderes zu machen?« fragte Doerinck in die Stille hinein.
    Marius schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß, was ich kann. Einmal müssen das auch die anderen erkennen. Außerdem habe ich schon viele Jobs gehabt, fürs Essen und Schlafen, für Kleidung und Malmaterial. Wie gesagt, jetzt male ich Firmenschilder und Hausreklamen. Und als ich das Fernsehinterview sah, in der Wohnung des Malermeisters, für den ich arbeite, da habe ich mir gedacht, da ist vielleicht was für mich … Nun bin ich hier und bekomm 'nen neuen Schlag ins Genick: Magenkrebs soll ich haben …«
    »Ich werde Sie heilen«, sagte Corinna in ihrer stillen Art, »versuchen werde ich es.«
    Marius lächelte breit. »Mit Ihren Händen?«
    »Ja.«
    »Wir sind unter uns, und ich verrate auch nichts, Ehrenwort … aber das ist doch alles nur eine goldrichtige Masche, was?«
    »Ich bin dafür«, sagte van Meersei laut, »daß wir den jungen Mann jetzt vor die Tür setzen.«
    »Ja! Kommen Sie!« Doerinck erhob sich. Roemer brummte etwas, was niemand verstand, aber der Ton war deutlich böse. Marius Herbert sprang sofort aus dem Sessel hoch, als wolle ihn jemand angreifen. Dr. Hambach setzte zum Sprechen an, aber er schwieg, als er die Miene der anderen sah.
    »Sie bleiben!« Corinna zeigte auf den Sessel. »Setzen Sie sich wieder.«
    »Wie kann ich das? Der Hausherr wirft mich hinaus!«
    »Aber ich bitte Sie, zu bleiben.«
    »Auf wen soll ich nun hören?« Marius wandte sich an Ljudmila. »Sie fehlen noch, gnädige Frau.«
    »Wenn Corinna Sie bittet … wenn meine Tochter Sie heilen will …«
    »Sie glauben also alle wirklich, daß ich Krebs habe?« Er blickte sich im Kreis um. »Ich sitze da, das Fräulein guckt mich an, und schwupp – ist die Diagnose fällig! Und das soll ich ernst nehmen? Bißchen viel verlangt.«
    »Wenn Sie sich überzeugen lassen wollen, untersuche ich Sie«, sagte Dr. Hambach. »Umsonst. Ich trage auch die Kosten für die Röntgenuntersuchung in Billerbeck. Glauben Sie es dann?«
    »Verdammt!« Marius Herbert faßte sich mit beiden Händen an den Leib. Sein blasses Gesicht wurde noch wächserner. Plötzlich begriff er den Ernst seiner Lage. Magenkrebs, dachte er und spürte sein Herz wie wild schlagen. Mein Gott, auch das noch! Wie kann ich Krebs haben … ich habe gehungert und nie gesoffen, ich habe notgedrungen immer Diät gehalten, ich habe viel Obst gegessen, das war am billigsten, ich konnte es mir immer selbst pflücken … »Wieso habe ich Krebs?« fragte er heiser.
    »Warum haben Kinder schon Krebs?« fragte Dr. Hambach zurück. »Wenn wir das wüßten, hätten wir auch ein Gegenmittel.«
    »Dann stimmt es wirklich, daß das Fräulein ihre Mutter geheilt hat?«
    »Aber ja!«
    »Aber das Fernsehen hat doch alles zur Sau gemacht.«
    »Damit müssen wir leben. Das ist Meinungsfreiheit.«
    »Jetzt … jetzt bekomme ich Angst …«, sagte Marius leise. Seine Hände lagen noch immer auf seinem Magen. Er starrte Dr. Hambach an. »Sie sind Arzt, nicht wahr? Bitte, untersuchen Sie mich … bitte!«
    Aus der Mitte des Ortes, vom Rathausdach her, heulte in diesem Augenblick gellend die Sirene auf. Ein Ton, der die warme Stille des Abends durchschnitt. Feueralarm. Die Feuerwehr von Hellenbrand wurde zusammengerufen. Im gleichen Moment klingelte das Telefon. Roemer, der dem Apparat am nächsten stand, hob ab. Sekunden später wurde sein massiges Gesicht tiefrot; er hielt den Hörer Doerinck entgegen:
    »Es brennt!« dröhnte er. »Corinnas Scheune brennt!«
    »O ihr Heiligen alle …«, stammelte Ljudmila. Sie drehte sich zu der Ecke, in der eine Ikone hing, und faltete die Hände. »Schützt uns … wendet euch nicht ab!«
    Doerinck hörte mit mahlendem Unterkiefer zu, was ihm vom Brandmeister gemeldet wurde. Mit hartem Gesicht warf er den Hörer dann zurück. »Sofort raus zur Scheune!« sagte er. »Es ist besser, Ljudmila und Corinna bleiben hier.«
    »Ich komme mit!« rief Corinna. »Es ist mein Haus.«
    *
    Schon von weitem sahen sie den Feuerschein, als sie sich mit drei Autos dem Ortsrand näherten. Drei Löschwagen waren aufgefahren. Während eine Spritze schon einen Wasserschwall in die Flammen schüttete, wurden die beiden anderen Schlauchleitungen noch zusammenmontiert. Dichter Qualm lag über dem Gebäude, die Flammen schlugen aus dem Fenster des Ausstellungsraums und aus dem tief heruntergezogenen Dach. Die alten, ausgetrockneten Balken knisterten und

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