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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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leuchtete.
    »Scheiße!« sagte er fett. »Hast du ein Glück, mein Junge. Es wäre zu schön gewesen, dich abgeführt zu sehen. ›Wenn er beteuert, er sei Professor Willbreit – glaubt ihm nicht!‹ hätte ich zu den Polizisten gesagt. ›Das ist ein ganz Schlimmer. Professor Willbreit kenne ich sehr gut, er würde nie bei mir einbrechen!‹ – Es geht heute aber auch alles schief.«
    »Was denn noch?« hakte Willbreit sofort ein.
    »Ich … ich habe mit Corinna Doerinck gesprochen …«
    »Aha!«
    »Nichts aha! Sie will mich nicht – oder sie kann mich nicht behandeln.«
    »Das ist erstaunlich. Im Augenblick bringt sie – noch begrenzt – Verwirrung unter die Patienten. Beim Stammtisch kam das gerade zur Sprache.«
    »Sie hat neue Erfolge?« Roemer schob seine gewaltigen Beine aus dem Bett und stemmte sich mit Ächzen und Prusten hoch. In seinem dunkelroten seidenen Pyjama sah er unbeschreiblich aus. Ein menschlicher Koloß.
    »Sie verunsichert, sagen wir es so«, meinte Willbreit. »Es sind da einige unerhörte Dinge geschehen. Du kennst Dr. Viebieg?«
    »Dämliche Frage.« Roemer tappte in dem großen Schlafzimmer herum, riß Schränke und Schubladen auf und suchte nach etwas Trinkbarem. Meistens lag irgendwo versteckt eine Flasche herum. Heute suchte er vergebens. »Viebieg ist doch der Kerl mit dem Hygienetick. Bevor er mit einer Frau ins Bett steigt, desinfiziert er seinen ganzen Körper.«
    »Das hast du ihm angehängt!«
    »Ich mag ihn nicht«, sagte Roemer wie ein unartiger Junge.
    »Eine der Patientinnen von Viebieg ist Luise Herbrandt. Die Frau von Peterpaul Herbrandt. 85 Y.«
    »Es schlich der Scheich mit Yohimbin zu seiner heißen Sklavin hin …«
    »Die Frau litt seit drei Jahren unter Ischiasschmerzen. Man hatte ihr bereits geraten, sich operieren zu lassen. Eine Ischiaswurzelentlastung. Irgendwie hat sie von Corinna Doerinck erfahren, besuchte sie und ist seit zwei Tagen beschwerdefrei. Sie singt so laute Loblieder, daß bald Omnibusse nach Hellenbrand fahren werden. Bei vier Kollegen liegen schon Anfragen von Patienten vor: Haben Sie schon von dieser Corinna gehört? – Du kannst dir denken, welche Stimmung am Stammtisch herrscht. So etwas breitet sich aus wie ein Steppenbrand bei Wind.«
    »Und jetzt bildet ihr eine Phalanx und wollt gegen Hellenbrand vorrücken …«
    »Noch nicht. Wir warten ab, beobachten, was sich da entwickelt. Zum Eingreifen fehlen uns noch Beweise. Eine juristische Frage, Erasmus: Wann wird der Paragraph des Betruges oder der ärztlichen Anmaßung erfüllt? Oder heißt das unerlaubte Heiltätigkeit?«
    »Du erwartest doch von mir keinen Rat, Thomas?«
    »Doch.«
    »Vergessen! Such dir einen anderen Juristen. Und noch eins: Wir sind alte Freunde, Thomas. Und das bleiben wir. Nur bei Corinna Doerinck hört das auf. Da haben wir zwei grundverschiedene Positionen.« Roemer schnaufte laut. »Verdammt, ich habe Durst. Gehen wir runter an die Bar!«
    Er ließ Willbreit auf der Bettkante sitzen und walzte aus dem Zimmer. Willbreit blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, stieg die Freitreppe hinunter und traf Roemer wieder, wie er an der Hausbar zwischen Salon und dem einem Festsaal gleichenden Wohnzimmer eine Flasche Pils aus dem Kühlfach holte. Der Einfachheit halber setzte er sie an den Mund und trank glucksend.
    »Eiskaltes Bier!« schimpfte Willbreit. »Man müßte dir aufs Hirn schlagen. Du bringst dich mit Gewalt um.«
    »Ihr wollt also Corinna fertigmachen?« fragte Roemer dröhnend. Das Bier hatte ihn wieder aufgerichtet. »Der Kreuzzug der Ärzte gegen das Unbegreifliche. Ihr seid schon eine Bande!«
    »Überleg doch mal, welchen Schaden sie anrichten kann.« Willbreit griff in das Regal, holte ein Glas und schüttete sich einen Whisky ein. »Sie macht Kranken mit ihrem Hokuspokus Hoffnungen, die sie nie einlösen kann. Wertvolle Zeit für eine wirklich nützliche Therapie vergeht da. Unwiederbringbare Zeit. Vielleicht sogar eine tödliche Zeit! Das ist doch ein krimineller Akt.«
    »Wenn ihr nachweisen könnt, daß sie gesagt hat: Geht zu keinem Arzt, kommt zu mir. Ich heile euch …«
    »Darauf läuft es hinaus.« Willbreit trank seinen Whisky. Er hütete sich, Roemer zu erzählen, was man am Stammtisch beschlossen hatte: Dr. Reinhard Wewes, Facharzt für Lungenkrankheiten, hatte sich spontan zur Verfügung gestellt. Als Patient wollte er zu Corinna Doerinck fahren und sich ihren Streicheleinheiten – wie man spöttisch sagte – unterziehen. Man hoffte,

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