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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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krachten im Feuer, dazu blies noch ein Abendwind und trieb die Hitze über die Menschen hinweg.
    Fassungslos standen Corinna und Ljudmila vor dem lodernden Inferno. Auch als die beiden anderen Spritzen arbeiteten, ließ sich das Feuer nicht eindämmen. Nur heißer Dampf wallte auf, ein lautes Zischen ertönte, plötzlich unterbrochen von kleineren Explosionen.
    Der Brandmeister hetzte heran, den Schutzhelm tief in die Stirn gezogen.
    »Was geht denn da drin hoch?« schrie er. »Was haben Sie da gelagert?«
    »Nitroverdünnung für die Malfarben«, rief Corinna. »Ein paar Blechdosen nur.«
    »Nur! Die wirken jetzt wie kleine Bomben! So eine Scheiße! Gehen Sie zurück … weit zurück …«
    Dr. Roemer walzte heran und stellte sich dem Brandmeister in den Weg. Der starrte wütend zu dem Riesen hinauf.
    »Was wollen Sie denn?« brüllte er.
    »Landgerichtsdirektor Dr. Roemer!« schrie Roemer zurück.
    »Da sind Sie hier richtig!«
    »Ist das Haus noch zu retten?«
    »Kaum! Da brennt ja alles wie Zunder. Die Teppiche, die Wolle, nun auch noch die Nitroverdünnung … Wenn die Mauern stehenbleiben, haben wir Glück. Landgerichtsdirektor sind Sie? Dann kommen Sie mal mit. Ich will Ihnen was zeigen. Die Polizei ist schon unterwegs …«
    Nach fünf Minuten kam Roemer zu Corinna und den anderen zurück, einen Zettel in der Hand. Der Hitze wegen hatte er seinen Schlips heruntergerissen und das Hemd aufgeknöpft. Vor ihnen zischten die Dampfwolken hoch, brannte mit hoher Glut das alte Dach, prasselten die Flammen. Es war aussichtslos, noch an eine Rettung der Scheune zu denken.
    »Hier!« schrie Roemer durch den Lärm. Er hielt das Stück Papier von sich weg, als brenne auch dieser Fetzen. »War an einen Baum genagelt. Ich lese vor: ›Hau ab – oder das nächstemal brennst du selbst!‹ – Das ist deutlich!«
    »O Gott. O lieber Gott …«, stammelte Ljudmila.
    »Also Brandstiftung!« schrie Doerinck.
    »Einwandfrei.«
    »Wer ist zu so was fähig?« sagte van Meersei bedrückt.
    »Die Gesellschaft im Geist unserer Zeit!« antwortete Dr. Hambach ironisch. »Man überspringt Denken, Vernunft, Diskussion und Toleranz – man vernichtet lieber gleich. Durch Mord, Bomben, Attentate, Feuer. Wer einem nicht paßt – weg damit! Killen ist die neue Form der Auseinandersetzung, Terror das Mittel der Meinungsbildung. Töten gehört zum Diskussionsbeitrag. Das ist die neue Zeit, mein Lieber! Die Mörder sind heute die Helden. Wenn Sie aus politischen Motiven und als Warnung an die Gesellschaft einen Unliebsamen entführen und bestialisch umbringen, bekommen Sie eine Luxuszelle mit Radio, Fernsehen, Schreibmaschine und eigener Bibliothek und werden mit Samthandschuhen angefaßt … aber wehe, wehe, dreimal wehe, wenn Sie als Steuersünder erwischt werden. Da schlägt der Staat mit aller Härte zu. Mörder zu sein, ist heutzutage die elegantere Lösung.«
    Über die Straße jagte die Polizei heran. Der Kriminalaußenposten aus Billerbeck folgte. Von Münster waren Beamte des I. Kommissariats unterwegs. Dr. Roemer ging ihnen entgegen, als die beiden Wagen bremsten.
    »Das ist ja eine glatte Morddrohung«, sagte der Beamte aus Billerbeck und starrte auf den Zettel. »Auch das noch! Brandstiftung ist schon ein Mist; da hilft oft nur der pure Zufall. Und gerade hier, bei dem Rummel um diese Corinna … wo soll man da suchen? Da ist überhaupt nicht zu suchen … Das wird eine Aktenleiche.«
    Vier Stunden kämpften die Feuerwehren um das Gebäude, dann konnten sie die Spritzen bis auf eine abstellen. Es gab nichts mehr zu löschen. Nur die Umfassungsmauern waren stehengeblieben. Innen war alles ausgebrannt, das Dach zusammengestürzt … was zu tun blieb, war, die Gluthaufen einzuwässern.
    Corinna saß auf dem Trittbrett eines der Wehrwagen und starrte stumm auf die rauchende Trümmerstätte. Ljudmila stand neben ihr und streichelte das Haar ihrer Tochter – das war mehr als alle tröstenden Worte. Was sollte man auch sagen? Das Herz war leer, nicht einmal weinen konnte man.
    Roemer, Doerinck, Dr. Hambach, Meersei und der Brandmeister standen bei den Kriminalbeamten und diskutierten. Der hinterlassene Zettel offenbarte die Tat, gab aber keinen Hinweis auf den oder die Täter. Sie zu finden schien nach Meinung aller aussichtslos. Alarmierend war die Morddrohung. Sie bewies, daß der Täter auf der Lauer lag, Corinna beobachtete, wiederkommen wollte. Das war die einzige Chance, ihn zu entdecken – vorausgesetzt, er machte die Drohung wahr

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