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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ich wußte es schon, als wir von Algier abfuhren. Er war übrigens eine halbe Stunde nach unserem Auszug im Hôtel des Pyramides!«
    »Er hat mich gefunden?« fragte sie. Ein schwaches Lächeln überzog ihr blasses Gesicht. »Er wird mich weiter suchen.«
    »Kaum.« Omar sah zu Fuad hinüber. »Wir werden alles tun, ihn aus Afrika zu entfernen. Zumindest wird er nicht in die Wüste kommen. Nicht weit. Er befindet sich jetzt noch in Algier, aber er will in den nächsten Tagen nach Blida. Weiter wird er nicht kommen.«
    »Und was soll ich hier in dieser Oase? Tanzen?«
    »Auch.«
    Hilde prallte zurück. »Was heißt ›auch‹?« Die plötzliche Erkenntnis ihrer kommenden Pflichten, die Ungeheuerlichkeit, an die sie nie zu denken wagte, überfiel sie mit Gewalt. Sie stürzte nach vorn und riß den kleinen Omar von seinem Sitzwürfel hoch, packte ihn an den Rockaufschlägen und schlug mit der Faust in sein Gesicht. Noch ehe Fuad hinzuspringen konnte, war Omars Gesicht von Blut überströmt.
    »Lieber sterben!« schrie Hilde. »Tötet mich doch, bringt mich um, sofort, auf der Stelle! Ich wehre mich, aber ich lasse mich nicht verkaufen, ich kämpfe um mein armseliges Leben! Ich werde nie, nie, nie in dieses Haus gehen! Nie, solange ich lebe.« Sie trat den sie umklammernden Fuad gegen das Schienbein und warf sich dann wieder rasend auf den hinzukommenden Omar, hieb ihre Hände mit gekrallten Fingern in sein Gesicht und zerkratzte ihm die Augen.
    Der Araber schrie laut auf, er duckte sich und unterlief das Mädchen, warf es zu Boden und wollte in sinnloser Wut auf ihm herumtrampeln, als Fuad ihn zur Seite stieß und Hilde von der Erde aufhob. Den wieder anstürmenden Omar, dessen Gesicht ein einziger Blutfleck war, aus dem die mordgierigen Augen hervorquollen, warf er mit einem Armschwung zur Seite und setzte Hilde auf einen der Sitzwürfel. »Nix Angst«, sagte er gebrochen. »Fuad verstehen.«
    Omar hockte in der Ecke des Zimmers und zitterte am ganzen Körper. Sein weißes Seidenhemd war befleckt, sein heller Anzug völlig verschmutzt. Schwer atmend kam er näher, geduckt, wie ein Tier, das sich anschleicht und jeden Augenblick zum Sprung vorschnellen kann.
    Fuad kam ihm entgegen und blieb vor ihm stehen. »Ich habe sie gekauft«, sagte er mit leiser Stimme, aber Omar blieb vor diesem Klang stehen und blickte zu Fuad mit zusammengekniffenen Augen auf. »Sie gehört mir. Du hast dein Geld. Nun geh!«
    »Sie hat mich geschlagen! Eine Ungläubige einen Hadji.«
    »Geh!«
    »Allah wird dich und sie verfluchen! Sie ist ein Teufel! Töte sie, Fuad! Töte sie, oder sie wird dich töten!«
    »Geh!«
    Omar wandte sich ab. Er nahm seinen Fez und setzte ihn auf den schwarzen, pomadisierten Schädel. An der Tür drehte er sich noch einmal um. Haß sprühte aus seinen Augen. »Du hast sie gekauft«, sagte er gefährlich leise. »Aber ich werde sie töten! Ich, Omar Ben Slimane! Sie hat mich geschlagen, dieses Aas.«
    Fuad stand groß im Raum. Er sagte nichts, aber er hob den rechten Arm und bewegte ihn ruckartig nach vorn. Etwas Helles, Blitzendes zuckte durch die Luft und bohrte sich krachend neben dem Kopf Omars in das Holz der Tür. Blitzschnell hatte sich Omar geduckt und blickte nun nach oben.
    Ein langer, dünner Dolch zitterte im Holz. Der goldene Griff hatte die Form einer Schlange. Aus Rubinen waren die Augen.
    »Der nächste trifft«, sagte Fuad langsam.
    Omar verstand und verließ das Haus. Er stieg draußen schnell in seinen Wagen und fuhr aus Oued el Ham hinaus auf die Straße, die seitlich von der großen Autopiste durch den Atlas führt.
    Geduckt saß er hinter dem Steuer und starrte auf das helle Band des Weges. Neben ihm flogen die kahlen Felsen vorbei. »Er wird bezahlen«, murmelte Omar vor sich hin. »Dr. Handrick wird bezahlen. Damit treffe ich sie mehr, als wenn ich sie töte.« Er lächelte wieder, lächelte mit den aufgeschlagenen, dicken Lippen und fuhr zurück nach Algier.
    Die Nacht war hell. Der Mond hing wie eine Scheibe über Steppe und Gebirge. Schakale heulten in der Ferne. An den Agavenhängen schimpften durch den Motorenlärm aufgescheuchte, schläfrige Affen. Eine Horde Nomaden saß noch vor den niedrigen, gestreiften Zelten und balgte einige Hammel ab. Die Lagerfeuer loderten hell.
    An einem einsamen Brunnen im Atlas wusch sich Omar das Gesicht und die Hände. Dann fuhr er weiter. Eine Karawane, die nachts weiterzog, überholte er. Mit aufgeblendeten Scheinwerfern fuhr er weiter und lachte, als

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