Die Strandhochzeit
er sah, nicht gerade beeindruckend war. Die doppelreihige Kochjacke hatte nach einem langen Vormittag voller Auslieferungen in die sem belebten Pariser Stadtteil ihre ursprünglich strahlend weiße Farbe verloren. Und auch die Baseballkappe, die ihre widerspenstigen goldbraunen Locken bedeckte, war nicht gerade sauber.
Doch Holly wollte sich nicht einschüchtern lassen. Sie hob das Kinn. „Ich brauche eine Unterschrift für die Lieferung", sagte sie trotzig und fügte dann etwas verspätet hinzu: „Sir."
Der Mann kniff die Augen zusammen, und Senora Martinez wirkte schockiert.
„Junge Dame", erwiderte er, „was soll ich denn mit Mittagessen für zehn Personen?"
Holly verlor endgültig die Geduld. „Von mir aus können Sie die gesamte Quiche Lorraine an die Tauben verfüttern", antwortete sie zuckersüß. „Ich will einfach nur eine Unterschrift."
Sefiora Martinez griff ein. „Hier liegt ein Missverständnis vor", erklärte sie nervös.
„Das Essen ist für die Konferenz des Komitees mit Mr. Armour bestimmt. Ich habe es bestellt." Sie nahm den Lieferschein und unterschrieb ihn.
Holly ignorierte sie. „Sie sind also Mr. Armour?" Spöttisch ließ sie den Blick über seine große Gestalt gleiten. „Das hätte ich mir ja denken können. Amerikanische Unternehmen sind die einzigen auf der ganzen Welt", zitierte sie ihren Chef, den Gourmetkoch Pierre, „die ihren Mitarbeitern befehlen, am Konferenztisch zu essen."
Der griechische Gott sah tatsächlich aus wie einer jener Männer, die Mittagspausen nur im äußersten Notfall zuließen. Während sie seinen undurchdringlichen Blick auf sich gerichtet spürte, bekam sie allerdings immer mehr das Gefühl, dass sie einen großen Fehler begangen und sich lächerlich gemacht hatte.
Doch er zuckte nur die Schultern. „Wenn ich Ihrer Meinung nach der König des Lieferservice bin - was sind Sie dann?"
Holly war sprachlos.
„Vermutlich essen Sie so etwas gar nicht", mutmaßte er, „sondern verkaufen es nur."
Diese selbstgefällige Art kannte sie nur zu gut. Ihr Schwager und dessen Cousin Homer, der inzwischen das Unternehmen ihres Vaters führte, waren genauso gewesen absolut sicher, dass sie im Recht waren und sie, dieser unbequeme, uneheliche Neuankömmling, dies schließlich akzeptieren würde. Plötzlich verspürte sie den Drang, laut zu schreien.
Jack Armour lächelte. „Eins zu Null für mich, stimmt's?" Er wandte sic h ab. Ramon lachte.
Holly errötete. Sie war so wütend, dass sie ihn am liebsten ge treten hätte, damit er sie wenigstens wahrnehmen würde. Aber schließlich gewann ihre Vernunft die Oberhand.
Womöglich würde Pierre sie entlassen, und sie brauchte den Job dringend. Holly beschloss, das Büro zu verlassen, bevor ihr Temperament mit ihr durchgehen würde.
Sie riss Seriora Martinez den Lieferschein aus der Hand und stopfte ihn in ihre Baumwolltasche. Dabei entdeckte sie unzählige Werbeflugblätter des Clubs, in dem sie abends arbeitete. Sie hatte ganz vergessen, dass sie die Zettel eigentlich hatte verteilen sollen. Schuldbewusst warf sie einen Blick auf die Uhr, nahm die Tasche und eilte hinaus.
Heute war einfach nicht ihr Tag. Erst hatte sie verschlafen -nach einem Auftritt mit der Querflöte im Club Thais am Vorabend. Dann kam die Metro viel zu spät. Und als sie endlich bei der Arbeit erschien, schäumte Pierre bereits vor Wut, während das Telefon ununterbrochen klingelte und noch niemand daran gedacht hatte, die anstehenden Lieferungen vorzubereiten. Und zu guter Letzt war sie noch einem dunkelhaarigen, gut aussehenden Fremden begegnet, der sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen hatte.
„Mr. Armour, hier ist eine Nachricht von der Vorsitzenden des Komitees für Sie."
Senora Martinez überreichte ihm ein Schreiben. Jack öffnete den Umschlag und überflog die Nachricht.
„Wir beide", sagte er ironisch zu Ramon, „haben heute Nachmittag frei. Das Komitee hat beschlossen, dass wir nicht weiter an der Konferenz teilzunehmen brauchen."
Der Spanier schien den Tränen nahe zu sein. „Aber der Vertrag..."
Jack lachte. „Das Komitee hat meine Telefonnummer. Sie können mich anrufen, wenn sie den Vertrag unterzeichnen wollen." Er schob Ramon aus dem Zimmer und zum Fahrstuhl.
„Wir hätten bleiben sollen", stellte der Spanier fest, während sie zum Erdgeschoss fuhren. „Wir hätten diesem verdammten Komitee die Meinung sagen sollen und ... „
„Ganz ruhig, Ramon. Warte, bis wir das Gebäude verlassen haben." Jack warf
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