Die Straße des Bösen
reagierten nicht. Sie schienen ihn nicht einmal zu hören. Es gab kein Ausweichen mehr, keine Möglichkeit, den alles niederstampfenden Hufen zu entkommen.
»Sie überreiten uns!« rief Buruna. »Erain!« Der erste Reiter war heran. Mythor sah die Lanzenspitze auf seine Brust gerichtet, doch der Blick des Kriegers - hatte er diesen Mann nicht schon einmal gesehen, irgendwo, irgendwann? - schien durch ihn hindurch zu dringen .
Plötzlich war ein wütendes Knurren zu hören. Etwas verbiss sich in Mythors linken Arm. Der Schmerz ließ den Sohn des Kometen aufschreien. Mythor sah Hark, den Bitterwolf, wie er an ihm hing und ihn von Pandor herunterzerren wollte.
Im gleichen Moment schoss etwas durch die Luft. Buruna schrie gellend auf. Fassungslos sah Mythor, dass der Schneefalke seine Klauen in die Zöpfchenfrisur der Liebessklavin verkrallt hatte. Buruna griff nach ihm. Horus stieg mit schnellem Flügelschlag auf und riss dabei Strähnen aus Burunas Haar. Sie schrie vor Schmerzen, während Horus nun Gapolo angriff.
Harks Knurren wurde wütender. Er ließ nicht los und kratzte mit seinen Krallen lange rote Striemen in Mythors Haut. Mythor versuchte verzweifelt, den Bitterwolf abzuschütteln. Er verstand seine Tiere nicht mehr. Was trieb sie dazu, ihren Herrn gerade jetzt anzugreifen, da.
Die Reiter mussten heran sein, aber da war nichts mehr vor Mythor, obwohl der Hufschlag der gewaltigen Schar noch wie Donner über das Land rollte. Über das Land!
Mythor kämpfte um seine Fassung. Unter ihm erstreckte sich wieder das schwarze Band der Yarl-Straße, und links und rechts vor ihm türmten sich steile Felswände auf. Die Straße des Bösen war nicht länger ein schwarz schimmerndes Band im Nichts, aus dessen Kratern rote Glut waberte. Sie war fester, verlässlicher Boden unter den Hufen der Reittiere.
Hark löste die Umklammerung seiner Fänge und landete auf der Straße. Mit mächtigen Sätzen rannte er voraus, wo er nach etwa hundert Schritten haltmachte und sich hinkauerte. Horus landete neben ihm.
Das Hufgetrappel der ugalischen Reiterei fegte noch für einige Dutzend Atemzüge über die vollkommen verwirrten Gefährten hinweg, um dann irgendwo hinter ihnen in der Ferne zu verebben, bis nur noch das leise Säuseln des Windes zu hören war.
Mythor begegnete Burunas Blick, und beide begriffen sie, was geschehen war.
Gapolo kam herangeritten. Außer Atem brachte er hervor: »Ich war töricht! Ich wollte gegen sie kämpfen!« Er starrte ehrfurchtsvoll in den Himmel, in jene Richtung, in der der Hufschlag verklungen war. »Gegen die Geisterreiter.«
»Dieser Weg wird schrecklicher, je weiter er nach Süden führt«, flüsterte Buruna. Sie sah Mythor an, wagte aber nicht, ihn darum zu bitten, kehrtzumachen, solange dies noch möglich war.
Doch auch Mythor hatte vorläufig genug von der Yarl-Straße. Liebend gern hätte er sie verlassen, doch links und rechts des nun schmaler gewordenen Streifens türmten sich die schroffen, unerklimmbar scheinenden Felswände auf, und hinter ihnen lag jene Zone, die die Grenze zu einer anderen Welt zu bilden schien, zu jenem geheimnisvollen Land der Geisterreiter. Mythor konnte nicht sagen, was geschehen wäre, hätte die Reiterei sie erreicht. Vielleicht gar nichts. Vielleicht wäre das gewaltige Heer der rastlos Dahinziehenden einfach durch sie hindurchgeritten. Wahrscheinlich war es so. Dennoch hatten Hark und Horus die Gefährten vor dem grauenvollen Schicksal bewahrt, noch tiefer in jene andere Welt einzutauchen und so vielleicht ebenfalls für immer dort gefangen zu sein.
Allein der Schmerz hatte die Gefährten in die Wirklichkeit zurückgeholt, noch an der Schwelle zur Überwelt. Mythor versuchte erst gar nicht zu begreifen, was genau geschehen war. Es gehörte zu den Geheimnissen, die keinem Sterblichen zugänglich waren - mit Ausnahme vielleicht der Dämonenpriester, deren Wissen um die Dinge direkt aus der Schattenzone kam.
Außerdem spürte Mythor, dass er seine ganze Aufmerksamkeit auf den Weg zu richten hatte, der vor ihnen lag. Es gab nur den einen, auch wenn Mythor nun entschlossen war, trotz der Einflüsterungen des Helmes die Straße des Bösen bei der nächstbesten Gelegenheit zu verlassen und ein Stück abseits von ihr gen Süden zu reiten.
Waren die Caer ihnen auf den Fersen? Hatte der Priester seine Krieger nur deshalb zurückgerufen, um ihnen eine andere, schrecklichere Armee hinterherzuschicken?
Unwillkürlich musste Mythor an die vier Vermummten
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