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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Unternehmern und hatten durchblicken lassen, daß man bei einer eventuellen Sturheit der Behörden politische Konsequenzen überdenken müsse. In einer Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland haben solche versteckten Hinweise schon immer Wirkung erzielt.
    Vor dem großen Zelt, dessen dicke Bohlentür von einem Polizisten bewacht wurde, standen auch drei Krankenwagen. Die Kranken lagen noch im Inneren der Autos auf den Tragen. Sechs Rollstühle warteten auf ihren Einsatz, die Verwandten der Kranken bildeten einen Ring um die Stühle, jeder eine Burg für sich. Einen Streit um den Vortritt gab es nicht, denn Marius Herbert hatte – gegen den Willen Corinnas – Nummernzettel verteilt. So kam es zu keinem Gedränge, die Kranken warteten geduldig; auch die, denen Herbert gesagt hatte, ihre Nummer könne erst morgen drankommen. Es war ja möglich, daß Kranke vor ihnen schneller behandelt werden konnten oder gar nicht mehr; das erhöhte die Chance, doch noch an diesem Tag vorgelassen zu werden.
    Marikje Kerselaar war eine nicht gerade große, stramme Frau Mitte der Fünfzig. Ihr blond gefärbtes Haar trug sie in Dauerwellen; lauter gedrehten Löckchen, als habe sie afrikanische Ahnen. Sie hatte eine kleine Knollennase, listige graue Augen, ein Doppelkinn und stämmige, aber etwas krumme Beine. Auf der Nase balancierte sie eine goldeingefaßte Brille … nein, sie war keine Schönheit wie Corinna Doerinck, aber in Holland war ihr Name berühmt als der einer Frau, die Kranke mit Handauflegen behandelte und mit einer selbstgebrauten, geheimnisvollen, nach Menthol und Lakritze schmeckenden Mixtur, die man – je nach Krankheit – entweder trinken oder als Einreibemittel benutzen konnte. Vor allem sollte das helfen gegen Dauerhusten, Menstruationsstörungen und Fettsucht bis hin zu psychisch bedingter Impotenz, Frigidität und Nymphomanie. Ihre ganz besondere Spezialität war das Wegsprechen von Warzen aller Art. Unblutig, geheimnisvoll schrumpften die besprochenen Warzen zusammen und verödeten. Und sie kamen nie wieder – das war das Rätselhafte.
    Mit wachen Augen ging Marikje durch die wartenden Menschengruppen, sprach hier und da mit einer Kranken, bekam – hier erzählte man ja geradezu mit Begeisterung von seinen Leiden – eine Menge Informationen und verstand nun, warum viele ihrer Patienten ihr hatten sagen lassen, sie kämen nicht wieder. Andere waren einfach weggeblieben ohne Begründung oder Entschuldigung.
    Etwas abseits, unter einer Baumgruppe, hatte sich ein Häuflein niedergelassen, hatte Klapptische aufgebaut, zwei Sonnenschirme und bunte Segeltuchstühle. Thermotaschen standen herum, die Tische waren gedeckt, es sah wie eine Campinggemeinde aus. Schon daraus schloß Marikje von weitem, daß es sich um Holländer handeln mußte.
    Näherkommend erkannte sie einige von ihnen; sie gehörten zu jenen Patienten, die sich von ihr abgewandt hatten, um jetzt ihr Heil bei Corinna zu suchen. Marikje blieb stehen, rang mit sich und ihrem Stolz, überwand dann aber diese lästigen Hemmungen und ging mit weiten Schritten auf die Landsleute zu. Mit Freuden und einem verhaltenen Grinsen bemerkte sie die plötzliche Verlegenheit und Unsicherheit unter den Holländern.
    »Einen schönen guten Tag!« rief sie freundlich, aber doch so, daß sich jeder wie geohrfeigt fühlen konnte. Da saß die Asthmatikerin neben der Eierstockentzündung, der chronische Darmkranke neben der Arthritis – ja, sogar der Mijnher van Beveren war da, der vornehme Bankdirektor, der zu ihr immer nach Einbruch der Dunkelheit gekommen war, damit keiner sah, daß die Kerselaar ihn behandelte. Hier nun saß der diskrete van Beveren offen am Campingtisch und aß ein Käsebrot zu einer Flasche Amstelbier. Sie hatten aus Holland natürlich alles mitgebracht, wie es sich so gehört. Van Beveren war denn auch der erste, der sehr verlegen zu hüsteln begann. Er litt an arteriell bedingten Hirnstörungen, was für einen Bankdirektor von kaum fünfzig Jahren natürlich sehr peinlich war.
    »So sieht man sich wieder«, sagte Marikje geradezu fröhlich.
    »Sie sind ja auch hier!« entgegnete ein Mann, den Marikje nie hatte leiden mögen. Er hatte Wurzelischias und – das Moutard-Martin-Zeichen, ein sogenanntes gekreuztes Ischiasphänomen – auch dann Schmerzen im kranken Bein, wenn er das gesunde anhob. Der Mann hieß Ludwig Linzer, war Fabrikant von Tapeten im grenznahen Hengelo und kostete Marikje viel Nerven, denn Mijnher Linzer war seit einem Jahr

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