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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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erfahren, dass es während der Überschwemmung keine Waffenruhe gibt?
    Mit unendlicher Erleichterung sah Ahmose am zwölften Tag im Epiphi Het nefer Apu in Sicht kommen. Er hatte das Gefühl, er hätte die zurückliegenden Wochen damit verbracht, einen zerfetzten Läufer auszubessern, hätte lose Fäden aufgenommen und sie wieder im Gewebe befestigt.
    Ipis Liste von Verwaltungsposten, die besetzt werden mussten, und Männern, denen man vielleicht zutrauen konnte, dass sie diese ausfüllten, wurde von Tag zu Tag länger, und Ahmose stellte fest, dass er sich liebend gern mit seiner Frau beraten hätte. Aahmes-nofretari hätte jede Abstammung und jeden Hintergrund erforscht, was sie während der Jahre unter Kamose gemacht hatten, welchem Gott sie dienten, welchen Ruf sie hinsichtlich Familienleben und Frömmigkeit genossen. Für diese Aufgabe fehlt mir die Zeit, dachte Ahmose. Und dennoch ist sie überlebenswichtig. Ob ich ihr die Listen schicke und sie und Mutter die erforderlichen Informationen zusammenholen lasse, damit sie mir bei meiner Rückkehr Empfehlungen geben können? Auaris wird mir alles abverlangen, Energie und Einfallsreichtum, aber trotzdem muss Ägypten weiter verwaltet werden. Die Regierung kann nicht müßig bleiben, während ich die Setius verfolge.
    Kamose hat Ägyptens Unterbau zerstört. Das war nötig, und es ermöglicht mir, weitaus mehr als nur das Heer anders zu organisieren, aber die neue Ordnung kann nicht warten. Aahmes-nofretari soll auch eine Gesandtschaft nach Keftiu schicken. Die Keftius scheren sich nicht um ägyptische Politik. Die wollen nur Handel treiben, einerlei, wer auf dem Horusthron sitzt. Sie müssen wissen, was sich zugetragen hat, seit der Handel mit dem Delta unterbrochen wurde, und ich wette, dass sie Apophis nicht sonderlich treu und damit zufrieden sind, statt mit Auaris Handelsbeziehungen mit Waset aufzunehmen.
    Als Ahmose in Chemmenu anlegte, entdeckte er, dass Ramose in einem Zelt gelebt hatte, das im Außenbezirk der Stadt aufgestellt war. »Ich hatte kein Recht, Meketras Anwesen mit Beschlag zu belegen, Majestät«, sagte er unverblümt, »und ein anderes Haus stand nicht zur Verfügung.« Sie hatten sich auf dem Schiff getroffen, nachdem Ahmose vom Bürgermeister und den Beamten Chemmenus feierlich empfangen worden war und unter dem wachsamen Auge des Hohen Priesters eine Stunde im Gebet im Thot-Tempel verbracht hatte. Jetzt lehnte er neben Ramose an der Reling und sah im staubigen roten Sonnenuntergang dem geschäftigen Treiben auf Chemmenus Anleger zu. Kein Geruch nach verbranntem Fleisch, dachte Ahmose. Keine Blutspritzer im Sand, an weißen Wänden, kein Abfall auf den Straßen, es ist, als hätten Kamose und ich das nur geträumt. Zeit und Lebenswille haben die Wunden heilen lassen.
    »Was ist mit Neferusi?«, rang er sich ab, denn er musste seine Gedanken von der Betrachtung der Vergangenheit losreißen, was zur Gewohnheit zu werden drohte. Ramose lachte und schüttelte den Kopf.
    »Neferusi ist ein sauberes Dörfchen mit vielen tüchtigen Bauern geworden«, sagte er. »In diesem Jahr machen die Setiu-Soldaten, glaube ich, einen Wettbewerb, wer in der kürzesten Zeit das meiste Korn drischt. Willst du Neferusi besuchen, Majestät?« Will ich das, wiederholte Ahmose die Frage im Stillen. Will ich auf der Stelle stehen, wo dein Vater zu Boden gesunken ist, wo Tausende von Leichen über den Sand geschleift und verbrannt worden sind? Mir war fast jeden Tag übel bis in die Seele, und Kamose hat geredet wie jemand, der bei lebendigem Leibe begraben ist.
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte er zögernd. »Ich werde die verantwortlichen Hauptleute begrüßen, aber am Ufer.« Und an seinen Freund gerichtet: »Ramose, ich möchte dich zum Nomarchen der Provinz Un ernennen. Ich habe bereits ein Dokument erstellen lassen, das dich zum Erpa-ha macht. Baue dein Zelt ab und übernimm das Anwesen, auf dem du aufgewachsen bist.« Ramose schwieg lange, ehe er antwortete.
    »Dieses Angebot ist gerecht und ehrt dich, Majestät«, sagte er. »Ich verdiene sowohl Titel als auch Besitz. Ich ziehe tatsächlich in das Haus, das meine Eltern geliebt und gepflegt haben, und ich werde die Provinz Un nach den Gesetzen der Maat verwalten. Aber ich weiß, was du mit jedem anderen Edelmann gemacht hast, der einen hohen Verwaltungsposten hat. Du hast sie kastriert«, wobei er jedoch den gewöhnlichen Ausdruck verwendete, den Bauern für Entmannung gebrauchten, »und die Kontrolle der

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