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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorgaukelt, ihn unterhöhlt und willensschwach macht und sehnsüchtig nach diesen Träumen.«
    »Und daran dachten Sie?«
    »Ja.« Sein Gesicht war verschlossen. »Nur daran. Aber es ist schon vorbei. Kommen Sie!«
    Langsam gingen sie, sich ab und zu beim Schlingern des Schiffes an der Reling festhaltend, das Sonnendeck entlang zu der breiten Treppe, die hinab zu den Salons führte. Dort kam ihnen grüßend Mario Bretazzi entgegen und sah ihnen erstaunt nach.
    In der Bar quoll ihnen Gelächter entgegen. Hildes Kolleginnen, die Tanzgirls, hockten auf den hohen Stühlen und schlossen Bekanntschaft mit erlebnishungrigen Reisenden.
    »Kehren wir wieder um«, sagte Dr. Handrick an der Tür, nachdem er den Raum mit einem langen Blick übersehen hatte. »Ich möchte allein sein, allein mit Ihnen. Das klingt egoistisch, und das mag es auch sein.« Er stockte. »Ich will Ihnen nur sagen, daß es mich sehr freut, die Reise mit Ihnen machen zu dürfen.«
    Hilde nickte verwirrt, sie gingen wieder auf das Deck, lehnten sich an die Reling und starrten ins Meer.
    Es war, als verstärke das Rauschen des Meeres den Schlag ihrer Herzen.
    Die Oase Oued Babar steht auf keiner Karte. Sie ist nur ein Brunnen, um den siebenundzwanzig Dattelpalmen wachsen.
    Sie ist ein lächerlicher, sinnloser Fleck in der Wüste, geboren durch die paar Tropfen Naß, die in kleinem Umkreis die Erde fruchtbar machen. Keine Straße führt zu Oued Babar, kaum eine Karawane kreuzt die Salzberge, die in ihrer Nähe liegen. Die Einsamkeit hockt in den Fächerblättern der Palmen, und nur an wenigen Stunden im Jahr sitzt ein Araber an der zerbröckelnden Brunnenmauer und schöpft aus dem sandigen Grund das warme Wasser.
    Einmal aber, vielleicht seit Jahrhunderten das erste Mal, wurde Oued Babar herausgehoben aus der Stille der Sahara.
    Amar Ben Belkacem saß am Brunnenrand, die Djellabah etwas zurückgeschlagen, und blickte erstaunt auf einen dunklen Fleck, der sich näherte. Er wuchs aus der Wüste heraus, stieg aus dem gelben Sand wie eine Vision – ein Punkt, der in einer Wolke aus Staub Gestalt annahm, der ein Kamel wurde und ein Mensch in einem weißen Haikh.
    Mit großen Schritten ging Amar Ben Belkacem ihm entgegen und legte grüßend die Hand an die Stirn. Das weiße Rennkamel kniete nieder, ein bißchen widerwillig, dann sprang der Reiter in den Sand und grüßte kurz zurück.
    »Sind wir allein, Amar?« fragte er und sah sich schnell um. Die wenigen Palmen hemmten seinen Blick nicht, weit und still und einsam lag die Wüste um sie.
    »Ich halte mein Versprechen, Leutnant Grandtours.« Der Araber sah den anderen groß an und schüttelte den Kopf. »Ich hatte Sie anders erwartet, nicht im Haikh. Von fern erkannte ich Sie nicht.«
    Grandtours setzte sich auf den Brunnenrand und schlug die weißen Tücher zurück. Unter ihnen trug er die leichte Uniform der Legion, aber er war waffenlos. Die Revolvertasche war leer, nur ein kleiner Dolch hing an dem hellbraunen Gürtel.
    »Ich habe Urlaub bekommen, Amar. Urlaub zur Regelung einer Familienangelegenheit. Du verstehst?«
    »Vollkommen.«
    »Da ich annahm, daß du mit dem Fremden ins Hoggar ziehst, war mir der Haikh lieber als die Uniform. Man ist unauffälliger. Wann erreichte dich mein Brief?«
    »Gestern abend. Ein Reiter brachte ihn.«
    Grandtours beugte sich etwas vor, sein braunes, schmales, ausgelaugtes Gesicht wurde rot. »Wo ist der Fremde? Wie heißt er?«
    »Dr. Hans Sievert.«
    »Ein Deutscher?«
    »Ja.«
    »Und warum schleppt ihr ihn in der Wüste herum?«
    Amar Ben Belkacem sah Grandtours mit kleinen Augen an, in denen plötzlich Haß und Wildheit aufflammten. »Das weiß ich nicht!«
    »Du lügst.«
    Amar Ben Belkacem nickte. »Ja. Ich lüge, Leutnant. Ich lüge heute genauso gut, wie Sie gelogen haben, als Sie mir das Mädchen wegnahmen! Ich hatte es ehrlich einem Sklavenhändler abgekauft, es war mein Eigentum! Nein, bitte – lassen Sie uns nicht darüber streiten, ob es mit der Moral eines Europäers zu vereinbaren ist, Menschen zu kaufen oder zu verkaufen. Wir leben in der Wüste, und Sie haben unsere Gesetze zu respektieren, denn Sie sind nur ein Eindringling, den wir unserer Schwäche wegen erdulden müssen!«
    Grandtours war aufgesprungen. Aber die Ruhe Amar Ben Belkacems hemmte ihn, weiter zu gehen als einen Schritt vom Brunnen weg. Er hatte seinen Haikh abgeworfen und stand nun in der Uniform der Legion vor dem Araber.
    Die Luft kochte. Ihr Flimmern blendete die Augen. Schrecklicher

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